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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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schattigen, vornehmen Straße, die gesäumt wurde von alten, winkligen Ziegelgebäuden und kleineren Holzhäusern mit schmalen, von schweren dorischen Säulen gezierten Veranden, die behütet und allein inmitten ihrer großzügigen Höfe und Gärten vor sich hin träumten.
    Man hatte ihn auch auf der verschlafenen Congdon Street ausgefahren, die sich eine Ebene tiefer auf dem steilen Hügel befand, mit ihren nach Osten gelegenen Häusern auf hohen Terrassen. Die meisten der kleinen Holzhäuser hier waren viel älter, denn die anwachsende Stadt hatte erst mit der Zeit den Hügel erklommen. Auf diese Weise hatte Ward erstmals die Stimmungen einer malerischen Kolonialstadt in sich aufgenommen.
    Das Kindermädchen unterbrach die Fahrt immer, um sich auf eine der Bänke der Aussichtsterrasse zu setzen und mit einem der Polizisten zu plaudern. Eine der ersten Erinnerungen des Kindes war das große, sich nach Westen erstreckende Meer nebelumhüllter Dächer, Kuppeln, Türme und fernen Hügel, die es eines Winternachmittags von der großen, von einem Geländer umgebenen Böschung aus erblickte – alles war in Violett getaucht und hob sich mystisch ab vor einem fiebrigen, apokalyptischen Sonnenuntergang aus Rot und Gold und Purpur und sonderbaren Grüntönen. Die gewaltige Marmorkuppel des Parlamentshauses stach mit ihrer massiven Silhouette hervor, und die das Gebäude krönende Statue wurde dank einer Lücke in einer der farbigen Stratuswolken, die den Flammenhimmel bedeckten, von einem fantastischen Heiligenschein umgeben.
    Als Ward älter wurde, begann er mit seinen notorischen Spaziergängen. Anfangs zog er noch sein ungeduldiges Kindermädchen mit sich, später ging er allein, in verträumter Versunkenheit. Immer weiter wagte er sich den beinahe senkrecht abfallenden Hügel hinab, und jedes Mal gelangte er in noch ältere und wunderlichere Viertel der uralten Stadt. Schüchtern schlenderte der Junge die steile Jenckes Street hinunter, vorbei an den hohen Mauern und Giebeln aus der Kolonialzeit, bis zum schattigen Beginn der Benefit Street. Dort befand sich ein steinaltes Gebäude aus Holz mit zwei von ionischen Säulen umstandenen Eingängen, daneben ein vorsintflutliches Walmdachhaus, von dessen ehemaligem Bauernhof noch Reste verblieben waren, und das große Haus des Richters Durfee mit den verfallenen Überbleibseln georgianischer Pracht. Allmählich bildete sich hier ein Elendsviertel, doch die gewaltigen Ulmen warfen ihren tröstenden Schatten über alles. Der Junge wanderte gewöhnlich in südlicher Richtung weiter, vorbei an den langen Reihen vorrevolutionärer Häuser mit ihren wuchtigen Mittelkaminen und altehrwürdigen Eingängen. Auf der Ostseite erhoben sich die Gebäude auf Fundamenten mit geländergeschmückten, doppelten Steintreppen, und der junge Charles vermochte sie sich vorzustellen, wie sie einst aussahen, als die Straße noch neu war und rote Balken und gemalte Verzierungen sich vor den Giebeln abhoben, deren Verfall nun deutlich sichtbar wurde.
    Nach Westen fiel der Hügel steil ab, hinunter zur alten ›Town Street‹, die von den Gründern im Jahre 1636 am Flussufer angelegt worden war. Von hier aus verliefen zahllose kleine Gassen mit geneigten, aneinandergedrängten Häusern von ungeheuerem Alter. Charles war zwar sehr fasziniert von ihnen, doch sollte es lange Zeit dauern, bis er sich in ihre altertümlichen Winkel hineintraute, aus Angst, sie offenbarten sich als ein Traum oder ein Tor zu unbekannten Schrecken.
    Weit weniger bemerkenswert gestaltete sich der Weg entlang der Benefit Street, vorbei am eisernen Gatter des verborgenen Kirchhofs von St. John, der Rückseite des 1761 erbauten Colony House und den zerbröckelnden Resten des Golden Ball Inn, in dem Washington einmal übernachtet hatte. In der Meeting Street – die zu früheren Zeiten erst Gaol Lane und dann King Street hieß – sah er hoch im Osten die gekrümmte Treppe, die die Hochstraße beim Aufstieg des Hügels ablöste, und unten im Westen das alte Ziegelgebäude der kolonialen Schule, die über das uralte Schild von Shakespeares Haupt auf der anderen Straßenseite lächelt, wo vor der Revolution die Providence Gazette und das Country Journal gedruckt worden waren.
    Dann kam die großartige Erste Baptistenkirche aus dem Jahre 1775, die mit ihrem unübertroffenen Kirchturm von Gibbs fürstlich wirkte, der über den georgianischen Dächern und Kuppeln schwebte. Hier und weiter im Süden wurde die Gegend besser, erblühte

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