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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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goldenen Kerzenhaltern und hübschen Truhen mit Samtüberwürfen. Es war ein Fest für meine Augen, und ich wollte mich gerade setzen, als ein lebhafter alter Mann mit wehendem grauem Haar in den Raum gefegt kam. Er trug ein langes weißes Nachtgewand aus dickem Stoff und schaute mich mit blitzenden grauen Augen an, dann rief er: »Marius!«
    Es war Raymond Gallant, ja, allerdings ein sehr betagter Raymond Gallant, und mich durchführen gleichzeitig Schmerz und Freude, als ich ihn ansah.
    »Raymond«, sagte ich, breitete die Arme aus und umarmte ihn sanft. Wie zerbrechlich er sich anfühlte. Ich küsste ihn auf beide Wangen. Dann schob ich ihn ein wenig zurück, damit ich ihn betrachten konnte. Sein Haar war noch dicht und seine Stirn glatt wie einst, vor so langer Zeit. Und als er lächelte, war sein Mund der des jungen Mannes, an den ich mich so gut erinnerte.
    »Marius, es ist wie ein Wunder, dich zu sehen!«, rief er. »Warum hast du nie geschrieben?«
    »Raymond, ich bin hergekommen. Ich halte die Zeit nicht nach, sie hat für uns eine andere Bedeutung. Aber ich bin gekommen, ich bin hier, und ich bin froh, dass du hier bist.« Er hielt inne, drehte sich plötzlich erst nach rechts, dann nach links und neigte den Kopf leicht. Er wirkte so beweglich und flink wie früher. Jetzt lauschte er.
    »Sie wissen alle, dass du hier bist«, sagte er, »aber mach dir keine Sorgen. Sie werden sich nicht hier hereinwagen. Dazu sind sie zu diszipliniert. Sie wissen, dass ich es nicht erlauben würde.« Ich lauschte ebenfalls kurz und fand sein Worte bestätigt. Im ganzen weiten Gebäude hatten Sterbliche meine Gegenwart gespürt. Unter diesen Sterblichen hier gab es Gedankenleser. Andere schienen ein besonders scharfes Gehör zu besitzen. Aber ich spürte nichts von dem übernatürlichen Abtrünnigen, von dem er mir in seinem Brief geschrieben hatte. Hier existierte nichts Bedrohliches. Trotzdem prägte ich mir ein, wo das nächste Fenster war, und als ich bemerkte, dass es mit schweren Gitterstäben versehen war, aber ansonsten die Nachtluft einließ, fragte ich mich, ob ich es wohl leicht aufbrechen könnte. Ich vermutete, dass es mir keine Probleme bereiten sollte. Aber ich hatte keine Angst. Ich hatte wirklich keine Angst vor dieser Talamasca, da sie auch mich nicht zu fürchten schienen und mich so arglos eingelassen hatten.
    »Komm, setz dich zu mir«, sagte Raymond, wobei er mich zu einer großen Feuerstelle zog. Ich versuchte zu verbergen, wie schmerzlich mich der Anblick seiner zittrigen Hände und mageren Schultern berührte. Ich dankte den Göttern, dass ich hergefunden hatte und dass es ihn noch gab und er mich begrüßen konnte. Er rief nach dem schläfrigen Jungen, der an der Tür gewartet hatte: »Edgar, mach doch bitte Feuer!« Und an mich gewandt sagte er: »Du musst verzeihen, Marius, aber ich friere. Stört dich das Feuer? Nach dem, was dir zugestoßen ist.«
    »Nein, überhaupt nicht, Raymond«, sagte ich. »Ich kann schließlich nicht deshalb für den Rest meines Lebens das Feuer fürchten. Und ich bin nicht nur inzwischen gesundet, ich bin auch stärker denn je. Und du, wie alt bist du jetzt? Sag es mir, Raymond, ich kann es nicht raten.«
    »Ich bin achtzig, Marius«, sagte er lächelnd. »Du weißt gar nicht, wie oft ich davon geträumt habe, dass du kommst. Ich hatte so viel mehr zu erzählen, doch ich wagte es nicht einem Brief anzuvertrauen.«
    »Und damit hattest du Recht«, erklärte ich, »denn jemand las deinen Brief, und wer weiß, was noch geschehen wäre? In diesem Falle konnte der Priester, der ihn für mich angenommen hatte, nicht viel damit anfangen. Ich verstand jedoch alles.« Raymond wies zur Tür, durch die jetzt gleich zwei junge Männer eintraten, die, so fand ich, mit dem eifrigen Edgar auf einer Stufe standen, der gerade das Holz im Kamin aufschichtete. In den steinernen Kaminaufsatz waren reich verschnörkelte fratzenhafte Gestalten reliefartig eingearbeitet. Sie gefielen mir recht gut.
    »Zwei Stühle«, sagte Raymond zu den beiden Neuankömmlingen. »Wir reden jetzt, und ich erzähle dir alles, was ich weiß.«
    »Warum bist du so großmütig, Raymond?«, fragte ich. Ich hätte ihn gerne beruhigt, seine Aufregung etwas gedämpft. Aber ich wusste, dass das nicht nötig war, als ich sah, wie er mich seinerseits beruhigend anlächelte, mir sanft die Hand auf den Arm legte und mich zu den hölzernen Lehnstühlen schob, die die Jungen an den Kamin gestellt hatten.
    »Ich bin nur ganz

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