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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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undurchschaubaren Kommen und Gehen eines geheimniskrämerischen Händlers und der Tatsache, dass die ganze Nacht hindurch seltsame Lichter hinter allen Fenstern von Curwens Haus flackerten, in Einklang gebracht werden konnte, war den Bürgern der Stadt nicht ganz klar, und deshalb neigten sie dazu, andere Gründe für seine anhaltende Jugend und sein hohes Alter anzunehmen. Die meisten waren der Ansicht, dass Curwens dauerndes Vermischen und Kochen von Chemikalien einiges mit seiner guten Verfassung zu tun hätte. Gerüchte gingen um über die seltsamen Substanzen, die er auf seinen Schiffen aus London und Indien herbeischaffte oder in Newport, Boston und New York bestellte.
    Als der alte Dr. Jabez Bowen aus Rehoboth auf der gegenüberliegenden Seite der Großen Brücke unter dem Firmenschild des Einhorns und des Mörsers seine Apotheke eröffnete, wurde unablässig über die Arzneien, Säuren und Metalle geredet, die der schweigsame Einsiedler dort fortwährend besorgte. Da die Leute davon ausgingen, dass Curwen über eine eigenartige, geheime medizinische Begabung verfügte, wandten sich viele, die an verschiedenen Gebrechen litten, um Hilfe suchend an ihn; doch obzwar er ihre Ansicht auf höfliche Weise zu ermutigen schien und ihnen auf ihre Bitten hin oft sonderbar gefärbte Tränke mitgab, fiel es bald auf, dass seine Maßnahmen sich selten als hilfreich erwiesen.
    Schließlich waren seit der Ankunft des Fremden fünfzig Jahre verstrichen. Da sein Gesicht und seine Konstitution in all der langen Zeit offensichtlich nur um fünf Jahre gealtert waren, wurden die geflüsterten Unterstellungen der Menschen immer düsterer und deshalb kamen sie seinem Verlangen nach Absonderung nur zu gern entgegen. Private Briefe und Tagebücher aus dieser Zeit enthüllen auch einige andere Gründe, weshalb Joseph Curwen erst bewundert, dann gefürchtet und zuletzt wie die Pest gemieden wurde. Seine Leidenschaft für Friedhöfe, auf denen er zu allen möglichen Zeiten und unter allen möglichen Umständen gesehen wurde, war berüchtigt, obgleich niemand etwas beobachtet hatte, das als grabschänderisch bezeichnet werden könnte.
    Curwen besaß eine Farm an der Pawtuxet Road, auf der er für gewöhnlich den Sommer verbrachte und wo er zu allen möglichen Tages- oder Nachtzeiten auszureiten pflegte. Als einzige sichtbaren Dienstboten, Arbeiter und Verwalter beschäftigte er dort ein verdrießliches Ehepaar vom Stamm der Narragansett-Indianer. Der Mann war stumm und sein Körper mit sonderlichen Narben übersät und seine Frau sah äußerst abstoßend aus.
    In einem Anbau dieses Hauses befand sich das Laboratorium, in dem die meisten der chemischen Experimente durchgeführt wurden. Neugierige Träger und Fuhrwerker, die an der kleinen Hintertür Flaschen, Säcke oder Kisten ablieferten, berichteten über die fantastischen Glaskolben, Schmelztiegel, Destillierkolben und Brennöfen, die sie in dem niedrigen, mit Regalen gefüllten Raum gesehen hatten, und sagten furchtsam vorher, dass der schweigsame ›Chemiker‹ – womit sie Alchemist meinten – nicht mehr lange brauchen würde, um den Stein der Weisen zu entdecken.
    Die nächsten Nachbarn – die Fenners, die ungefähr einen halben Kilometer entfernt wohnten –, erzählten noch sonderbarere Geschichten über gewisse Geräusche, die, so behaupteten sie, in den Nächten aus Curwens Haus drangen. Da höre man Schreie, sagten sie, und anhaltendes Geheul. Ihnen missfielen auch die riesigen Viehherden, die sich auf den Weiden drängten, denn so viele Tiere seien keineswegs nötig, um einen einsamen alten Mann und seine wenigen Diener mit Fleisch, Milch und Wolle zu versorgen. Der Bestand dieser Herden schien sich auch von Woche zu Woche zu verändern, denn ständig wurden neue Tiere bei den Bauern in Kingsport gekauft. Zudem hafte dem großen Nebengebäude aus Stein, das keine Fenster hatte, sondern bloß hohe, schmale Schlitze, etwas zutiefst Abstoßendes an.
    Spaziergänger aus der Gegend der Großen Brücke hatten viel von Curwens Stadthaus in Olney Court zu erzählen. Weniger über den schönen Neubau, der 1761 errichtet worden war – da musste der Mann beinahe hundert Jahre alt gewesen sein –, sondern über das ältere Haus mit dem niedrigen Walmdach. Es hatte Dachkammern ohne Fenster gehabt und die Mauern waren mit Schindeln bedeckt gewesen. Nach dem Abriss hatte Curwen sich mit besonderer Sorgfalt darum gekümmert, dass alle Holzbalken vorsichtshalber verbrannt wurden. Dieses

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