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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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nach dem englischen Gelehrten ab, indem ich alle möglichen Palazzi forschend mit der Gabe des Geistes erkundete.
    Schließlich fand ich ihn, allerdings in einer sehr bescheidenen Unterkunft weit weg von den riesigen Palästen beim Canal Grande. Vom Dach aus ging ich die Stufen zu seinem Zimmer hinab und klopfte an die Tür.
    »Mach auf, Raymond Gallant«, sagte ich, »ich bin’s, Marius! Ich will dir nichts antun!«
    Keine Antwort. Aber ich wusste, dass ich ihm einen ziemlichen Schrecken eingejagt hatte.
    »Raymond Gallant! Ich kann auch die Tür aufbrechen, aber dazu habe ich kein Recht. Mach bitte auf!«
    Endlich öffnete er, und als ich eintrat, stellte ich fest, dass er in einer kleinen Kammer mit ziemlich feuchten Wänden hauste. Zwischen einem Koffer und einem Berg Kleidungsstücke stand ein schäbiger Schreibtisch. An der Wand lehnte ein kleines Gemälde, das von mir stammte und das ich zugegebenermaßen vor ein paar Monaten direkt nach dem Malen fortgetan hatte. Allerdings brannten überall Kerzen, was hieß, dass er mich ganz gut sehen konnte. Er schreckte vor mir zurück wie ein furchtsames Kind.
    »Raymond Gallant, ich muss etwas von dir erfahren«, sagte ich unumwunden, sowohl, weil ich eine schnelle Antwort wollte, als auch, um ihn zu beruhigen.
    »Ich werde mir die größte Mühe geben«, antwortete er mit bebender Stimme. »Was könntest du von mir wissen wollen?«
    »Das ist doch sicher nicht so schwer vorzustellen«, entgegnete ich. Ich suchte nach einer Sitzmöglichkeit, fand aber keinen freien Platz. »Du sagtest, ihr hättet schon immer gewusst, dass es Wesen wie mich gibt.«
    »Ja«, sagte er. Er zitterte heftig. »Ich… ich war gerade dabei, mich zum Aufbruch zu rüsten«, sagte er ungefragt, »wie du mir geraten hast.«
    »Ja, das sehe ich, und ich danke dir dafür. Aber nun meine Frage…« Als ich jetzt fortfuhr, sprach ich sehr langsam. »Während all deiner Studien, hast du da je von einer Bluttrinkerin gehört, einem weiblichen Vampir, wie ihr es nennt – eine Frau mit langem, welligem Haar… ziemlich groß und mit herrlicher Figur, eine Frau, die nicht im Frühling ihres Lebens zum Vampir wurde, sondern in ihrer höchsten Blüte… eine Frau mit raschem Blick, die nachts allein durch die Straßen zieht.«
    Er war ziemlich beeindruckt und wandte einen Moment die Augen ab, ließ die Worte sinken, dann schaute er mich wieder an.
    »Pandora«, sagte er.
    Ich zuckte zusammen. Ich konnte es nicht verhindern. Ich konnte ihm nicht den über alles erhabenen Mann vorspielen. Es war wie einen Schlag vor die Brust.
    Ich war so überwältigt, dass ich mich ein paar Schritte von ihm entfernte und ihm den Rücken zukehrte, damit er mein Gesicht nicht sehen konnte. Er kannte sogar ihren Namen!
    Schließlich drehte ich mich zu ihm um.
    »Was weißt du von ihr?«, fragte ich. Und als er antwortete, forschte ich in seinem Geist nach der Wahrheit jedes einzelnen Wortes.
    »Wo das alte Antiochia stand, da fanden wir die Worte«, sagte er. »›Pandora und Marius, Bluttrinker, weilten einst in glücklichen Tagen als Paar in diesem Hause.‹«
    Ich war nicht fähig zu antworten. Aber das war ja nur die Vergangenheit, die bittere, traurige Vergangenheit, in der ich Pandora im Stich gelassen hatte. Und sie, von Schmerz erfüllt, musste diese Worte in den Stein geritzt haben. Dass er und seine gelehrten Brüder eine solche Spur gefunden hatten, erzeugte in mir Demut und Respekt ihnen gegenüber.
    »Aber heute«, meinte ich, »wisst ihr etwas über sie, was sich aufs Heute bezieht? Wann habt ihr das erste Mal von ihr erfahren? Du musst mir alles erzählen.«
    »Ein paar von uns behaupten, sie hätten sie im nördlichen Europa gesehen«, sagte er. Seine Stimme kräftigte sich langsam, aber er hatte immer noch große Angst. »Und einmal kam ein junger Vampir, ein junger Bluttrinker, zu uns, einer von denen, die die Umwandlung nicht ertragen können…«
    »Ja, sprich weiter«, drängte ich. »Ich weiß schon. Du beleidigst mich nicht mit solchen Worten. Fahr bitte fort.«
    »Dieser junge Vampir kam zu uns, weil er hoffte, wir wüssten von einem Zauber, der die Verwandlung durch Das Blut umkehrt, sodass er sein sterbliches Leben und seine unsterbliche Seele zurückerlangen könnte…«
    »Ja, und der sprach von ihr? Willst du das sagen?«
    »Genau! Er wusste alles über sie. Von ihm haben wir ihren Namen. Er nannte sie eine Göttin unter den Vampiren. Aber sie hatte ihn nicht umgewandelt. Es war eher so, dass sie

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