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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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»Und die Träume sind sehr intensiv.« Sie schüttelte den Kopf. »Seine Gegenwart ist darin so lebendig! Gott, ich vermisse ihn so.« Ihr Blick schweifte ab. »Weißt du«, fuhr sie fort, »im hohen Alter ließen seine Beine nach. Der Priester kam und sagte, Onkel Vervain brauche nicht mehr sonntags zur Messe zu gehen, es wäre ihm nicht mehr zuzumuten. Dennoch zog Onkel Vervain jeden Sonntag seinen besten Westenanzug an, und immer trug er die Taschenuhr dazu, du weißt schon, vorn über dem Bauch die dünne Goldkette und die Uhr in der kleinen Westentasche - und dann saß er im Esszimmer drüben, hörte die Messe übers Radio und murmelte dabei seine Gebete. Er war wirklich ein Gentleman. Der Priester kam dann am Nachmittag und spendete ihm die heilige Kommunion. Und immer kniete Onkel Vervain nieder, wie sehr ihn auch seine Beine schmerzten. Ich stand an der Haustür, bis der Priester mit dem Messdiener wieder fort war. Onkel Vervain sagte, dass unsere Religion eine magische Religion sei, weil man in der Kommunion an Leib und Blut Christi teilhat. Onkel Vervain sagte auch, dass ich getauft sei: Merrick Marie Louise Mayfair - der Heiligen Jungfrau geweiht. Sie haben den Namen französisch ge schrieben: Merrique. Ich weiß, dass ich getauft worden bin. Ich weiß es.«
    Sie hielt inne. Ich konnte den Kummer in ihrer Stimme, in ihrer Miene nicht ertragen. Wenn wir doch nur diesen Taufschein aufgetrieben hätten, dachte ich verzweifelt, vielleicht hätten wir vermeiden können, dass sie sich derart darauf versteifte. »Doch, David«, widersprach sie mir mit lauter, scharfer Stimme. »Ich träume von ihm, sag ich dir. Ich sehe ihn, mit der goldenen Uhr in der Hand.« Sie sank zurück in ihren versponnenen Zustand, obwohl sie keinen Trost daraus gewinnen konnte. »Ich habe diese Uhr geliebt, die goldene Uhr … Ich wollte sie immer haben, aber er hinterließ sie Cold Sandra. Ich bat ihn oft, sie anschauen zu dürfen, die Zeiger richtig stellen zu dürfen, sie aufschnappen zu lassen, aber nein, er sagte: ›Merrick, diese Uhr tickt nicht für dich, chérie, sie tickt für andere.‹ Und Cold Sandra bekam sie dann. Sie nahm sie mit, als sie fortging.«
    »Merrick, das sind die Gespenster deiner Familie. Gibt es nicht in jeder Familie einen spukenden Geist?«
    »Doch, David, aber hier handelt es sich um meine Familie, und meine Familie hatte nie viel Ähnlichkeit mit anderen Familien, nicht wahr? Er kommt im Traum zu mir und erzählt mir von der Höhle.«
    »Ich kann nicht ertragen, zusehen zu müssen, wie man dir wehtut, mein Liebes«, sagte ich. »Wenn ich in London hinter meinem Schreibtisch sitze, isoliere ich mich, was die Gefühle angeht, von all unseren Mitgliedern. Aber von dir? Niemals.« Sie nickte. »Auch ich möchte dir nicht wehtun, Chef«, sagte sie, »aber ich brauche dich.«
    »Du wirst dieses Vorhaben nicht aufgeben, nicht wahr?«, fragte ich, so sanft ich konnte. Sie sagte zunächst nichts. Doch dann:
    »Wir haben ein Problem, David.« Ihre Augen fixierten den Altar, vielleicht um mich nicht ansehen zu müssen. »Und das wäre, mein Liebes?«, fragte ich. »Wir wissen nicht genau, wohin wir müssen.«
    »Das überrascht mich kaum«, gab ich zurück, während ich mich an die vage gehaltenen Briefe von Matthew zu erinnern suchte. Ich bemühte mich, nicht mürrisch oder aufgeblasen zu klingen. »Seine Briefe wurden, wenn ich es recht verstanden habe, alle zusammen in einem Päckchen aus Mexico City abgeschickt, als ihr auf dem Weg nach Hause wart.« Sie nickte.
    »Aber was ist mit der Karte, die Onkel Vervain dir gab? Ich weiß, sie enthält keine Namen, aber als du sie in die Hand nahmst spürtest du da etwas?«
    »Nein, da war nichts«, sagte sie und lächelte bitter. Lange Zeit schwieg sie. Dann zeigte sie auf den Altar. Erst da sah ich die dünne Pergamentrolle mit dem schwarzen Band darum, die neben dem Bild von Onkel Vervain lag.
    »Jemand hat Matthew geholfen, dorthin zu finden«, sagte sie mit fremder, fast hohl klingender Stimme. »Er hat es nicht an Hand der Karten oder auf eigene Faust herausgefunden.«
    »Du sprichst von Hexerei«, sagte ich.
    »Und du klingst wie ein Großinquisitor«, antwortete sie. Ihre Augen blickten immer noch sehr distanziert, ihr Gesicht zeigte keine Gefühle, ihre Stimme war tonlos. »Er hatte Cold Sandra als Hilfe. Sie hatte Dinge von Onkel Vervain erfahren, vo n denen ich nichts weiß. Cold Sandra kannte die Lage des Ortes. Und Honey in the Sunshine auch. Sie war sechs

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