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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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schließlich zu einer wundervollen Gruppe früher Anwesen, aber die kleinen, uralten Gassen führten noch immer den Abhang hinab nach Westen, gespenstisch mit ihren zahllosen, archaischen Giebeln. Schließlich tauchten die Gassen in ein Chaos schillernden Verfalls ab, wo das verruchte alte Hafenviertel inmitten vielsprachiger Laster und Schäbigkeit, faulender Anlegestellen und triefäugiger Schiffsbedarfhändler und überlebter Gassennamen wie Packet, Bullion, Gold, Silver, Coin, Doubloon, Sovereign, Guilder, Dollar, Dime und Cent an die stolzen Tage des Ostindienhandels erinnert.
    Als der junge Ward größer und abenteuerlustiger wurde, wagte er sich manchmal in diesen Mahlstrom aus schwankenden Häusern, zerbrochenen Querbalken, verrotteten Stufen, verbogenen Geländern, finsteren Gesichtern und unbeschreiblichen Ausdünstungen. Er wanderte von der South Main zur South Water bis zu den Docks hinab, wo nach wie vor die Dampfschiffe anlegen, und kehrte über diese tiefere Ebene nach Norden zurück, vorbei an den 1816 erbauten Lagerhäusern mit ihren Spitzdächern und dem weiten Platz an der Großen Brücke, wo die Markthalle von 1773 noch fest auf ihren uralten Bögen steht. Auf diesem Platz blieb er immer stehen, um die verwirrende Schönheit der Altstadt in sich aufzunehmen, die die ostwärts gelegene Steilküste hinaufklettert, durchsetzt mit georgianischen Türmchen und gekrönt vom gewaltigen, neuen Christian-Science-Dom, wie London von der Paulskathedrale. Am liebsten hielt er sich dort am späten Nachmittag auf, wenn die schrägen Sonnenstrahlen die Markthalle, die alten Dächer und Glockentürme des Hügels in Gold tauchen und auf den träumenden Anlegestellen schimmern, an denen einst die Indienfahrer aus Providence vor Anker lagen. Nach langer Betrachtung schwindelte ihn fast, so packte ihn die schwärmerische Liebe zu diesem Panorama. Anschließend machte er sich in der Abenddämmerung auf den Heimweg, den Hügel hinauf, vorbei an der alten weißen Kirche, durch die schmalen, steilen Gehwege, wo allmählich immer mehr gelbes Licht aus den kleinen Fenstern und Oberlichtern schimmerte, hoch über den Doppeltreppen mit den eigentümlichen schmiedeeisernen Geländern.
    Bei anderen Gelegenheiten in späteren Jahren suchte er nach lebhaften Kontrasten. Er verbrachte dann die halbe Zeit des Spaziergangs in den verfallenen Bezirken aus der Kolonialzeit nordwestlich seines Elternhauses, wo der Hügel zu der tieferen Erhebung von Stampers Hill hinabreicht, dessen Ghetto- und Negerviertel sich um den Platz scharen, wo vor der Revolution die Postkutsche nach Boston abfuhr. Die restliche Zeit des Spaziergangs nutzte er, um durch die anmutigen südlichen Viertel zu gehen, durch die George, Benevolent, Power und William Street, wo der alte Abhang beharrlich die feinen Herrenhäuser und ummauerten Gärten und die abschüssigen grünen Fußwege trägt, wo so viele duftige Erinnerungen verharrten. Diese Streifzüge sind sicher ebenso wie die sie begleitenden emsigen Studien für einen Großteil des altertümlichen Wissens verantwortlich, das schließlich die moderne Welt aus Charles Wards Geist verdrängen sollte, und offenbaren den mentalen Boden, auf dem im schicksalhaften Winter 1919–20 die Saat zu so seltsamer und schrecklicher Frucht gelegt wurde.
    Dr. Willett ist davon überzeugt, dass Charles Wards Begeisterung für Altertümer bis zu diesem vorzeichenreichen Winter der ersten Veränderung nichts Morbides anhaftete. Friedhöfe zogen ihn, von ihrem malerischen und historischen Wert einmal abgesehen, nicht besonders an, und so etwas wie Gewalttätigkeit oder brutale Instinkte waren ihm völlig fremd. Schleichend entwickelte sich dann anscheinend ein kurioses Nachspiel zu einem seiner genealogischen Triumphe des Vorjahres, als er unter seinen Vorfahren mütterlicherseits einen äußerst langlebigen Mann namens Joseph Curwen entdeckt hatte. Curwen war im März 1692 aus Salem gekommen, und um ihn rankten sich eine Reihe höchst sonderbarer und verstörender Gerüchte.
    Wards Ururgroßvater Welcome Potter hatte 1785 eine gewisse »Ann Tillinghast, Tochter der Frau Eliza, die Tochter des Kapitäns James Tillinghast ist« geheiratet, über deren väterliche Abstammung die Familie keine Angaben überliefert hatte. Als der junge Ahnenforscher Ende 1918 einen Band handschriftlicher Aufzeichnungen aus dem Stadtarchiv durchsuchte, stieß er auf einen Eintrag über einen rechtskräftigen Namenswechsel: Im Jahre 1772 hatte eine

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