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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Augen und dem ungepflegten Bart, der nie grau geworden ist? Er hat mich einmal angestarrt, und ich habe es nie vergessen. Nun starrt sie mich genauso an. Und ich weiß, warum! Er hat sie im Necronomicon gefunden – die Formel. Ich trau mich noch nicht, dir die Seite zu verraten, aber wenn ich es tue, dann wirst du es lesen und begreifen. Dann wirst du wissen, was mich verschlungen hat. Weiter, weiter, weiter, weiter – von Körper zu Körper zu Körper – er will niemals sterben. Der Lebensfunken – er weiß, wie man die Verknüpfung löst … er kann noch eine Weile weiterflackern, auch wenn der Körper tot ist. Ich gebe dir einige Anhaltspunkte, vielleicht errätst du es ja. Hör zu, Dan – weißt du, warum meine Frau sich immer solche Mühe gibt mit dieser albernen nach links geneigten Schrift? Hast du schon mal ein Manuskript vom alten Ephraim gesehen? Möchtest du wissen, wieso ich fröstelte, als ich ein paar von den hastigen Notizen sah, die Asenath hingekritzelt hatte?
    Asenath – gibt es diese Person überhaupt? Weshalb hat man vermutet, es sei Gift im Magen des alten Ephraim gewesen? Weshalb tuscheln die Gilmans darüber, wie er geschrien hat – wie ein verängstigtes Kind –, dass er verrückt wurde und Asenath ihn in der Dachkammer mit den gepolsterten Wänden einsperrte, wo – das Andere – gewesen war? War es die Seele des alten Ephraim, die dort eingesperrt war? Wer hat wen eingesperrt? Weshalb hatte er seit Monaten nach jemandem mit gesundem Verstand und schwachem Willen gesucht? – Weshalb fluchte er darüber, dass seine Tochter kein Sohn war? Sag mir, Daniel Upton – welcher teuflische Austausch vollzog sich in dem Haus des Schreckens, wo das arglose, halb menschliche Kind mit schwachem Willen jener gotteslästerlichen Bestie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war? Hat er es nicht für immer gemacht – so wie sie es am Ende mit mir tun wird? Sag mir, warum jenes Ding, das sich Asenath nennt, anders schreibt, wenn es sich unbeobachtet glaubt, sodass man ihre Schrift nicht unterscheiden kann von … «
    Da geschah es. Derbys Stimme hatte sich in seiner Raserei zu einem dünnen, schrillen Schrei erhoben und brach plötzlich mit einem fast mechanischen Klicken ab. Ich dachte an andere Momente bei mir im Haus, als sein vertrauliches Sprechen mit einem Schlage erstorben war – als sich mir der Gedanke aufgedrängt hatte, eine merkwürdige telepathische Welle von Asenaths mentaler Macht habe ihn zum Schweigen gebracht. Dies hier war aber etwas völlig anderes – und, so spürte ich, unendlich schrecklicher. Das Gesicht neben mir verzerrte sich einen Augenblick lang fast bis zur Unkenntlichkeit, während den ganzen Körper ein Beben durchzuckte – als mussten sich alle Knochen, Organe, Muskeln, Nerven und Drüsen auf eine radikal neue Haltung, Anspannung und andere Persönlichkeit einstellen.
    Beim besten Willen kann ich nicht sagen, was genau so schrecklich war; doch mich überschwemmte eine so erdrückende Welle von Ekel und Widerwillen – ein eisiges, lähmendes Gefühl äußerster Fremdartigkeit –, dass mein Griff ums Lenkrad schwach und unsicher wurde. Die Gestalt neben mir wirkte nicht länger wie mein alter Freund, sie glich eher einem ungeheuerlichen Eindringling aus dem Weltraum – einer höllischen Verdichtung unbekannter und bösartiger kosmischer Kräfte.
    Ich hatte nur einen Augenblick lang gezaudert, doch schon hatte mein Begleiter das Lenkrad ergriffen und mich dazu gezwungen, anzuhalten und mit ihm den Platz zu tauschen. Die Abenddämmerung hatte längst eingesetzt und die Lichter Portlands lagen weit hinter uns, sodass ich nicht viel von seinem Gesicht erkennen konnte. Das erstaunliche Funkeln seiner Augen fiel mir auf, und so wusste ich, dass er sich jetzt in jenem sonderbar rigorosen Zustand befinden musste, den so viele Menschen beobachtet hatten und der seinem eigentlichen Ich so fremd war. Es schien eigenartig und unglaublich, dass der lethargische Edward Derby – der sich nie durchsetzen konnte und der nie Autofahren gelernt hatte – fähig war, mich herumzukommandieren und das Steuer meines eigenen Wagens zu ergreifen, doch war genau dies geschehen. Er schwieg eine ganze Weile und in meinem unerklärlichen Grauen war ich darüber froh.
    Im Schein der Lichter von Biddeford und Saco sah ich seinen fest entschlossenen Mund und erschauderte über das Funkeln seiner Augen. Die Leute hatten recht gehabt – in dieser Verfassung sah er verdammt nach seiner Frau und

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