Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Stimmen tauschten leise Rufe in einer Sprache aus, die gewiss kein Englisch war. Die Gestalten bewegten sich unentschlossen, und zu meiner Erleichterung erkannte ich, dass sie nicht wussten, wohin ich entkommen war; dennoch ließ mich ihr Anblick am ganzen Leib vor Grauen erbeben. Ihre Gesichtszüge waren nicht auszumachen, doch ihr gebückter, watschelnder Gang war ungeheuer abstoßend. Und das Schlimmste: Ich erkannte, dass eine der Gestalten eine sonderbare Robe und auf dem Kopf unverkennbar eine hohe Tiara jener Machart trug, die mir nur allzu vertraut war.
    Als diese Gestalten über den Hof ausschwärmten, fühlte ich meine Ängste wachsen. Angenommen, ich fand keinen Ausweg aus dem Gebäude auf der zur Straße gelegenen Seite?
    Der Fischgeruch war abscheulich, und ich wunderte mich, dass ich ihn zu ertragen vermochte, ohne ohnmächtig zu werden. Erneut tastete ich mich in Richtung Straße, öffnete eine Tür und gelangte in einen leeren Raum mit dicht verschlossenen, aber rahmenlosen Fenstern. Im Lichtstrahl meiner Taschenlampe fingerte ich daran herum und entdeckte, dass ich die Läden öffnen konnte; und einen Augenblick später war ich hinausgeklettert und verschloss die Öffnung sorgfältig wieder.
    Ich befand mich nun in der Washington Street, und einen Moment lang sah ich kein lebendes Wesen und kein Licht außer dem des Mondes. Aus mehreren Richtungen konnte ich jedoch entfernt raue Stimmen vernehmen, Schritte sowie ein merkwürdiges Getrappel, das nicht ganz wie Fußschritte klang. Ich hatte wirklich keine Zeit zu verlieren. Die Himmelsrichtungen waren mir vertraut, und ich war froh darüber, dass alle Straßenlaternen abgeschaltet waren, wie es in ärmeren ländlichen Gegenden in mondhellen Nächten oft der Fall ist. Einige der Geräusche kamen von Süden her, doch behielt ich meinen Plan bei, in diese Richtung zu fliehen. Dort gab es, wie ich wusste, genügend Türöffnungen, um mich vor Verfolgern zu verbergen.
    Ich ging schnell und leise an den verfallenen Häusern entlang. Obgleich ich seit meiner mühsamen Kletterpartie ohne Hut war und unordentlich aussah, wirkte ich doch nicht besonders auffällig, und ich hatte gute Chancen, unbeachtet vorübergehen zu können, sollte ich zufällig einem Spaziergänger begegnen. In der Bates Street zog ich mich in einen gähnend leeren Vorhof zurück, als zwei watschelnde Gestalten dicht vor mir vorübergingen, doch bald setzte ich meinen Weg fort und näherte mich dem offenen Platz, wo die Eliot Street sich mit der South Street kreuzt und schräg die Washington Street schneidet. Obgleich ich diese Gegend nie gesehen hatte, war sie mir auf der Karte des jungen Lebensmittelverkäufers gefährlich erschienen, da das Mondlicht dort freie Bahn haben würde. Es hätte keinen Sinn ergeben, diese Stelle zu umgehen, denn jede andere Route hätte zeitraubende Umwege bedeutet, auf denen man mich vielleicht gesehen hätte. Das Einzige, was ich tun konnte, war, kühn und offen den Platz zu überqueren, dabei so gut wie möglich den typischen Watschelgang der Leute von Innsmouth nachzuahmen und zu hoffen, dass niemand – oder zumindest keiner meiner Verfolger – sich dort aufhielt.
    Wie gut die Verfolgungsjagd organisiert war – und was vor allem ihr Zweck sein mochte –, davon konnte ich mir keine Vorstellung machen. Die Stadt schien von ungewöhnlicher Aktivität erfüllt zu sein, doch ich vertraute darauf, dass die Kunde von meiner Flucht aus dem Gilman sich noch nicht verbreitet hatte. Ich würde natürlich bald von der Washington Street auf eine nach Süden führende Straße wechseln müssen, denn jener Trupp aus dem Hotel war ohne jeden Zweifel hinter mir her. Ich musste Spuren im Staub des letzten alten Gebäudes zurückgelassen haben, die verrieten, auf welche Weise ich die Straße erreicht hatte.
    Der offene Platz war, wie ich erwartet hatte, von hellem Mondlicht erfüllt, und ich sah die Überreste einer parkähnlichen, mit Eisengeländern umschlossenen Grünanlage in seiner Mitte. Glücklicherweise war hier niemand zu sehen, obwohl ein seltsames Zischeln oder Gebrüll aus Richtung des Markplatzes anzuschwellen schien. Die South Street war sehr breit, führte geradewegs eine leichte Anhöhe zum Ufer hinab und erlaubte eine weite Aussicht aufs Meer hinaus; ich hoffte, dass niemand von Weitem diese Straße hinaufschauen würde, während ich sie im hellen Mondschein überquerte.
    Mein Vorankommen wurde durch nichts gehindert, und kein neuerliches Geräusch weckte

Weitere Kostenlose Bücher