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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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schwindelig?«
    »Du Dreckskerl«, zischte Riccardo und stach mit seinem Degen durch das Obergewand des Mannes hindurch, ein, zwei, dann noch ein drittes Mal. Lord Harlech verzog das Gesicht, seine Augenlider zuckten, aus seinem Mund stürzte ein letzter Strom Blut. Er war tot.
    »Gift?«, hauchte ich. »Gift an der Klinge?« Instinktiv griff ich nach dem Arm, wo er mich zuerst getroffen hatte. Allerdings hafte mein Gesicht die tiefere Wunde davongetragen. »Fass den Degen nicht an, auch nicht den Dolch. Gift!«
    »Er hat gelogen, komm, ich werde dir die Wunden auswaschen«, beruhigte Riccardo mich. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.« Er versuchte, mich aus dem Raum zu ziehen.
    »Was sollen wir mit ihm machen, Riccardo? Was können wir tun? Wir sind allein, ohne unseren Meister. Wir haben drei Tote im Haus, vielleicht sogar mehr.«
    Während ich sprach, vernahm ich Schritte von beiden Seiten der Halle. Die kleineren Jungen kamen aus ihren Verstecken, zusammen mit einem der Lehrer, der sie offensichtlich von uns fern gehalten hatte, etwas, das ich mit ziemlich zwiespältigen Gefühlen betrachtete. Aber immerhin waren die Jungen alle noch Kinder, und der Lehrer trug keine Waffe, war ein wehrloser Gelehrter. Die älteren Lehrlinge waren, wie vormittags üblich, alle unterwegs. Nahm ich wenigstens an. »Komm, wir müssen sie, wie es sich gehört, irgendwo unterbringen«, sagte ich. »Und rührt die Waffen nicht an!« Ich winkte die Kleineren heran. »Wir werden ihn in das beste Schlafzimmer tragen, kommt. Dahin bringen wir auch die beiden Kinder.«
    Die Kleinen sträubten sich ein wenig, zu gehorchen, einige begannen sogar zu weinen.
    Ich wandte mich an den Lehrer. »Ihr da, geht uns doch zur Hand. Und passt auf, die Waffen sind vergiftet.« Er blickte mich aufgestört an. »Ich meine, was ich sage. Es ist Gift daran.«
    Mit schriller, panikerfüllter Stimme rief er: »Amadeo, du blutest ja überall! Wieso vergiftete Waffen? Der liebe Gott möge uns alle bewahren!«
    »Ach, hört doch auf!«, sagte ich. Doch ich kam mit dieser Situation nicht mehr zurecht, und während Riccardo sich um das Fortschaffen der Leichen kümmerte, eilte ich ins Schlafzimmer unseres Meisters, um meine Wunden zu versorgen.
    In meiner Hast kippte ich den ganzen Inhalt des Wasserkruges in das Becken und packte mir dann ein Tuch, um das Blut abzuwischen, das mir den Hals hinab ins Hemd lief. Was für eine klebrige Schweinerei, fluchte ich innerlich. In meinem Kopf drehte sich alles, und ich wäre beinahe gefallen. Während ich mich am Rand des Waschtisches festklammerte, sagte ich mir, ich würde mich doch nicht von diesem Lord Harlech zum Narren halten lassen. Riccardo hatte Recht. Der Lord hatte sich die Geschichte mit dem Gift ausgedacht, es war eine Lüge! Die Klinge vergiften, wahrhaftig!
    Doch während ich mir das vorschwätzte, fiel mein Blick auf einen Kratzer, den ich bis dahin nicht bemerkt hatte. Offensichtlich von Harlechs Rapier, zog er sich quer über meinen rechten Handrücken. Die Hand war angeschwollen, als hätte mich ein giftiges Insekt gestochen. Ich betastete meinen Arm und meine Wange. Die Wunden dort schwollen an, die Haut neben den Wundrändern begann sich aufzuwerfen. Und wieder überkam mich dieser Schwindel. Schweiß tropfte von mir herab in das Becken, dessen Wasser sich inzwischen rot gefärbt hatte und wie Wein aussah.
    »O mein Gott, das hat mir der Teufel angetan«, stöhnte ich. Als ich mich umwandte, kippte der Raum unter mir weg und begann zu wogen. Ich schwankte.
    Jemand fing mich auf. Ich konnte nicht einmal sehen, wer es war. Ich wollte Riccardos Namen rufen, doch meine Zunge war ganz dick und unbeweglich.
    Geräusche und Farben mischten sich in einem heißen, pulsierenden Nebelschleier. Dann sah ich über mir mit jäher, erstaunlicher Klarheit den bestickten Himmel vom Bett meines Herrn. Riccardo beugte sich über mich.
    Er sprach schnell und irgendwie verzweifelt auf mich ein, doch ich konnte nicht erfassen, was er sagte. Er schien eine fremde Sprache zu sprechen, die hübsch und sehr lieblich und melodiös klang, aber verstehen konnte ich nicht ein Wort davon.
    »Mir ist heiß«, sagte ich. »Ich verbrenne. Mir ist so heiß, ich halte es nicht aus! Ich brauche Wasser. Setzt mich in die große Badewanne unseres Herrn.«
    Er schien mich überhaupt nicht gehört zu haben. Er fuhr fort, flehend auf mich einzureden. Ich spürte seine Hand auf meiner Stirn, und auch sie verbrannte mich, ganz bestimmt, sie

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