Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
Tänzer näherten sich mir, beide waren nicht weniger betrunken als der, der gestürzt war. Sie versuchten, mich zu betatschen. Mit ihrem keuchenden, stinkenden Atem waren sie wie ein vierarmiges Ungeheuer.
»Du lachst über unseren Freund da unten?«, fragte der eine, wobei er mir sein Knie zwischen die Beine stieß.
Ich konnte dem rüden Stoß gerade noch ausweichen. »Das schien mir das Netteste, was ich tun konnte«, gab ich zurück. »Da doch seine Verehrung für mich der Grund für seinen Sturz war. Deshalb verfallt nicht in die gleiche hingebende Anbetung, Ihr Herren. Ich habe nicht die leiseste Neigung, Eure Gebete zu erhören.« Mein Gebieter hatte sich erhoben. »Ich werde dieser Sache überdrüssig«, sagte er mit einer kalten, klaren Stimme, die trotz der dämpfenden Wandbehänge im Raum widerhallte. Der Klang ließ einen erschaudern.
Alle sahen ihn an, selbst der am Boden Liegende, der immer noch mit seinem Gleichgewicht kämpfte.
»Tatsächlich!«, sagte der Schwarzhaarige und sah auf. »Marius de Romanus, so ist doch der Name? Ich habe von Euch gehört. Ich fürchte Euch nicht.«
»Betrachtet das als eine Gnade«, flüsterte mein Herr lächelnd. Er legte seine Hand auf den Kopf des Mannes, der sich nach hinten warf, um freizukommen, und dabei fast von der Bank fiel. Nun war er ganz eindeutig verängstigt.
Die Tänzer maßen meinen Herrn mit abschätzenden Blicken, wohl um herauszufinden, ob er leicht zu überwältigen wäre.
Der eine wandte sich noch einmal an mich: »Gebete? Zur Hölle auch!«, sagte er.
»Mein Herr, hütet Euch vor meinem Gebieter. Ihr langweilt ihn, und Langeweile versetzt ihn in schlechte Laune.« Gleichzeitig riss ich meinen Arm zurück, den er zu packen drohte. Dann zog ich mich weiter zurück, bis ich inmitten der jungen Musikanten stand, so dass die Musik um mich wogte wie eine schützende Wolke. Ich sah Panik auf ihren Gesichtern, doch sie spielten um so flotter, ohne auf den Schweiß zu achten, der ihnen auf die Stirn getreten war. »Ihr liebsten Herren«, sagte ich, »die M usik gefällt mir zwar, aber spielt doch ein Requiem, wenn es Euch beliebt.«
Sie warfen mir verzweifelte Blicke zu, kümmerten sich aber nicht um meine Worte. Die Trommel dröhnte, die Flöte spielte ihre Triller, und der Raum vibrierte von den Lautenschlägen.
Der Blonde am Boden rief um Hilfe, da er allein einfach nicht in der Lage war, aufzustehen, und die zwei anderen traten zu seiner Unterstützung näher, obwohl der eine mich mit wachsamen Blicken durchbohrte. Mein Meister sah auf seinen schwarzhaarigen Herausforderer hinab, dann zog er ihn mit einer Hand geradewegs von der Sitzbank hoch und machte sich über seine Kehle her. Der Mann hing erstarrt im Griff meines Herrn, wie ein kleines, zerbrechliches Tierchen in den Zähnen einer riesigen Bestie. Fast konnte ich hören, wie das Blut in einem gewaltigen Schwall aus ihm herausfloss, während die Haarpracht meines Herrn mit einem Beben vornüber fiel, um dieses tödliche Mahl zu verhüllen. Sehr schnell ließ er den Mann fallen. Der Einzige, der dies beobachtet hatte, war der Rothaarige. Und in seinem trunkenen Zustand schien er nicht zu wissen, was er davon halten sollte. Er zog verwundert eine Augenbraue hoch, dann trank er abermals aus seinem verklebten Becher. Wie eine Katze leckte er sich die Finger seiner rechten Hand ab, einen nach dem anderen, während mein Herr den Kopf des Schwarzhaarigen mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch fallen ließ, mitten hinein in eine Schale mit Obst. »Besoffener Schwachkopf«, sagte der Rote. »Keiner kämpft mehr für Werte oder Ehre oder Anstand.«
»Zumindest nicht viele«, sagte mein Herr, indem er auf ihn niederblickte.
»Sie haben die Welt in zwei Hälften geteilt, diese Türken«, murmelte der Rothaarige und starrte unverwandt auf die Leiche. Ich konnte das Gesicht des Toten nicht sehen, doch dass er tot war, erregte mich ungeheuerlich.
»Kommt schon. Ihr Herren«, sagte mein Meister, »und auch Ihr, mein Herr, kommt her, Ihr, die Ihr meinem Kind all diese Ringe schenktet.«
»Er ist Euer Sohn, mein Herr?«, rief der Blonde mit dem Buckel, der endlich auf die Füße gekommen war. Er stieß seine Freunde fort, ließ sie stehen und folgte der Aufforderung. »Ich werde väterlicher zu ihm sein, als Ihr es je wart.«
Blitzschnell und geräuschlos tauchte mein Herr auf unserer Seite der Tafel auf. Seine Gewänder bewegten sich kaum, als habe er nur einen Schritt gemacht. Der Rothaarige
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