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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ihrem Wunsch.
    Ich brachte die Speisen in die Wohnung und setzte sie vor sie auf den Tisch.
    Eine Mischung unterschiedlichster Düfte strömte von Dora aus und überschwemmte das Apartment förmlich, wobei der durchdringend schwere Geruch ihres Menstruationsblutes überwog. Der Raum atmete sie förmlich, was natürlich das rasende Verlangen in mir auslöste, mich an ihr zu sättigen, bis sie niedersank. Ich ignorierte es einfach.
    Sie kauerte mit verschränkten Händen im Sessel und starrte vor sich hin. All die schwarzen Ledermappen hatte sie um sich verstreut, also wußte sie jetzt von ihrem Erbteil oder hatte zumindest eine vage Vorstellung davon. Die Mappen schaute sie allerdings jetzt nicht an, und von meiner Rückkehr schien sie nicht überrascht.
    Zögernd, wie traumversunken, bewegte sie sich auf den Tisch zu, während ich die Küchenschubladen und -Fächer nach Teller und Besteck durchstöberte. Schließlich fand ich ein paar dezente Messer und Gabeln aus Edelstahl und einen Porzellanteller und deckte vor ihr den Tisch mit den dampfenden Speisen. Fleisch, Gemüse, irgendwelche Beilagen und ein süßes Dessert - mir ebenso fremd wie eh und je, trotz meines kürzlichen Ausflugs in die Sterblichkeit, während dessen ich natürlich auch richtige Speisen gekostet hatte. Ich hatte wirklich keine Lust, über diese Erfahrung weiter nachzudenken!
    »Danke«, sagte sie abwesend, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, »daß du das gemacht hast, du bist wirklich ein Schatz.« Dann öffnete sie eine Mineralwasserflasche und trank sie gierig aus.
    Während sie trank, konnte ich ihre Kehle nicht aus den Augen lassen. Ich zwang mich, nur auf die liebevollste Art an sie zu denken, doch ihr Duft reichte fast aus, mich die Flucht ergreifen zu lassen. Genau das werde ich tun, schwor ich mir. Wenn ich diese Gier nicht unter Kontrolle halten konnte, würde ich von hier verschwinden!
    Gleichgültig, fast mechanisch aß sie die Speisen, plötzlich sah sie zu mir auf. »Oh, verzeih, setz dich doch hin, bitte. Du kannst nichts essen, nicht wahr? Ich meine, nicht diese Nahrung.«
    »Nein«, sagte ich, »aber hinsetzen kann ich mich.«
    Ich saß neben ihr, versuchte aber, sie nicht häufiger als notwendig anzusehen oder ihren Duft einzuatmen. Durch das gegenüberliegende Fenster konnte ich draußen den weißen Himmel sehen. Ob noch Schnee fiel, hätte ich nicht sagen können, aber es schien so, da ich nichts anderes als diese weiße Wand erkennen konnte. Na, das bedeutete ja wohl, daß New York entweder spurlos verschwunden war oder daß es heftig schneite.
    Wenig später hatte sie die gesamte Mahlzeit verschlungen. So schnell habe ich noch nie jemanden essen sehen. Sie stapelte das Geschirr und die Essensreste und brachte alles in die Küche. Dort mußte ich sie vom Abwasch wegzerren und sie zurück in den Wohnraum holen, was mir die Gelegenheit bot, ihr sehr nah zu sein und ihre warmen, zerbrechlichen Hände zu halten.
    »Und was rätst du mir nun?«
    Sie setzte sich, sehr nachdenklich. »Ich meine, du hast kaum etwas zu verlieren, wenn du mit diesem Wesen kooperierst. Es ist ganz offensichtlich, daß es dich jederzeit vernichten könnte. Selbst als du wußtest, daß er - den Unauffälligen hast du ihn genannt - deine Unterkunft kannte, hast du noch in deinem Haus geschlafen. Also fürchtest du ihn nicht auf irgendeiner körperlichen Ebene. Und sogar in seinem Reich konntest du genügend Kraft aufbringen, um ihn abzuwehren. Was gehst du also für ein Risiko ein? Nimm einmal an, er könnte dich wirklich in Himmel und Hölle führen. Und du gehst doch stillschweigend davon aus, daß du dich immer noch weigern kannst, ihm beizustehen, nicht wahr? Dann kannst du doch auch sagen, um seine eigenen geschliffenen Worte zu benutzen: ›Ich sehe die Dinge nicht so wie du.‹«
    »Ja.«
    »Was ich damit meine, ist: Wenn du dich dem öffnest, was er dir zeigen will, bedeutet das nicht, daß du es auch akzeptierst, verstehst du? Im Gegenteil, es liegt bei ihm, dir seine Perspektive deutlich zu machen. Und nebenbei gesagt, ist es doch so: Wie immer die Regeln auch lauten, du brichst sie sowieso.«
    »Du meinst, er kann mich nicht durch einen Trick in die Hölle befördern?«
    »Das meinst du doch nicht ernst! Glaubst du etwa, Gott ließe es zu, daß Leute mit List in die Hölle gebracht werden?«
    »Ich bin nicht ›Leute‹, Dora. Ich bin, was ich bin. Ich will keine Parallelen zu Gott ziehen, indem ich meine Beinamen allzuoft

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