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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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dem fettglänzenden, halb abgenagten Gerippe und den Bergen saftstrotzender Früchte eingefunden. Ein gelber Dunst hing in dem Raum, vom Tabak, den die Männer aus unterschiedlichsten Pfeifen rauchten. Das tiefe Dunkelblau, das den Hintergrund aller Gobelins ausmachte, verlieh dem ganzen Schauplatz eine Wärme, gegen die sich die prächtigen bunten Kleider der musizierenden Knaben und der Gäste leuchtend abhoben. Und wirklich fühlte ich mich wie betäubt von der Atmosphäre, als wir in die verräucherte Wärme des Raumes traten, und als mein Herr auf das eine Ende der Tafel zeigte, wo ich mich niedersetzen sollte, gehorchte ich aus Schwäche, obwohl ich mich davor ekelte, auch nur die Tischplatte zu berühren, ganz zu schweigen von den Tellerrändern. Die herumblökenden, ausgelassenen Kerle mit ihren roten Gesichtern störten sich nicht an uns. Der stampfende Lärm der Musikanten genügte schon, um uns unsichtbar zu machen, denn er überwältigte die Sinne. Aber die Männer hätten uns selbst in tiefster Stille nicht wahrgenommen, denn sie waren viel zu betrunken. Und tatsächlich ging mein Herr, nachdem er mir einen KUSS auf die Wange gedrückt hatte, genau zur Mitte der Tafel, wo wohl einer der Tänzer einen Platz frei gemacht hatte, und mit einem Schritt stieg er über die gepolsterte Bank und setzte sich nieder.
    Die beiden Männer rechts und links von ihm schrien wegen irgendeiner Sache beharrlich aufeinander ein. Erst jetzt bemerkten sie den prächtig in Scharlachrot gewandeten Gast.
    Mein Herr hatte die Kapuze seines Umhangs zurückgeschlagen, und sein auffälliges langes Haar wallte um das Gesicht mit der schmalen Nase und dem vollen, weichen Mund, und die ordentlich in der Mitte gescheitelten blonden Haare glitzerten von der Feuchte der Nachtluft wie lebendig, so dass sein Anblick wieder einmal an das Bildnis von Christus beim letzten Abendmahl erinnerte.
    Er schaute die beiden Gäste einen nach dem anderen an, und da ich ihn vom unteren Ende der Tafel beobachtete, sah ich zu meinem Erstaunen, dass er sich in die Unterhaltung der beiden einmischte und mit ihnen über die Gräueltaten diskutierte, die an den in Konstantinopel zurückgebliebenen Venezianern verübt worden waren, als Sultan Mehmet II., gerade einundzwanzigjährig, die Stadt erobert hatte.
    Ich hatte den Eindruck, als stritten sie sich darüber, auf welche Art es den Türken nun wirklich gelungen war, diese Hauptstadt der Christenheit einzunehmen. Der eine sagte, dass die Stadt durchaus hätte gerettet werden können, wenn die venezianischen Schiffe nicht schon vorzeitig fortgesegelt wären und Konstantinopel so im Stich gelassen hätten.
    Aber auf keinen Fall, sagte der andere, ein kräftiger, rothaariger Mann mit Augen, die fast golden wirkten. Den konnte man schön nennen! Wenn das der Schurke war, der Bianca verrührt hatte, dann verstand ich, wie es geschehen konnte. Seine Lippen bildeten zwischen Kinnund Oberlippenbart einen sinnlichen Amorbogen, und sein Kiefer war ausgeprägt wie bei der idealisierten Marmorstatue des Michelangelo. »Achtundvierzig Tage hatten die Kanonen der Türken die Stadtmauern schon unter Feuer«, erklärte er seinem Zechgenossen, »und schließlich schafften sie den Durchbruch. War denn etwas anderes zu erwarten? Habt Ihr je solche Kanonen gesehen?«
    Der andere Geselle, ein sehr hübscher Dunkelhaariger mit olivfarbenem Teint, großen, samtig schwarzen Augen und einer schmalen Nase zwischen gerundeten Wangen, ereiferte sich und sagte, dass die Venezianer sich wie Feiglinge verhalten hätten, und dass ihre gesamte Flotte, wenn sie denn je eingetroffen wäre, sogar diese Kanonen hätte zum Schweigen bringen können. Er schlug auf den Tisch, dass der Teller vor ihm klapperte.
    »Konstantinopel ist im Stich gelassen worden!«, verkündete er. »Venedig und Genua haben der Stadt nicht geholfen. Man hat an jenem entsetzlichen Tag zugelassen, dass das größte Reich der Welt zusammenbrach.«
    »Nicht ganz«, sagte mein Herr ziemlich gelassen, wobei er die Augenbrauen hochzog und den Kopf leicht zur Seite neigte. Seine Augen wanderten langsam von einem zum anderen. »Tatsächlich gab es eine ganze Menge tapferer Venezianer, die Konstantinopel zu Hilfe eilten. Ich denke, und durchaus nicht grundlos, dass die Türken ihren Angriff fortgesetzt hätten, selbst wenn die gesamte venezianische Flotte aufgekreuzt wäre. Konstantinopel in Besitz zu nehmen, war der Traum des jungen Sultans. Nichts hätte ihn aufhalten

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