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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Autorität gegen sie ausspielen konnte. Und es überraschte mich keineswegs, als sie ihr Glas gegen die ganze Rumflasche eintauschte und damit in die Zimmermitte trat. Erst da sah ich, dass dort kein Teppich lag. Ihre nackten Füße bewegten sich ge räuschlos über den gebohnerten Boden, und sie begann, die Fla sche mit der rechten Hand fest an die Brust gedrückt, sich mit zurückgeworfenem Kopf summend im Kreis zu drehen. Ich drückte mich gegen die Wand.
    Unaufhörlich wirbelte sie herum, so dass der violette Baumwollrock flog und der Rum aus der Flasche geschleudert wurde. Sie beachtete den verschütteten Alkohol nicht. Für einen Moment wurde sie langsamer, um einen tiefen Zug aus der Flasche zu nehmen, und dann drehte sie sich abermals so schnell im Kreis, dass ihr der Rock gegen die Beine schlug.
    In dem Augenblick, als sie sich dem Altar gegenüber sah, hielt sie abrupt inne und sprühte den Rum zwischen ihren Zähnen hindurch in einem feinen Nebel auf die erwartungsvollen Heiligenfiguren.
    Ein schriller Klagelaut drängte zwischen ihren aufeinander gepressten Zähnen hervor, während sie immer mehr Rum versprühte. Dann begann sie aufs Neue zu tanzen, stampfte mit den Füßen auf und murmelte vor sich hin, doch ich verstand weder die Worte noch die Sprache. Das Haar fiel ihr wirr ins Gesicht. Wieder ein Schluck aus der Flasche, wieder der Sprühnebel aus Rum, so dass die Kerzenflammen zischten und tanzten, als die winzigen Tröpfchen hindurchflogen und sich entzündeten.
    Plötzlich schleuderte Merrick einen ganzen Strahl Rum über die Kerzenreihen, und vor den Heiligen schossen die Flammen gefährlich hoch. Gott sei Dank erlo sch das Feuer wieder. Mit zurückgeworfenem Kopf kreischte Merrick französische Worte zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor: »Honey, ich war es! Honey, ich war es! Honey, ich war es!« Als sie sich mit gebeugten Knien im Kreis drehte und ihre Füße im Tanz dröhnend über den Boden stampften, schien der Raum zu erzittern.
    »Honey, ich habe euch mit einem Fluch belegt, dich und Cold Sandra!«, kreischte sie. »Honey, ich war es!« Ohne die Flasche loszulassen, stürzte sie sich plötzlich auf den Altar, riss mit der linken Hand das grüne Jademesser an sich und zog damit einen langen Schnitt über ihren rechten Arm. Ich keuchte auf. Wie kann ich sie nur aufhalten, dachte ich panisch, was kann ich tun, ohne dass sie vor Wut ausrastet? Das Blut rann ihr über den Arm, und sie neigte den Kopf und leckte darüber, trank von dem Rum und versprühte die Opfergabe abermals über die geduldigen Heiligen. Ich sah das Blut über ihre Hand auf ihren Knöchel fließen - viel Blut, obwohl die Wunde nur oberflächlich war. Wieder hob sie das Messer. »Honey, ich habe euch beiden das angetan! Ich habe euch getötet, ich habe euch mit dem Fluch belegt!«, schrie sie.
    Als sie zu einem weiteren Schnitt ansetzte, beschloss ich, sie daran zu hindern. Aber ich konnte mich nicht rühren. Gott ist mein Zeuge, ich konnte mich einfach nicht bewegen. Ich stand wie angewurzelt. Ich mühte mich aus tiefster Kraft, diese Lähmung zu überwinden, aber es war zwecklos. Ich konnte nichts tun, als sie anzuschreien: »Hör auf, Merrick!« Quer über dem ersten Schnitt ritzte sie ein zweites Mal in die Haut, und wieder floss das Blut.
    »Honey, komm her, Honey, bring mir deine Wut, bring mir deinen Hass, Honey, ich habe dich getötet, Honey, ich habe Puppen gemacht, von dir und Sandra, Honey, in jener Nacht, als ihr fortgingt, habe ich sie im Graben ertränkt. Honey, ich habe dich getötet, ich habe euch in das Sumpfwasser geschickt, Honey, ich war es!«, kreischte Merrick.
    »Um Himmels willen, Merrick, hör auf!«, rief ich. Dann begann ich mit einem Mal, wie verrückt zu Oxalá zu beten, denn ich konnte es nicht mit ansehen, wie sie sich abermals einen Schnitt beibrachte.
    »Gib mir die Macht, sie aufzuhalten, gib mir die Macht, sie davon abzubringen, ehe sie sich etwas antut, gib mir die Macht, ich bitte dich, Oxalá, ich bin dein getreuer David, gib mir die Macht.« Ich schloss die Augen. Der Boden unter mir bebte.
    Plötzlich endete der Lärm, ihr Schreien, das Stampfen ihrer bloßen Füße waren vorbei.
    Ich fühlte, wie sie sich gegen mich drückte. Ich schlug die Augen auf. Merrick hatte sich in meine Arme geflüchtet, und wir starrten beide zur Tür, die unbestreitbar offen stand, und auf die Gestalt, die ihren Rücken dem Lichtstrom aus der Diele zuwandte. Es war ein anmutiges junges Mädchen

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