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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Ungeheuer, ich habe es gesehen. Amadeo, er wird mich nicht leben lassen.«
    »Lasst sie am Leben, Herr, oder tötet mich mit ihr!«, rief ich. »Sie soll doch nur als Lehre für mich dienen, und ich will sie nicht sterben sehen.«
    Meinem Herrn war kläglich zumute. Er war wie benommen. Er stieß mich von sich, stützte mich aber noch, so dass ich nicht hinfiel. Dann ging er auf das Bett zu, doch nicht, um Bianca anzugreifen, sondern er ließ sich neben ihr nieder. Sie zog sich noch weiter ans Kopfende zurück, ihre Hand tastete nach den goldenen Draperien, als fände sie Halt und Rettung dort.
    Bleich und schmal, so saß sie da, die flammenden blauen Augen weit aufgerissen und unverwandt auf ihn gerichtet.
    »Wir sind beide Mörder, Bianca«, flüsterte er ihr zu. Er streckte eine Hand nach ihr aus. Ich stürzte vor, doch vergebens, denn seine rechte Hand hielt mich mit einer beiläufigen Geste auf, während er Bianca mit der linken eine paar lose Löckchen aus der Stirn strich. Dann legte er ihr die Hand auf den Kopf, als sei er ein Priester, der den Segen erteilt.
    »Aus bloßer Not geboren, mein Herr, ist alles, was ich tat«, sagte sie. »Was für eine Wahl hätte ich denn gehabt?« Wie tapfer sie war, wie stark, wie Silbererz mit Stahl verschmolzen! »Was soll ich denn machen, wenn man mir erst einmal die Anweisungen gegeben hat? Schließlich weiß ich, was zu tun ist und für wen. Ach, sie waren so raffiniert! Es war ein Gebräu, das erst nach Tagen tötete, wenn das Opfer längst nicht mehr in meinen netten Salons weilte.«
    »Bitte deinen Erpresser hierher, Kind, und anstatt der vorgesehenen Opfer gib ihm das Gift.«
    »Ja, das wäre die Lösung«, sagte ich schnell. »Töte den Mann, der dich angestiftet hat.«
    Sie schien wahrhaftig darüber nachzudenken, dann lächelte sie. »Und was ist mit seinen Wachleuten, was mit seinen Verwandten? Sie würden mich erwürgen, wenn ich sie derart hinterginge.«
    »Ich werde ihn für dich töten, meine Süße«, sagte Marius. »Und dafür schuldest du mir keine Untat, sondern nur stilles Vergessen des Hungers, den du heute Nacht an mir gesehen hast.«
    Zum ersten Mal schien ihr Mut zu sinken. Ihre Augen füllten sich mit entzückenden, klaren Tränen. Eine leichte Erschöpfung machte sich bei ihr bemerkbar. Sie ließ für einen Augenblick den Kopf hängen. »Du weißt, wer er ist, du weißt, wo er sein Quartier hat, du weißt, dass er zurzeit in Venedig ist.«
    »Er ist schon tot, meine schöne Dame«, sagte mein Herr. Ich legte ihm den Arm um den Hals und küsste ihn auf die Stirn. Seine Augen blieben auf Bianca geheftet.
    »Dann komm, mein Engel«, sagte er zu mir, während er sie immer noch ansah. »Wir gehen und erlösen die Welt von diesem Florentiner, diesem Geldverleiher, der Bianca benutzt, um jene loszuwerden, die bei ihm geheime Konten führen.«
    Diese Nachricht versetzte Bianca in Erstaunen, doch dann lächelte sie sanft und wissend. Wie anmutig sie war, wie so ganz frei von Hochmut und Bitterkeit! Wie einfach sie diese Schrecknisse von sich abgleiten ließ …
    Mein Gebieter hielt mich mit einer Hand fest an sich gedrückt, während er mit der anderen in sein Wams griff und eine große, wunderbare, birnenförmige Perle daraus hervorholte, die nachgerade unbezahlbar schien. Er überreichte sie Bianca, die sie nur zögernd annahm, denn sie sah untätig zu, wie er sie in ihre schlaffe Handfläche fallen ließ.
    »Lass dich küssen, meine Prinzessin«, sagte er.
    Zu meiner Verwunderung erlaubte sie es wirklich, und er überschüttete sie mit sanften, federleichten Küssen. Ich sah genau, wie sich ihre goldenen Brauen irritiert zusammenzogen, wie sich ihre Augen vernebelten und ihr Körper schlaff wurde. Sie sank auf ihre Kissen und fiel sofort in tiefen Schlaf.
    Wir verschwanden. Ich glaubte zu hören, dass die Läden hinter uns zufielen. Die Nacht draußen war nass und dunkel. Mein Kopf lag fest gegen die Schulter meines Herrn gedrückt, beim besten Willen hätte ich nicht aufsehen oder mich rühren können.
    »Ich danke Euch, mein geliebter Herr, dass Ihr sie nicht getötet habt«, flüsterte ich.
    »Sie denkt wirklich überaus praktisch«, sagte er. »Sie ist noch immer ungebrochen. Sie hat die Unschuld und die Schlauheit einer Herzogin oder Königin.«
    »Aber wohin gehen wir jetzt?«
    »Wir sind schon da, Amadeo. Wir sind auf dem Dach. Sieh dich um. Hörst du das Gelärme dort unten?«
    Ich hörte Tambourine, Trommeln und Flötenspiel.
    »Aha, also wird

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