Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Herzen der Wälder Maines, unter denen gewaltige Treppen hinab in Abgründe nächtlicher Geheimnisse führen, von komplizierten Winkelgebilden, die durch unsichtbare Mauern in andere Bereiche von Raum und Zeit leiten, und von grässlichen Auswechslungen der Persönlichkeit, die Forschungsreisen an ferne und verbotene Orte, in andere Welten und sogar in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum möglich machen würden.
    Dann und wann zeigte er mir zum Beweis seiner irren Andeutungen Gegenstände, die mich absolut verblüfften – ungewöhnlich gefärbte und verwirrend beschaffene Gegenstände, von denen man auf der Erde noch nichts gehört hat und deren wahnsinnige Ecken und Oberflächen keinem vorstellbaren Zweck entsprachen und keiner fassbaren Geometrie folgten. Diese Dinge, so sagte er, kämen »von draußen«; und seine Frau wüsste, wie man an sie gelangen könne. Manchmal – aber stets nur verängstigt und unklar flüsternd – machte er Andeutungen über den alten Ephraim Waite, den er zu Lebzeiten gelegentlich in der Universitätsbibliothek gesehen hatte. Diese Andeutungen wurden nie klarer, kreisten aber wohl um einen grausigen Zweifel, ob der alte Hexenmeister wirklich tot sei – im geistigen wie im körperlichen Sinne.
    Zuweilen hielt Derby in seinen Enthüllungen abrupt inne, und ich fragte mich, ob Asenath vielleicht aus der Ferne seine Rede erspürt hatte und ihn durch eine unbekannte Art von telepathischem Mesmerismus zum Schweigen brachte – durch eine Kraft von der Art, die sie auf der Schule offenbart hatte. Sicher vermutete sie, dass er mir etwas erzählte, denn im Laufe der folgenden Wochen versuchte sie, seine Besuche mit unerklärlich starken Worten und Blicken zu unterbinden. Nur mühsam gelang es ihm, bis zu mir zu kommen, denn auch wenn er vorgab, woanders hinzugehen, hemmte eine unsichtbare Kraft seine Bewegungen oder ließ ihn sein Ziel einfach vergessen. Er besuchte mich für gewöhnlich, wenn Asenath fort war – »fort in ihrem eigenen Körper«, wie er es einmal ausdrückte. Sie fand es später immer heraus – die Dienstboten überwachten sein Kommen und Gehen –, hielt es offenkundig aber nicht für ratsam, strenger dagegen vorzugehen.
    IV
    Derby war seit mehr als drei Jahren verheiratet, als ich eines Tages im August das Telegramm aus Maine erhielt. Ich hatte ihn seit zwei Monaten nicht mehr gesehen, aber gehört, er sei »geschäftlich« unterwegs. Asenath sei angeblich zusammen mit ihm verreist, doch wachsame Klatschweiber, die sogar die Dienstboten beim Einkaufen beobachteten, erklärten, es hielte sich jemand im Obergeschoss hinter den schwer verhangenen Fenstern auf. Und nun hatte der Polizeidirektor von Chesuncook mir ein Telegramm gesandt, dass ein verdreckter stammelnder Wahnsinniger aus dem Wald getaumelt sei und geschrien habe, ich solle ihn beschützen. Es war Edward – und er war gerade noch fähig, sich seines eigenen Namens und seiner Adresse zu entsinnen.
    Chesuncook liegt nahe an dem wildesten, tiefsten und am wenigsten erforschten Waldgürtel Maines, und ich holperte mit dem Auto einen ganzen Tag in fieberhafter Fahrt durch eine fantastische und bedrohliche Landschaft, um dorthin zu gelangen.
    Ich fand Derby im Gefängnis der kleinen Stadt, in einer Zelle, wo er zwischen Hysterie und Apathie schwankte. Er erkannte mich sofort und stieß einen verworrenen, zusammenhanglosen Wortschwall aus: »Dan – um Gottes willen! Der Schacht der Shoggothen! Die sechstausend Stufen hinab … die schlimmste aller Abscheulichkeiten … ich wollte es nicht zulassen, dass sie mich dorthin bringt, und dann war ich dort – Iä! Shub-Niggurath! – Die Gestalt wuchs auf dem Altar, und da waren fünfhundert, die heulten – Das Ding mit der Kapuze blökte: ›Kamog! Kamog!‹ – das war der geheime Name des alten Ephraim im Zirkel – und ich war da, obwohl sie doch versprochen hatte, mich niemals dorthin zu bringen – Eine Minute vorher war ich noch in der Bibliothek eingesperrt, und dann stand ich dort, wohin sie in meinem Körper gegangen war – an den Ort äußerster Blasphemie, den unheiligen Schacht, in dem das schwarze Reich seinen Anfang nimmt und die Wächter den Durchgang beschützen – ich sah einen Shoggothen – er hat die Form geändert – ich kann es nicht ertragen – ich bringe sie um, wenn sie mich je wieder dorthin schickt – ich bringe dieses Ding um – sie, ihn, es – ich bring es um! Ich bring es mit eigenen Händen um!«
    Ich brauchte eine Stunde, um ihn zu

Weitere Kostenlose Bücher