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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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war, immer mehr außer sich.
    Und eines Nachts schleuderte sie mir im Eifer des Gefechts eine impertinente Bemerkung entgegen: »Ich wünschte, ich wäre sie los, und dich gleich mit!«
    Dann verließ sie das Haus und kehrte die nächsten beiden Nächte nicht zurück.
    Wie du siehst, spielte sie mit mir lediglich das gleiche Spiel, das ich mit ihr gespielt hatte. Sie weigerte sich, meine Sturheit wahrzunehmen. Aber sie konnte nicht verstehen, wie verzweifelt ich ihre Gegenwart und selbst ihr vergebliches Flehen brauchte. Ach, es war so beschämend egoistisch von mir. Das ganze Elend wäre nicht notwendig gewesen, aber da ich so schrecklich wütend auf sie war, tat ich den unwiderruflichen Schritt und bereitete meine Abreise aus Antiochia vor, die am helllichten Tage vonstatten gehen sollte.
    Um meine dienstbaren Geister nicht zu verstören, gab ich beim Licht einer einzelnen trüben Lampe den Befehl, dass ich und Jene, die bewahrt werden müssen in drei gewaltig großen Sarkophagen auf dem Seeweg nach Rom verschifft werden sollten. Ich ließ Pandora im Stich. Meinen ganzen Besitz nahm ich mit mir und ließ ihr die leere Villa, nur ihre eigenen Besitztümer nachlässig darin verstreut. Ich verließ das einzige Wesen auf der Welt, das Nachsicht mit mir übte, das mich verstehen konnte und immer verstanden hatte, gleichgültig, wie heftig wir auch gestritten hatten. Ich verließ das einzige Wesen, das wusste, was ich wirklich war! Natürlich kannte ich die Folgen nicht. Mir war nicht klar, dass ich Pandora viele hundert Jahre nicht wiederfinden würde. Ich wusste nicht, dass sie in meiner Vorstellung zu einer Göttin werden würde, die in meiner Erinnerung ebenso mächtig war wie Akasha, Nacht für Nacht.
    Siehst du, das war eine weitere Lüge, eine Lüge wie die über Akasha. Ich liebte Pandora, und ich brauchte sie. Aber in unserem verbalen Wettstreit, egal, wie emotional er auch verlief, hatte ich immer die Rolle des überlegenen Geistes gespielt, der ihre anscheinend irrationalen Äußerungen und ihre stets offensichtliche Zuneigung nicht benötigte. Ich erinnere mich an unser Streitgespräch in ebender Nacht, als ich ihr das Blut der Finsternis gab. Sie sagte: »Mach Vernunft und Logik nicht zu deiner Religion. Denn im Laufe der Zeit lässt dich die Vernunft möglicherweise im Stich, und dann könnte es geschehen, dass du im Wahnsinn Zuflucht suchst.« Diese Worte aus dem Mund der schönen Frau, deren Augen mich trunken machten, beleidigten mich derart, dass ich ihrem Gedankengang kaum folgen konnte. Doch als wir die Anhänger des neuen Glaubens niedergemacht hatten, trat nach den in Schweigen dahingegangenen Monaten genau das ein. Ich war in eine Art Wahnsinn verfallen und weigerte mich, auch nur ein Wort zu sprechen.
    Und erst heute kann ich zugeben, wie dumm es von mir war, dass ich es nicht aushalten konnte, Pandora zum Zeugen der düsteren Melancholie zu haben, die meine Seele einhüllte. Selbst jetzt noch kann ich es nicht ertragen, sie mein Leiden mit ansehen zu lassen. Ich lebe hier allein, nur mit Daniel. Zu dir spreche ich, weil du ein neuer Freund bist und frische Eindrücke und Ideen von mir empfangen kannst. Du siehst mich mit anderen Augen, weißt nichts von früher über mich und fürchtest mich deswegen nicht. Aber lass mich fortfahren.
    Unser Schiff erreichte unbehelligt den Hafen von Ostia, und nachdem wir in unseren Sarkophagen nach Rom gebracht worden waren, erhob ich mich aus meinem »Grab«, leitete den Kauf eines kostspieligen Landhauses direkt vor den Stadtmauern in die Wege und richtete in den Hügeln, ein gutes Stück von dem Besitz entfernt, einen unterirdischen Schrein für Jene, die bewahrt werden müssen ein.
    Es bereitete mir heftige Schuldgefühle, sie so weit von dem Ort entfernt untergebracht zu haben, an dem ich lebte, in meinen Büchern las und mich nächtens in meine unterirdische Kammer zurückzog. Schließlich waren sie in Antiochia direkt in meinem Haus gewesen, wenn auch in einem Kellergewölbe, und nun waren sie meilenweit entfernt. Aber ich wollte in nächster Nähe der großen Stadt leben, und tatsächlich dehnte sie sich innerhalb weniger Jahre derart aus, dass mein Haus von den Stadtmauern umfangen wurde – ich hatte ein Landhaus mitten in Rom. Für Jene, die bewahrt werden müssen war das natürlich kein sicherer Ort. Deshalb erwies es sich als sehr klug, dass ich ihren Schrein weit entfernt von der sich ausbreitenden Stadt errichtet hatte, und während ich mich fest

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