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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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darfst mich nicht verlassen!« Ich wandte mich ab. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war so fremd, so seltsam; es war unerträglich.
    Und dann saß ich im Dunkel der Kutsche und hörte, wie sie die Tür öffnete, hörte ihre schnellen Schritte auf dem Pflaster, und fort war sie. Meine Pandora, sie war fort, sie hatte mich verlassen. Ich weiß nicht, wie lange ich wartete. Nicht ganz eine Stunde vielleicht. Ich war zu betrübt, zu sehr in mein Elend vertieft, ich hatte keine Lust, ihren Gefährten zu sehen, und den Gedanken, an ihre Tür zu hämmern, fand ich doch zu demütigend. Und wirklich, ganz ehrlich, sie hatte mich überzeugt. Sie wollte nicht bei mir bleiben. Ich wollte meinem Kutscher gerade sagen, dass er mich heimbringen solle, als ich es hörte: Drinnen im Haus kreischte Pandora und schrie und warf mit Gegenständen um sich. Mehr war nicht nötig, um mich aufzurütteln. Ich sprang aus dem Wagen und rannte zu ihrer Haustür. Den sterblichen Dienern schleuderte ich einen bösen Blick entgegen, der sie lähmte, und riss eigenhändig die Türen auf. Ich hastete die Marmorstufen hinauf und fand Pandora, wie sie einer Wahnsinnigen gleich auf die Wände einschlug und die Spiegel mit den Fäusten traktierte. Sie vergoss blutige Tränen und bebte am ganzen Körper. Überall lagen Scherben. Ich fasste ihre Handgelenke, diesmal aber ganz sanft.
    »Bleib bei mir«, sagte ich, »bleib bei mir!«
    Plötzlich spürte ich hinter mir die Gegenwart Arjuns. Ich hörte seine bedächtigen Schritte, und dann trat er in den Raum. Pandora war erschöpft gegen meine Brust gesunken. Sie zitterte heftig.
    »Keine Sorge«, sagte er in dem gleichen ruhigen Ton, in dem er vorher in der Residenz des Herzogs mit mir gesprochen hatte. »Wir können ganz höflich über all dies sprechen. Ich bin kein Wilder, der Spaß an Zerstörung findet.«
    Allem Anschein nach war er mit seinem Spitzentuch und den hochhackigen Schuhen der perfekte Edelmann. Er sah sich um, betrachtete die Spiegelscherben auf dem kostbaren Teppich und schüttelte den Kopf.
    »Dann lass mich mit ihr allein«, sagte ich.
    »Ist das dein Wunsch, Pandora?«, fragte er. Sie nickte und sagte: »Für einen Moment, mein Liebling.« Sobald er das Zimmer verlassen und die Flügeltüren hinter sich geschlossen hatte, streichelte ich Pandoras Haar und küsste sie abermals.
    »Ich kann ihn nicht verlassen«, gestand sie.
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich ihm Das Blut gab«, war die Antwort. »Er ist mein Sohn, mein Gemahl, mein Hüter.«
    Das überraschte mich! Darauf wäre ich nie gekommen! Die ganzen Jahre über hatte ich gedacht, er wäre ein Tyrann, der sie in seiner Gewalt hatte.
    »Ich gab ihm Das Blut, damit er sich um mich kümmert«, sagte sie. »Ich traf ihn in Indien, wo ich von den paar Leuten, die mich gesehen hatten, wie eine Göttin verehrt wurde. Ich nahm ihn mit und lehrte ihn europäische Sitten. Ich überließ ihm die Verantwortung für mich, damit er meine Schwäche und meine Verzweiflung im Zaum hielte. Und sein Hunger nach Leben, der ist es, der uns beide in Gang hält. Ohne das läge ich vielleicht schon seit Jahrhunderten träge in einem unterirdischen Grab.«
    »Nun gut«, sagte ich, »er ist dein Kind. Das verstehe ich. Aber, Pandora, du gehörst mir! Du bist mein, ich besitze dich endlich wieder. Ach, verzeih, verzeih diese groben Worte, verzeih das Wort ›besitzen‹. Was ich sagen will? Ich will sagen, dass ich dich nicht verlieren darf.«
    »Ich weiß, was du meinst«, antwortete sie, »aber schau, ich kann ihn nicht wegschicken. Er hat das, was ich von ihm erbeten habe, viel zu gut gemacht, und er liebt mich. Und unter deinem Dach kann er nicht leben, Marius. Ich kenne dich nur zu gut. Wo Marius lebt, herrscht Marius. Du würdest es nie dulden, dass ein Mann wie Arjun meinetwegen oder aus anderen Gründen in deinem Haus lebte.«
    Ich war so tief gekränkt, dass ich einen Augenblick nicht antworten konnte. Ich schüttelte den Kopf, wie um ihre Worte zu leugnen, aber in Wahrheit wusste ich nicht, ob sie vielleicht Recht hatte. Ich hatte immer, immer nur den Gedanken gehabt, Arjun zu töten.
    »Du kannst es nicht leugnen«, sagte sie leise. »Arjun ist zu stark, zu eigenwillig, und er war zu lange sein eigener Herr.«
    »Es muss doch eine Lösung geben«, flehte ich.
    »Sicher wird Arjun eines Nachts spüren, dass es Zeit ist, sich von mir zu trennen«, sagte sie. »Und das Gleiche gilt auch für dich und Bianca. Aber noch ist die Zeit nicht reif. Und

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