Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)
Fischgeruch meiner Umgebung schien sich plötzlich und merklich zu verstärken. Dann wiederholte sich das Pochen – andauernd und mit wachsender Dringlichkeit. Ich wusste, dass die Zeit zum Handeln gekommen war, löste unverzüglich den Riegel der nördlichen Verbindungstür und nahm meine Kräfte zusammen, um sie aufzustoßen. Das Klopfen wurde lauter, und ich hoffte, dass seine Lautstärke den Lärm meiner Anstrengungen überdecken würde. Als ich endlich meinen Versuch unternahm, stieß ich wieder und wieder mit der linken Schulter gegen die dünne Holztür, ohne auf Erschütterung oder Schmerz zu achten. Die Tür leistete mehr Widerstand, als ich erwartet hatte, doch ich gab nicht auf. Und die ganze Zeit über schwoll der Lärm an der Außentür an.
Schließlich gab die Verbindungstür nach, aber mit einem solchen Krachen, dass die da draußen es gehört haben mussten. Sogleich steigerte sich das Klopfen zu einem heftigen Gepolter, derweil in den Schlössern der beiden anderen Türen Schlüssel bedrohlich klapperten. Als ich durch die soeben geschaffene Verbindung stürzte, gelang es mir, die nördliche Tür zum Gang zu verriegeln, ehe sie geöffnet werden konnte; doch noch während ich das tat, hörte ich, wie die Tür zum dritten Raum – dem, aus dessen Fenster ich das darunter gelegene Dach zu erreichen gehofft hatte – mit einem Schlüssel bearbeitet wurde.
Eine Sekunde lang verspürte ich absolute Verzweiflung, da ich in einer Kammer ohne Fenster in der Falle zu sitzen schien. Eine Welle unvorstellbaren Entsetzens brach über mich herein und verlieh den im Licht der Taschenlampe sichtbaren Staubspuren des Eindringlings, der zuvor versucht hatte, in mein Zimmer zu gelangen, eine schreckliche, aber unerklärliche Besonderheit. Die Hoffnungslosigkeit meiner Lage ließ mich mit blinden, mechanischen Bewegungen zur nächsten Verbindungstür eilen, wo ich mich panisch daranmachte, sie aufzustoßen und – vorausgesetzt, dass der Riegel durch eine glückliche Vorsehung ebenso intakt war wie in diesem zweiten Raum – die Tür zum Gang zu verriegeln, bevor sie jemand von außen aufzusperren vermochte.
Ein unglaubliches Glück gewährte mir eine Gnadenfrist – denn die Verbindungstür vor mir war nicht nur unverschlossen, sondern sogar nur angelehnt. Binnen einer Sekunde war ich durch und stemmte mich mit Knie und Schulter gegen die Tür zum Gang, die sich bereits nach innen öffnete. Mein Druck überraschte den Eindringling, denn die Tür schloss sich, als ich mich dagegenstemmte, sodass ich den gut funktionierenden Riegel vorschieben konnte. Als ich diese Atempause erreicht hatte, ließ das Schlagen gegen die beiden anderen Türen nach, derweil ein wirres Klappern von der Verbindungstür kam, die ich mit dem Bettgestell verrammelt hatte. Offensichtlich war der Großteil meiner Angreifer in den südlichen Raum geströmt, um eine Attacke von der Seite aus zu führen. Doch im selben Moment hörte ich einen Schlüssel in der Tür des nächsten nördlichen Zimmers und wusste, dass eine unmittelbare Bedrohung bevorstand.
Die nördliche Verbindungstür stand weit offen, aber es blieb keine Zeit, sich um die Tür zum Gang zu kümmern, da sich in deren Schloss bereits ein Schlüssel herumdrehte. Ich konnte lediglich die offene Verbindungstür schließen und verriegeln, ebenso ihr Gegenstück auf der anderen Seite – gegen die eine wuchtete ich ein Bettgestell, gegen die andere einen Sekretär, und vor die Tür zum Gang schob ich einen Waschständer. Ich musste mich, wie ich erkannte, auf solche behelfsmäßigen Hindernisse verlassen, um mich so lange zu schützen, bis ich aus dem Fenster und auf dem Dach des Gebäudes in der Paine Street war. Doch selbst in diesem Moment akuter Bedrohung graute mir weniger vor der unmittelbaren Schwäche meiner Verteidigungsmittel – ich schauderte, weil kein einziger meiner Verfolger auch nur ein verständliches Wort von sich gab; außer einem scheußlichen Keuchen und Grunzen hörte ich in unregelmäßigen Abständen ein unterdrücktes Quaken.
Als ich die Möbel verschoben hatte und zum Fenster eilte, hörte ich ein fürchterliches Trippeln auf dem Gang in Richtung des Zimmers nördlich von mir, und mir fiel auf, dass das Schlagen gegen die Tür im Süden aufgehört hatte. Eindeutig standen die meisten meiner Gegner nun davor, sich auf die schwache Verbindungstür zu konzentrieren, von der sie wussten, dass sie sich direkt zu mir öffnete. Draußen spielte das Mondlicht auf dem
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