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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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können.« Ach, das war zu interessant! Eine solche Lektion in Geschichte kam mir gerade recht. Das musste ich genauer mitbekommen, deshalb sprang ich auf und ging um den Tisch herum, wo ich mir einen leichten Stuhl mit gekreuzten Beinen und einem bequemen Sitz aus rotem Leder heranzog. Ich stellte ihn schräg zur Tafel, damit ich alle Beteiligten in meinem Blickfeld hatte, besonders die Tänzer, die, obwohl sie ungeschickt herumhüpften, immer noch einen hübschen Eindruck boten, und wäre es nur wegen ihrer langen, dekorativ flatternden Ärmel und dem schleifenden Geräusch ihrer juwelenbesetzten Schuhe auf dem Fliesenboden.
    Am Tisch warf der Rothaarige, der sich von meinem Herrn entschieden ermutigt fühlte, seine lange Lockenmähne zurück und schenkte ihm einen feurigen, bewundernden Blick. »Ja, ja, hier ist ein Mann, der weiß, was geschah, und Ihr lügt. Ihr Dummkopf«, sagte er zu seinem Gegner. »Und dabei wisst Ihr, dass die Genuesen tapfer gekämpft haben, bis zum Ende. Drei Schiffe hatte der Papst geschickt, sie durchbrachen die Blockade des Hafens, schlüpften direkt am Sitz des Übels vorbei, dem Kastell von Rumeli Hisar. Giovanni Longo war das, und könnt Ihr Euch etwa diese tapfere Tat vorstellen?«
    »Ehrlich gesagt, nein!«, sagte der Schwarzhaarige und neigte sich zu dem anderen hinüber, vorbei an meinem Herrn, als sei er nur ein Standbild.
    »Doch, das war tapfer«, sagte mein Herr lässig. »Warum redet Ihr dummes Zeug, an das Ihr selbst nicht glaubt? Kommt, Ihr wisst doch, was mit den venezianischen Schiffen geschah, die in die Hände des Sultans fielen.«
    »Ja, äußert Euch dazu. Wäret Ihr in diesen Hafen eingelaufen?«, wollte der rothaarige Florentiner wissen. »Ihr wisst, was sie getan haben, als sie sechs Monate zuvor venezianische Schiffe kaperten? Sie haben jeden Mann an Bord geköpft.«
    »Außer dem Kommandanten!«, warf einer der Tanzenden über die Schulter in das Gespräch ein, dabei tanzte er weiter, um nicht aus dem Takt zu kommen. »Den haben sie gepfählt. Antonio Rizzo war das, einer der Besten, die je gelebt haben.« Er winkte ganz nebenbei abfällig mit der Hand und setzte den Tanz fort. Doch in der Drehung rutschte er aus und fiel beinahe hin. Seine Tanzpartner ringen ihn auf. Der Schwarzhaarige am Tisch schüttelte den Kopf. »Wenn die ganze venezianische Flotte dort gewesen wäre!«, rief er. »Aber Ihr Florentiner und Venezianer, Ihr seid alle gleich, treulos, und immer spielt Ihr auf Sicherheit.«
    Mein Herr beobachtete den Mann und lachte.
    »Ihr braucht nicht über mich zu lachen«, tönte der Schwarze. »Ihr seid selbst Venezianer; ich habe Euch schon tausend Mal gesehen, Euch und den Knaben da!«
    Er wies auf mich. Ich schaute meinen Herrn an. Der lächelte nur. Dann hörte ich sein deutliches Flüstern, es klang in meinem Ohr, als säße er direkt neben mir und nicht einige Meter entfernt. »Hier legen die Toten Zeugnis ab, Amadeo.«
    Der Schwarzhaarige hob seinen Weinkelch, schüttete sich einen ordentlichen Schluck in die Kehle und sicherlich die gleiche Menge über seinen Spitzbart. »Eine ganze Stadt voller Ränke schmiedender Lumpen!«, erklärte er. »Nur für eines gut – dass man ihnen gegen hohe Zinsen Geld leiht, wenn ihr ganzer Besitz für modischen Putz draufgegangen ist.«
    »Ausgerechnet Ihr sagt das«, kam es von dem Rothaarigen. »Ihr seht selbst wie ein gottverdammter Pfau aus! Ich sollte Euch den Schwanz stutzen. Reden wir lieber über Konstantinopel, wenn Ihr so verflixt sicher seid, dass man es hätte retten können.«
    »Ihr seid doch jetzt selbst so ein verfluchter Venezianer.«
    »Ich bin ein Bankier, auf mich kann man sich verlassen«, sagte der Rote. »Ich schätze die, die durch mich gut verdienen.« Er hob seinen Kelch, doch statt zu trinken, schüttete er dem Schwarzhaarigen den Wein ins Gesicht.
    Mein Herr machte nicht einmal Anstalten, sich zurückzulehnen, so dass er sicherlich auch ein paar Tropfen abbekam. Er betrachtete die roten, schweißüberströmten Gesichter der beiden.
    »Giovanni Longo, einer der tapfersten Genuesen, die je ein Schiff kommandiert haben, blieb während der gesamten Belagerung in der Stadt!«, rief der Rothaarige. »Das nenne ich Tapferkeit. Ich würde mein Geld auf einen wie den setzen!«
    »Ich wüsste nicht, warum«, mischte sich der Tänzer wieder ein. Er löste sich kurz aus dem Kreis und sagte: »Er hat die Schlacht verloren, und ganz nebenbei. Euer Vater hatte Verstand genug, auf keinen von denen

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