Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
sind Unsterbliche, ja, wir haben unser Königliches Paar, aber wir dürfen nicht einen Augenblick glauben, dass wir sie verstehen.«
Sie stimmte all dem eifrig nickend zu. Sie wog lange Zeit ab, und dann sagte sie schließlich:
»Ich hatte einfach Unrecht mit dem, was ich sagte.«
»Nein, nicht mit allem«, entgegnete ich. »Wenn Amadeo das Königliche Paar einmal gesehen hätte, wäre er vielleicht von den römischen Bluttrinkern losgekommen, hätte ihnen entkommen und zu uns zurückfinden können. Aber es gibt auch eine andere Betrachtungsweise.«
»Ja? Sag’s mir.«
»Wenn er das Geheimnis gekannt hätte, wäre er vielleicht gezwungen worden, es Santino zu enthüllen, und die Dämonen wären, um mich zu suchen, nach Venedig zurückgekehrt. Dann hätten sie vielleicht auch uns beide gefunden.«
»Ja, das ist richtig«, sagte sie. »Langsam verstehe ich alles.« Wir gingen hier in der Schenke ganz unbeschwert miteinander um. Die Sterblichen beachteten uns gar nicht. Ich fuhr mit leiser Stimme fort und erzählte ihr, wie Mael einst – mit meiner Zustimmung – versucht hatte, von Der Mutter zu trinken, und wie Enkil ihn hatte aufhalten wollen. Eigentlich erzählte ich ihr alles – die traurige Geschichte von Eudoxia und wie ich danach aus Konstantinopel fortgegangen war.
»Ich weiß nicht, woran es liegt, meine Liebste, aber ich kann dir alles erzählen«, sagte ich ihr. »Mit Pandora war das nicht so. Und auch nicht mit Amadeo.«
Sie schmiegte ihre Hand gegen meine Wange und sagte: »Marius, du kannst ruhig offen über Pandora reden. Denk bitte nie, ich hätte kein Verständnis für deine Liebe zu Pandora.« Darüber dachte ich lange nach. Dann griff ich nach ihrer Rechten und küsste ihre Finger.
»Weißt du, meine Liebste«, sagte ich, »mit jeder neuen Bitte an Die Königin erflehe ich ihre Erlaubnis, dich von ihr trinken zu lassen. Aber sie antwortet nicht. Und nach dem, was bei Eudoxia und Mael geschehen ist, kann ich dich nicht einfach zu ihr schicken. Also werde ich dir weiterhin mein Blut geben, damit du Kraft gewinnst, aber…«
»Ich verstehe schon«, sagte sie. Ich beugte mich über den Tisch und küsste sie.
»Letzte Nacht in meiner Wut habe ich eine Menge gelernt«, sagte ich. »Dazu gehört, dass ich nicht ohne dich sein kann. Aber noch etwas anderes: nämlich, dass ich jetzt mit Leichtigkeit große Entfernungen zurücklegen kann. Und ich vermute, dass auch meine anderen Fähigkeiten gewachsen sind. Ich muss diese Kräfte erproben. Ich muss wissen, ob ich diese Dämonen jetzt wirklich mühelos schlagen könnte, wenn sie sich je in meine Nähe wagen sollten. Und heute Nacht möchte ich vor allem die Gabe der Lüfte erproben.«
»Das heißt also, dass du mich jetzt zum Schrein zurückbringen und dich dann auf den Weg nach England machen willst.« Ich nickte.
»Heute Nacht ist Vollmond, Bianca. Ich brauche das Mondlicht, um die britische Insel erkennen zu können. Ich muss diesen Orden der Talamasca mit eigenen Augen untersuchen. Ich kann kaum glauben, dass ihre Beweggründe so rein sind.«
»Warum nimmst du mich nicht mit?«
»Ich muss sehr schnell sein«, erklärte ich. »Und wenn es doch gefährlich werden sollte, muss ich noch viel schneller sein, um entkommen zu können. Immerhin sind es Sterbliche, und Raymond Gallant ist nur einer davon.«
»Dann sei bitte vorsichtig, meine Liebster«, sagte sie. »Du weißt nun umso besser, dass ich dich anbete.«
Also sah es so aus, als würde es nie wieder Streit geben, als wäre das ganz unmöglich. Und es schien ungeheuer wichtig, dass ich sie nie wieder verlöre. Nachdem wir in die Nacht hinausgegangen waren, hüllte ich sie in meinen Umhang, und als ich sie mit mir in die Wolken hinaufnahm, um sie heimzubringen, drückte ich meine Lippen auf ihre Stirn. Es fehlten noch zwei Stunden bis Mitternacht, als ich sie im Schrein absetzte, und ich hatte vor, noch vor dem Morgen bei Raymond Gallant zu sein. Nun lag unser Treffen in Venedig lange Zeit zurück. Damals war er ein junger Mann gewesen, und vielleicht in mittlerem Alter, als ich ihm meinen Brief schrieb. Deshalb kam mir, während ich unterwegs war, der Gedanke, dass er möglicherweise gar nicht mehr lebte. Das war in der Tat eine schreckliche Vorstellung. Aber ich glaubte, was er mir über die Talamasca erzählt hatte, und so blieb ich bei meiner Entscheidung, mich an sie zu wenden. Wie ich da unter den Sternen dahinschwebte, war ich so hingerissen von der Gabe der Lüfte, dass ich mich
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