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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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angefangen, mich für Wochen, ja, für Monate davonzumachen. Es ist immer noch da, das »Night Island«. Es ist noch da, und hin und wieder kehre ich zurück und finde einen Unsterblichen, der gekommen ist, um zu sehen, wie es mit den anderen so läuft. Ich habe das riesige Unternehmen für ein Vermögen verkauft - aber ich bin immer noch der Besitzer der vierstöckigen Villa (mein Privatclub: II Villagio} mit ihren tief im Untergrund verborgenen Krypten, in denen alle unserer Art willkommen sind.
    Alle.
    Aber so viele gibt es nicht mehr. Aber lassen Sie mich nun erzählen, wer sie waren. Lassen Sie mich erzählen, wer die Jahrhunderte überlebt hat, wer nach Jahrhunderten geheimnisumwitterter Abwesenheit wieder aufgetaucht ist und wer sich »geoutet« hat, um in der ungeschriebenen Statistik der modernen lebenden To ten mitgezählt zu werden.
    Da ist Lestat, zuerst und vor allen Dingen, Autor von vier Büchern, die sein Leben und seine Abenteuer schildern und alles enthalten, was immer über ihn und einige andere Vampire wissenswert wäre. Lestat, auf ewig der Außenseiter, der lachende Gaukler. Ein Meter achtzig groß, ein junger Mann von zwanzig Jahren, als er zum Vampir wurde, mit großen, blauen Augen, die Wärme ausstrahlen, und dichtem, leuchtend blondem Haar, mit kantigem Kiefer und großzügig geschnittenem Mund, die Haut leicht gebräunt durch einen Ausflug in die Sonne, der einen schwächeren Vampir umgebracht hätte, ein Frauenheld, ein Oscar-Wilde-Traum, modebewusst, der kühnste und gelegentlich nachlässigste, staubbedeckte Herumstreuner, Wanderer, Herzensbrecher und Besserwisser, von meinem alten Meister Marius mit dem Spitznamen »Flegelprinz« belegt - ja, man stelle sich vor, Marius, mein Marius, der tatsächlich die Fackeln des römischen Ordens überlebte, Marius hat ihm diesen Namen verpasst, aber ein Prinz an wessen Hof und durch welches göttliche Recht und königliche Blut, das möchte ich gern wissen. Lestat, randvoll mit dem Blut der Altesten unserer Art, mit dem Blut der Eva der Vampire, die ihr Eden fünf- oder siebentausend Jahre überlebte, ein vollkommenes Scheusal, das unter dem irreführenden, romantischen Titel Königin Akasha von jenen, die bewahrt werden müssen auftauchte und beinahe die Welt vernichtete.
    Lestat - er ist kein schlechter Freund, und noch dazu einer, für den ich mein unsterbliches Leben aufgeben würde, einer, um dessen Liebe und Gesellschaft ich mich oft bemüht habe, einer, den ich nervtötend und faszinierend und unerträglich lästig finde, einer, ohne den ich nicht existieren kann.
    So viel zu ihm.
    Louis de Pointe du Lac habe ich schon weiter oben beschrieben. Ihn anzuschauen ist stets ein Genuss: schlank, kaum kleiner als Lestat, der ihn zum Vampir machte, schwarzhaarig, hager und weißhäutig, mit erstaunlich langen, schlanken Fingern und Füßen, die sich geräuschlos bewegen. Louis, der so seelenvolle, grüne Augen hat, ein Spiegel geduldig ertragenen Elends, weiche Stimme, sehr menschlich geblieben, schwach, hat erst zweihundert Jahre hinter sich gebracht, kann nicht Gedanken lesen oder sich in die Luft erheben oder Leute in Trance versetzen (höchstens unabsichtlich), kann jedoch heiter sein, ein Unsterblicher, in den sich Sterbliche verlieben, ein wahlloser Killer, denn er kann seinen Durst nicht stillen, ohne zu töten - obwohl er zu ängstlich ist, um das Opfer in seinen Armen sterben zu lassen -, und weil er weder Stolz noch Eitelkeit besitzt, die ihn dazu verleiten könnten, seine Opfer anhand einer Rangordnung zu suc hen, und der deshalb die nimmt, die ihm über den Weg laufen, ohne auf Alter, Aussehen oder sonstige Gaben der Natur oder des Schicksals zu achten. Louis, ein tödlicher, romantischer Vampir, die Art nächtliche Kreatur, die sich in den tiefen Schatten der Opernhäuser herumdrückt, um Mozart zu lauschen, wenn die Königin der Nacht ihre herzzerreißende, unwiderstehliche Arie singt.
    Louis, der nie abgetaucht ist, von dem immer jemand wusste, wo er ist, den man so einfach verfolgen und so einfach im Stich lassen kann, Louis, der keinen neuen Vampir machen will, nach seinem tragischen Ungeschick mit Vampirkindern, Louis, der die Suche nach Gott, nach dem Teufel, nach der Wahrheit oder sogar nach Liebe längst aufgegeben hat.
    Entzückender, staubüberpuderter Louis, der beim Licht einer einzigen Kerze Keats’ Gedichte liest. Louis, der im Regen auf einer verlassenen Vorortstraße steht und im Schaufenster den Fernsehschirm

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