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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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für sich genommen hatte. Warum immer die schwachen, blutenden Augen eines Sterblichen? Sie erklärte mir, dass sie nie einem Bluttrinker begegnet wäre, den sie hätte verletzen oder töten wollen, sieht man von der Bösen Königin ab, und deren Augen zu nehmen, brachte sie nicht über sich. Davon hielt sie der nackte Hass ab.«
    Thorne dachte lange darüber nach, ohne etwas zu entgegnen. »Immer sterbliche Augen«, flüsterte er.
    »Und solange diese Augen funktionieren, sieht sie mehr damit, als du und ich je sehen können«, sagte Marius.
    »Ja«, sagte Thorne, »ich weiß, was du meinst.«
    »Ich möchte die Kraft haben, noch älter zu werden«, sagte Marius, »ich möchte Wunder rings um mich wahrnehmen, wie ich es stets konnte. Wenn ich das nicht mehr kann, verliere ich die Kraft, weiterzumachen, und das frisst im Moment an mir. Der Tod hat seine Hand auf meiner Schulter liegen. Der Tod ist zu mir gekommen in der Form von Enttäuschung und der Furcht vor Verachtung.«
    »Das kann ich verstehen, sehr gut sogar«, sagte Thorne. »Als ich hoch in den Norden, in den Schnee, ging, wollte ich vor ebendiesen Dingen fliehen. Ich wollte sterben und auch wieder nicht, wie so viele Sterbliche. Ich glaube, ich rechnete nicht damit, dass ich in Eis und Schnee bestehen könnte. Ich dachte, es würde mich verschlingen, würde mich in einen Eisblock verwandeln, wie es Sterblichen dort geschieht. Aber das trat nicht ein. Und was den Schmerz angeht, den die Kälte verursachte, so gewöhnte ich mich einfach daran, als wäre es mein täglich Brot, als hätte ich kein Recht auf etwas anderes. Aber es war der Schmerz in mir, der mich überhaupt dorthin trieb, und deshalb verstehe ich dich so gut. Du würdest lieber den Schmerz bekämpfen als einen Rückzug zu machen.«
    »Ja, das stimmt«, gab Marius zu. »Als die Königin sich aus ihrem unterirdischen Schrein erhob, ließ sie mich gleichgültig unter dem Eis begraben zurück. Andere Bluttrinker kamen zu meiner Rettung und brachten mich an den Ratstisch, wo wir versuchten, sie mit Vernunft zu überzeugen. Vor diesem Ereignis hätte ich mir nicht vorstellen können, dass die Königin mich derart gering schätzt, mich derart verletzt. Ich hätte mir nicht vorstellen können, selbst so geduldig zu sein und vergeben zu können. Aber an diesem Tisch ereilte Akasha ihre Vernichtung. Die Beleidigung, die sie mir zugefügt hatte, wurde endgültig und tödlich gerächt. Dieses Geschöpf, das ich zweitausend Jahre lang bewacht hatte, war von mir gegangen. Meine Königin war von mir gegangen…
    Und jetzt endlich bin ich in der Lage, mein Leben im Zusammenhang zu sehen, und darin ist meine schöne Königin nur ein Teil, so grausam sie auch mir gegenüber war. Ich kann jetzt jedes meiner Erlebnisse einzeln betrachten. Ich kann unter diesen Erlebnissen wählen.«
    »Dann erzähl sie mir, diese Erlebnisse«, sagte Thorne. »Ich tauche in deine Worte ein wie in lindes Wasser. Sie geben mir Trost. Mich hungert nach deinen Bildern. Mich hungert nach allem, was du sagen wirst.« Marius überlegte.
    »Dann lass mich den Versuch wagen. Wie Geschichten es immer tun, sollen auch meine dich von deinen düsteren Träumen und finsteren Wanderungen abbringen. Sie sollen dich hier bei mir festhalten.« Thorne lächelte. »Ja«, sagte er, »ich vertraue dir. Fang an.«

 
     
     

     
DIE GESCHICHTE

 
     
     
5
     
    I ch erzählte dir ja schon, dass ich zur Zeit der Römer geboren wurde, während der Herrschaft des Augustus, als das Römische Reich groß und mächtig war, wenn es auch durch die Barbarenstämme aus dem Norden, die es später überrennen würden, schon lange in heftige Kämpfe verwickelt wurde. Europa, das war eine Welt, die sich aus mächtigen Großstädten zusammensetzte, so wie auch heute noch.
    Was mich anging, so war ich, wie gesagt, den Büchern zugeneigt, und es war mein persönliches Pech, dass ich aus meiner Sphäre gerissen wurde und in den Dunstkreis der Druiden geriet, wo man mich einem Bluttrinker auslieferte, der sich selbst für einen dem Heiligen Hain geweihten Gott hielt. Er gab mir nichts anderes als Aberglauben mit auf den Weg, als er mir das Blut der Finsternis gab.
    Dann nach Ägypten zu reisen, um Die Mutter zu finden, das tat ich um meinetwillen. Was wäre denn, wenn dieses Feuer wiederkehrte, das mir der verkohlte, schmerzgeplagte Gott beschrieben hatte?
    Nun, ich fand das Göttliche Paar, und ich raubte es denen, die lange Zeit ihre Hüter gewesen waren. Und das tat

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