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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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dem alten Ephraim aus. Ich wunderte mich nicht, dass er in dieser Stimmung unbeliebt war – in ihm steckte etwas Unnormales, und ich spürte das finstere Element umso stärker angesichts der wilden Faseleien, die ich gehört hatte. So wahr ich Edward Pickman Derby mein Lebtag gekannt habe, dieser Mann war ein Fremder – ein Eindringling aus dem schwarzen Abgrund.
    Er sprach erst wieder, als wir auf eine dunkle Straße einbogen. Seine Stimme klang vollkommen fremd. Sie war tiefer, fester und entschiedener als zuvor und die Betonung und Aussprache waren völlig verändert – obwohl sie mich auf unklare, entfernte und verstörende Weise an etwas erinnerten, das ich aber nicht einordnen konnte. Es lag eine Spur eindringlicher und geradliniger Ironie im Tonfall – nicht die schrille und banale Pseudo-Ironie eines naiven ›Intellektuellen‹, die Derby manchmal zur Schau stellte, sondern etwas Grimmiges, Bestimmendes und geradezu Böses. Ich staunte angesichts der Selbstsicherheit, die so rasch auf den Anfall panischen Gemurmels folgte.
    »Ich hoffe, du wirst meinen Ausbruch von eben vergessen, Upton«, sagte er. »Du weißt, wie es um meine Nerven steht, und ich vermute, du kannst mir so etwas nachsehen. Ich bin dir selbstverständlich überaus dankbar für diese Möglichkeit zur Heimfahrt.
    Und du musst auch alle verrückten Dinge vergessen, die ich vielleicht über meine Frau gesagt habe – und überhaupt alles. Das kommt davon, wenn man sich allzu sehr mit solchen Materien wie den meinen beschäftigt. Meine Philosophie ist voller bizarrer Vorstellungen, und wenn der Geist überfordert ist, bildet er sich alles Mögliche ein. Ich werde mich in den nächsten Tagen ausruhen – du wirst mich also eine Zeit lang nicht sehen und musst Asenath dann nicht die Schuld dafür geben.
    Dass ich diese merkwürdige Reise unternommen habe, ist eigentlich sehr einfach zu erklären. Es gibt in den nördlichen Wäldern einige indianische Relikte – Steinkreise und solche Sachen –, die für die Volkskunde recht bedeutend sind. Asenath und ich untersuchen diese Dinge. Es war eine schwierige Suche, und ich bin darüber wohl etwas durchgedreht. Sobald ich zu Hause bin, muss ich jemanden schicken, um den Wagen zu holen. Ein Monat Ruhe wird mich wieder ins Lot bringen.«
    Ich erinnere mich nicht, welchen Anteil ich an dem Gespräch hatte, denn die verblüffende Fremdheit meines Begleiters ließ mich an nichts anderes denken. Mit jeder Sekunde wuchs mein Gefühl unbegreiflichen, kosmischen Grauens, bis ich mich endlich wie im Delirium befand und nur noch das Ende der Fahrt herbeisehnte. Derby ließ mich nicht wieder ans Steuer und ich war froh über die Geschwindigkeit, in der Portsmouth und Newburyport vorbeirasten.
    An der Kreuzung, wo die Hauptstraße ins Inland führt und einen Bogen um Innsmouth macht, überkam mich schon die Befürchtung, mein Fahrer würde auf die kahle Küstenstraße abbiegen, die durch diesen verhexten Ort verläuft. Das tat er aber nicht, sondern brauste schnell an Rowley und Ipswich vorbei, unserem Ziel entgegen. Wir erreichten Arkham vor Mitternacht und sahen, dass im alten Crowninshield-Haus die Lichter noch brannten. Derby stieg mit einer hastigen Wiederholung seines Dankes aus und ich fuhr mit einem sonderbaren Gefühl der Erleichterung alleine nach Hause. Es war eine schreckliche Fahrt gewesen – umso schrecklicher, da ich den Grund dafür nicht wirklich benennen konnte –, und ich bedauerte es wirklich nicht, dass Derby angekündigt hatte, eine Weile meinem Haus fernzubleiben.
    In den nächsten beiden Monaten hörte man viele Gerüchte. Die Leute sprachen darüber, Derby immer öfter in seinem neuen gebieterischen Zustand zu sehen, und dass Asenath für ihre Besucher kaum noch zu sprechen war. Ich erhielt nur einen Besuch von Edward, als er kurz in Asenaths Wagen vorbeikam – der inzwischen aus Maine, wo immer er ihn auch hatte stehen lassen, zurückgebracht worden war –, weil er einige Bücher abholte, die er mir geliehen hatte. Er befand sich in dieser neuen Stimmung und blieb nur lange genug, um einige ausweichende höfliche Bemerkungen zu machen. Es war deutlich, dass er nichts mit mir zu bereden hatte, wenn er sich in diesem Zustand befand – und mir fiel auf, dass er sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, beim Klopfen an der Tür das alte Signal – erst drei-, dann zweimal – zu verwenden. Wie an jenem Abend im Wagen verspürte ich ein unendlich tiefes Grauen, das ich nicht zu

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