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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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den Hals und drückte mich an sich, und dann sprach sie die Worte, die ich in meinem langen unsterblichen Leben noch nie von einem Sterblichen vernommen hatte:
    »Armand, ich liebe dich.«

23
     
    M uss ich sagen, dass sie die vollkommenen Gefährten waren?
    Beide interessierten sich nicht für die Morde. Ich konnte das nicht verstehen. Sie interessierten sich für andere Dinge, wie den Weltfrieden, und dass die Armen im winterlichen New York kein Obdach hatten, oder es ging ihnen um die Preise für Medikamente, und sie fanden es schrecklich, dass die Israelis und die Palästinenser ständig miteinander im Krieg lagen. Aber sie interessierten sich nicht die Bohne für die entsetzlichen Dinge, die sie mit eigenen Augen gesehen hatten. Es war ihnen gleichgültig, dass ich jede Nacht tötete, dass ich von Blut lebte, und dass es in meiner ureigensten Natur lag, Menschen zu vernichten.
    Auch der tote Bruder war ihnen gleichgültig (er hieß übrigens Fox, und den Nachnamen meines schönen Kindes lasse ich besser ungenannt).
    Wenn dieser Text tatsächlich einmal in der realen Welt veröffentlicht wird, bist du verpflichtet, beider Namen zu ändern.
    Aber darum geht es mir jetzt nicht. Ich habe im Moment noch keine Vorstellung, was mit diesen Seiten passieren wird, außer dass sie eigentlich ganz besonders für Sybelle gedacht sind, wie ich dir ja schon zu Anfang gesagt habe, und wenn ich den Titel bestimmen darf, dann soll er Symphonie für Sybelle lauten.
    Nein, versteh das nicht falsch, ich liebe Benji genauso sehr. Es ist nur so, dass ich für ihn nicht dieselben überwältigenden Beschützerinstinkte hege. Ich weiß, dass Benji ein herrliches, abenteuerliches Leben führen wird, gleichgültig, was mit mir oder Sybelle geschieht oder wie die Zeiten sich ändern. Er ist ein echtes Kind der Beduinenzelte, der Sanddünen, obwohl es in seinem Fall eher eine wackelige Lehmziegelhütte am Rande Jerusalems war, wo er Touristen überredete, sich zu Wucherpreisen zusammen mit ihm und einem dreckigen, zähnefletschenden Kamel fotografieren zu lassen. Er ist von Fox mehr oder weniger entführt worden, obwohl das Ganze unter der verbrecherischen Bezeichnung »Vermietung auf Lebenszeit« lief, und Fox hat Benjis Vater dafür fünftausend Dollar gegeben und hat noch einen gefälschten Einwanderungspass als Dreingabe bekommen. Benji war zweifellos das Genie des Stammes, und er hat ziemlich gemischte Gefühle, wenn es um seine Heimkehr geht. In den Straßen von New York hatte er Stehlen, Rauchen und Fluchen gelernt, in genau dieser Reihenfolge, und obwohl er heilige Eide schwor, dass er nicht lesen kann, stellte sich heraus, dass er es sehr wohl konnte, dass er sogar Englisch, Hebräisch und Arabisch lesen konnte und i n seiner Heimat immer die ausländischen Zeitungen gelesen hatte. Und sobald ich ihn erst einmal mit Büchern zugeschüttet hatte, las er wie ein Besessener.
    Er sorgte gern für Sybelle. Er kümmerte sich darum, dass sie aß, Milch trank, badete und die Kleider wechselte, als keine dieser alltäglichen Angelegenheiten sie interessierte. Er war stolz darauf, dass er auf Grund seiner Pfiffigkeit all ihre Bedürfnisse zufrieden stellen konnte. Er war der Strohmann, wenn es um das Hotel ging, um Trinkgelder, um Gespräche mit der Rezeption - und dazu gehörten auch die fein gesponnenen Lügen über den Aufenthalt des Bruders, der in Benjis unendlicher Geschichte ein berühmter Weitreisender und Fotograf geworden war. Er verhandelte mit dem Klavierstimmer, der wöchentlich kommen musste, weil der Flügel am Fenster stand und der Sonne ausgesetzt war; und auch, weil Sybelle ihn mit solcher Gewalt bearbeitete, dass es den großen Beethoven bestimmt beeindruckt hätte. Er telefonierte als großer Bruder David - was er Daviiid aussprach - mit der Bank und tauchte anschließend als kleiner Bruder am Kassenschalter auf, um das Geld abzuholen.
    Nachdem ich einige Nächte mit ihm durchgeplaudert hatte, war ich überzeugt davon, dass ich ihm eine ebenso gute Erziehung ermöglichen konnte wie Marius dereinst mir. Und mit Sicherheit würde er später unter den besten Universitäten wählen können. Ich pokerte nicht zu hoch. Schon nach einer Woche träumte ich von Internatsschulen für ihn, die er als Blazer tragender, amerikanischer Ostküsten-Eroberer verlassen würde.
    Ich liebe ihn genug, um jedem, der ihm auch nur ein Haar krümmt, die Glieder einzeln auszureißen.
    Aber zwischen Sybelle und mir besteht eine besondere Sympathie,

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