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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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deshalb bitte ich dich, lass mich gehen, Marius, sag mir Lebwohl und versprich mir, dass du der Zeit trotzen wirst, und ich gebe dir das gleiche Versprechen.«
    »Das ist deine Rache, nicht wahr?«, fragte ich ruhig. »Du warst mein Kind, und innerhalb von zweihundert Jahren verließ ich dich. Und deshalb erklärst du mir nun, dass du es mit Arjun nicht so machen wirst.«
    »Nein, mein schöner Marius, es ist nicht Rache, es ist nur die Wahrheit. Geh jetzt.« Sie lächelte bitter. »Oh, welch ein Geschenk war diese Nacht für mich – dass ich dich gesehen habe und du lebst. Diese Nacht wird mir für Jahrhunderte Kraft geben.«
    »Sie wird dich mir nehmen«, sagte ich und nickte. Aber dann spürte ich überraschend ihre Lippen auf den meinen. Sie küsste mich glühend, und dann spürte ich, wie ihre kleinen, scharfen Zähne sich in meine Kehle gruben. Ich stand wie erstarrt, ließ sie trinken, fühlte das Ziehen in meinem Herzen und sah in meinem Geist die Bilder, sah den finsteren Wald, den sie und ihr Begleiter so oft durchquert hatten, und ich wusste nicht, ob es meine oder ihre Vision war.
    Sie trank und trank, als ob sie am Verhungern wäre, und ich weckte bewusst in meinem Geist die Bilder des üppigen Gartens, der mein liebster Traum war, und ich zeigte ihr darin uns beide zusammen. Ich war nur noch Verlangen, in jeder Faser fühlte ich den Sog, als sie trank und trank, und ich widerstand nicht. Ich war ihr Opfer. Ich wahrte keine Vorsicht.
    Anscheinend stand ich nicht mehr auf den Füßen, ich musste gefallen sein, aber es kümmerte mich nicht. Dann waren da ihre Hände an meinen Armen, und ich wusste, ich stand aufrecht. Sie zog sich zurück, und mit verschwommenem Blick sah ich, dass sie mich anschaute. Ihr üppiges Haar hing ihr über die Schultern herab.
    »So starkes Blut«, flüsterte sie. »Mein Kind der Jahrtausende…« Von ihr hörte ich zum ersten Mal diesen Namen für jene von uns, die so lange überlebt haben, und es bezauberte mich ein wenig. Ich war völlig ausgelaugt, so heftig hatte sie getrunken, aber was sollte es schon! Ich hätte ihr alles gegeben. Ich versuchte, wieder festen Stand zu finden und meinen Blick zu klären. Pandora war von mir entfernt auf der anderen Seite des Zimmers.
    »Was sahst du, als du trankst?«, hauchte ich. »Deine reine Liebe«, antwortete sie.
    »Hattest du je Zweifel daran?«, fragte ich. Meine Kräfte kehrten langsam wieder zurück. Ihr Gesicht strahlte rosig von dem Blut, und ihre Augen hatten dieses Feuer, wie immer, wenn wir gestritten hatten.
    »Nein, nie. Aber du musst jetzt gehen.« Ich schwieg.
    »Mach schon, ich kann es sonst nicht ertragen.« Ich starrte sie an, als wäre sie ein wildes Tier aus den Wäldern, und das schien sie wirklich zu sein, diese Frau, die ich mit ganzem Herzen liebte.
    Und wieder einmal wusste ich, dass es vorbei war. Ich ging. In der großen Eingangshalle des Hauses blieb ich wie gelähmt stehen. In einer Ecke stand Arjun und schaute mich an.
    »Es tut mir so Leid, Marius«, sagte er, als ob er es wirklich meinte. Ich sah ihn an und fragte mich, ob mich etwas so in Wut bringen könnte, dass ich ihn tötete. Dann müsste sie bei mir bleiben. Ach, dieser Gedanke schoss wie ein Feuerstrahl durch meinen Kopf. Doch ich wusste, sie würde mich dafür abgrundtief hassen. Ich würde mich selbst hassen, denn was hatte ich gegen ihn, der ja nicht der abscheuliche Tyrann war, wie ich gedacht hatte, sondern ihr Kind! – Ein Zögling von vielleicht fünfhundert Jahren, vielleicht auch jünger; sehr lange hatte er Das Blut noch nicht, und er liebte sie zutiefst.
    Im Grunde lag mir diese Tat fern. Und wie nobel musste er sein, wenn er diese Gedanken offen in meinem verzweifelten Geist lesen konnte und mir doch in so gefasster Haltung standhielt.
    »Warum müssen wir uns trennen?«, flüsterte ich. Er zuckte mit den Schultern, und seine Hände vollführten eine beredte Geste, wobei er sagte: »Ich weiß nicht, sie will es eben so. Sie ist es, die ständig vorwärts drängt, sie zeichnet die Reiseroute in die Karten ein, sie schlägt die Kreise, in denen wir uns bewegen. Mal ist Dresden der Mittelpunkt unserer Wanderungen, mal eine andere Stadt, wie Paris oder Rom. Sie treibt uns weiter. Sie! Und was kann ich sagen, Marius, außer, dass es mir Vergnügen bereitet.« Ich ging zu ihm, und er versteifte sich eine Sekunde, da er dachte, ich wolle ihm etwas antun. Doch ehe er sich rühren konnte, umfasste ich sein Handgelenk. Ich betrachtete ihn

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