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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Firstbalken des darunter gelegenen Gebäudes, und ich sah, dass der Sprung aufgrund der steilen Oberfläche, auf der ich landen musste, überaus gefährlich sein würde.
    Ich schätzte die Umstände ab und wählte das südlicher gelegene der beiden Fenster als meinen Fluchtweg; ich hatte vor, auf der inneren Neigung des Daches zu landen und zum nächsten Dachfenster zu laufen. Befand ich mich erst im Innern eines der baufälligen Ziegelgemäuer, würde ich mit Verfolgern rechnen müssen; doch ich hoffte, ins Erdgeschoss zu gelangen und im dunklen Innenhof von Türöffnung zu Türöffnung schlüpfen zu können, um schließlich auf die Washington Street zu kommen und in südlicher Richtung aus der Stadt zu fliehen.
    Das Poltern an der nördlichen Verbindungstür war nun entsetzlich laut, und ich sah, dass das schwache Holz bereits zu splittern begann. Allem Anschein nach nutzten die Belagerer jetzt einen schweren Gegenstand als Rammbock. Das Bettgestell hielt noch stand, sodass ich zumindest den Hauch einer Chance hatte, meine Flucht durchzuführen. Als ich das Fenster öffnete, merkte ich, dass es von schweren Vorhängen aus Velours drapiert war, die an Messingringen von einer Stange herabhingen, und zudem gab es draußen einen großen Haken zur Befestigung der Fensterläden. Da ich eine Möglichkeit zur Vermeidung des gefährlichen Sprunges erkannte, riss ich an den Vorhängen und brachte sie mitsamt der Gardinenstange zu Fall; dann befestigte ich rasch zwei der Ringe an dem Eisenhaken und ließ die Draperien aus dem Fenster fallen. Die schweren Bahnen reichten bis hinab zum angrenzenden Dach, und ich sah, dass die Ringe und der Haken wohl mein Gewicht würden tragen können. Und so kletterte ich aus dem Fenster und die improvisierte Strickleiter hinab und ließ das morbide und vom Grauen erfüllte Gemäuer des Gilman House hinter mir.
    Ich landete sicher auf den lockeren Ziegeln des steilen Dachs, und ich schaffte es, zu dem weit offenen schwarzen Dachfenster zu gelangen, ohne auszurutschen. Als ich hinauf zu dem Fenster spähte, durch das ich entkommen war, sah ich, dass es noch immer dunkel war, doch fern über den verfallenden Schornsteinen erkannte ich im Norden bedrohlich flackernde Lichter in der Halle des Dagon-Ordens – ebenso in der Baptistenkirche und der Gemeindekirche, an die ich mich mit Schaudern erinnerte. Anscheinend befand sich niemand unten im Hof, und ich hoffte, Gelegenheit zum Entkommen zu haben, ehe ein allgemeiner Alarm ausgelöst wurde.
    Als ich den Lichtstrahl meiner Taschenlampe in das Dachfenster richtete, sah ich, dass keine Stufen hinabführten. Die Höhe war jedoch nur gering und so kletterte ich über den Rand und ließ mich fallen. Ich landete auf einem staubigen Boden voller modriger Kisten und Fässer.
    Der Ort wirkte gespenstisch, doch auf solcherlei Eindrücke konnte ich jetzt nicht achten. Ich warf einen hastigen Blick auf meine Uhr – zwei Uhr nachts – und eilte sofort zu der Treppe, die meine Taschenlampe mir enthüllte. Die Stufen knarrten, schienen aber einigermaßen sicher zu sein; und ich raste an einem scheunenähnlichen Stockwerk vorbei ins Erdgeschoss. Ich war vollkommen alleine, einzig die Echos meiner Schritte tönten. Endlich erreichte ich die Eingangshalle, an deren einem Ende ich ein schwach erleuchtetes Rechteck sah, das die verfallene Tür zur Paine Street markierte. Ich eilte den anderen Weg entlang und fand auch die Hintertür offen vor; dort hetzte ich fünf Steinstufen hinab auf die grasüberwachsenen Pflastersteine des Innenhofes.
    Bis hierher gelangten die Strahlen des Mondes nicht, doch konnte ich meinen Weg gerade so finden, ohne Gebrauch von der Taschenlampe zu machen. Einige der Fenster auf der Seite des Gilman House waren schwach erleuchtet und ich glaubte im Innern wirre Laute zu hören. Ich schritt vorsichtig hinüber auf die Seite der Washington Street und erkannte dort mehrere offene Türnischen und ich wählte die nächste als meinen Ausweg. Im Innern des Gangs war alles stockfinster, und als ich das gegenüberliegende Ende erreichte, bemerkte ich, dass die faulige Tür zur Straße unverrückbar klemmte. Ich beschloss, mein Glück in einem andern Gebäude zu versuchen, und ertastete meinen Weg zurück in den Hof, hielt aber abrupt inne, als ich mich der Türe näherte.
    Denn aus einer offenen Tür des Gilman House strömte eine große Schar zweifelhafter Gestalten – Laternen hüpften in der Finsternis auf und ab, und entsetzliche krächzende

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