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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Bar getrennt verlassen. Ich habe zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, ich bin clever.«
    »Wieso das?«, wollte ich wissen. Ich drückte ihm die Lilie in die Hand. »Sybelles Bruder hat bei ihm gekauft. Der Bulle war der Einzige, der ihren Bruder vermisst hat.« Er lachte leise, während er die Lilie in die dichten Locken über einem Ohr steckte. Dann nahm er sie wieder heraus und drehte sie zwischen den Fingern. »Das war doch clever, nicht? Kein Mensch fragt, wo er geblieben ist.«
    »Oh, sicher, da hast du Recht, zwei Fliegen mit einer Klappe, obwohl ich denke, dass noch eine Menge mehr dahinter steckt.«
    »Aber du wirst uns helfen, nicht wahr?«
    »Bestimmt. Ich bin sehr reich, das sagte ich schon. Ich bring das in Ordnung. Ich hab einen Instinkt für so etwas. Ich habe mal ein Spielcasino besessen, und danach eine ganze Insel mit eleganten Läden. Ich bin auf mehreren Gebieten ein Ungeheuer, wie es scheint. Du brauchst dir nie, nie wieder Sorgen zu machen.«
    »Du bist wirklich was Besonderes«, sagte er, indem er eine Augenbraue hob und mir zuzwinkerte. Er zog an seiner aromatischen Zigarette und bot sie dann mir an. In der anderen Hand hielt er immer noch die Lilie. »Geht nicht. Ich trinke nur Blut«, erklärte ich. »Ein Vampir, wie er im Buche steht. Verbringt den Tag in tiefster Dunkelheit, und Tag wird es gleich. Du darfst diese Tür nicht anrühren.«
    »Ha!« Er lachte entzückt wie ein Kobold. »Genau das habe ich ihr gesagt!« Er rollte die Augen und wies auf den Wohnraum. »Ich habe behauptet, wir müssten sofort einen Sarg für dich stehlen, aber sie sagte, du würdest dich schon darum kümmern.«
    »Da hafte sie Recht. Das Zimmer reicht aus, aber ich mag Särge ganz gern, ehrlich!«
    »Und du kannst uns beide auch zu Vampiren machen?«
    »Ah, niemals! Absolut nicht. Du bist zu reinen Herzens und viel zu lebendig, und solche Macht habe ich auch nicht. Man tut das nicht. Es darf nicht sein.«
    Wieder zuckte er mit den Schultern, dann fragte er. »Wer hat dich dann gemacht?«
    »Ich bin aus einem schwarzen Ei geschlüpft. Wie wir alle.« Er lachte verächtlich.
    »Nun, du hast alles, was dazu gehört, gesehen. Und das Beste glaubst du nicht?«
    Er lächelte nur und paffte vor sich hin, dabei warf er mir einen spitzbübischen Blick zu.
    Aus dem Flügel rauschten ganze Tonkaskaden, die Töne schmolzen so schnell dahin, wie sie geboren wurden, ähnlich den letzten Schneeflocken des Winters, die schon vergangen sind, ehe sie aufs Pflaster sinken.
    »Darf ich sie küssen, ehe ich mich schlafen lege?«, fragte ich. »Wenn es ihr nicht gefällt, wird sie nicht lange genug unterbrechen, um es dir zu sagen.« Ich ging noch einmal zurück in den Wohnraum. Wie heiter doch das alles war, wie herrlich die Darstellung der üppigen, französischen Landschaft mit goldenen Wolken und dem Kobaltblau des Himmelszeltes, und die chinesischen Vasen auf den Schemeln und die massigen Falten des Samtes, die von den Bronzestangen über hohen schmalen Fenstern niederfielen! Jetzt konnte ich es im Ganzen wahrnehmen, mitsamt dem Bett, in dem ich gelegen hatte, und das nun mit frischen Daunendecken überhäuft war und mit Kissen, die aufgestickte Bilder trugen.
    Und dann sie, der strahlende Diamant im Mittelpunkt, im langen, weißen Flanellgewand mit Rüschen an den Ärmeln und alter irischer Spitze am Halsausschnitt, das Haar fiel ihr wie ein leuchtender gelber Schleier um die Schultern, so saß sie und spielte mit flinken, zielsicheren Fingern auf ihrem großen, glänzenden Flügel. Ich küsste ihre duftenden Locken und dann die zarte Kehle. Sie schenkte mir ein mädchenhaftes Lächeln und einen leuchtenden Blick, während sie ununterbrochen weiterspielte, aber sie lehnte den Kopf zurück, bis er mein Jackett streifte. Ich legte ihr die Arme um den Hals, und als sie sich sacht gegen mich sinken ließ, schloss ich die gekreuzten Arme um ihre Taille und drückte sie an mich, bis ich spürte, wie sich ihre Schultern im Takt mit ihren eilenden Fingern bewegten. Ganz leise, mit geschlossenen Lippen, wagte ich die Melodie mitzusummen, und sie fiel ein.
    »Appassionata«, flüsterte ich ihr ins Ohr. Ich weinte. Ich wandte den Kopf ab, weil ich nicht wollte, dass das Blut sie berührte. Sie war zu rein, zu schön. Sie schnellte nach vorn. Ihre Hände hämmerten die letzten stürmischen Kadenzen. Dann senkte sich abrupt die Stille über uns, genauso kristallklar wie zuvor die Musik.
    Sie drehte sich zu mir um, warf mir die Arme um

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