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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Unterschiede zwischen ihnen wahr; so schienen ein paar von ihnen unter einer Art Zwang oder Hemmung zu leiden. Zwar zeigten sie keine körperlichen Abweichungen, legten aber Gesten und Verhaltensweisen an den Tag, die sie nicht nur von der Mehrheit, sondern auch voneinander sehr stark unterschieden.
    Sie schrieben sehr viel, und zwar in – zumindest erschien mir das in meiner vernebelten Sicht so – vielen unterschiedlichen Schriftzeichen, nie aber in den krummlinigen Hieroglyphen, die für die Mehrheit typisch waren. Bei einigen glaubte ich sogar zu erkennen, dass sie unser eigenes Alphabet verwendeten. Die meisten von ihnen arbeiteten wesentlich langsamer als die Allgemeinheit der Wesen.
    Während dieser ganzen Zeit schien meine eigene Rolle in den Träumen die eines entkörperlichten Bewusstseins zu sein, das weiter sehen konnte als üblich und das frei umherschwebte, aber an die gewöhnlichen Wege und Geschwindigkeiten der Fortbewegung gebunden war. Erst ab dem August 1915 wurde ich von Hinweisen auf eine leibliche Existenz gepeinigt. Ich sage gepeinigt, weil die erste Phase eine rein abstrakte, aber unendlich schreckliche Verknüpfung meines bereits genannten Ekels vor dem eigenen Körper mit den Szenen meiner Visionen war.
    Eine Zeit lang war ich im Traum ängstlich bestrebt, nicht an mir hinabzublicken, und ich weiß noch, wie dankbar ich für das vollkommene Fehlen von großen Spiegeln in den seltsamen Räumen war. Mir setzte die Tatsache stark zu, dass ich die Oberflächen der großen Tische – die nicht weniger als drei Meter hoch waren – immer von oben sah.
    Und dann wurde die krankhafte Versuchung, doch an mir selbst hinabzublicken, immer und immer stärker, bis ich ihr eines Nachts nicht länger widerstehen konnte. Mein erster Blick nach unten offenbarte mir gar nichts. Im nächsten Moment erkannte ich den Grund dafür: Mein Kopf befand sich am Ende eines dehnbaren Halses von enormer Länge. Als ich diesen Hals einzog und einen scharfen Blick nach unten warf, sah ich den schuppigen, gefurchten, schillernden, kegelförmigen Leib, drei Meter groß und am unteren Ende drei Meter breit. Das war die Nacht, in der ich mit meinem Schrei halb Arkham weckte, als ich wie wahnsinnig aus den Tiefen des Schlafes emporfuhr.
    Erst nach wochenlanger grausiger Wiederholung dieser Szene gewöhnte ich mich halbwegs an diese Visionen meiner selbst in Gestalt eines Monstrums. In den Träumen bewegte ich mich nun mit diesem Körper inmitten der anderen unbekannten Wesen, las fürchterliche Bücher aus den zahllosen Regalen und schrieb stundenlang an den großen Tischen mit einem Griffel, den ich mit den grünen Tentakeln führte, die von meinem Kopf herabhingen.
    Mir blieben Fetzen des Gelesenen und Geschriebenen im Gedächtnis hängen. Da waren schreckliche Annalen anderer Welten und anderer Universen und Darstellungen der Regungen formlosen Lebens außerhalb aller Universen. Da waren Berichte über seltsame Gattungen von Wesen, die die Welt in unvordenklicher Vergangenheit bevölkert hatten, und grausige Chroniken von grotesk gestalteten Intelligenzen, die sie Millionen von Jahren nach dem Tod des letzten Menschen bevölkern würden.
    Ich erfuhr von Kapiteln aus der Geschichte der Menschheit, von deren Existenz kein heutiger Gelehrter auch nur eine Ahnung hat. Die meisten dieser Schriften waren in der Hieroglyphenschrift verfasst, die ich auf sonderbare Weise mithilfe einer summenden Maschine erlernte und bei der es sich offenkundig um eine agglutinierte Sprache mit Wurzeln fernab jeglichen menschlichen Idioms handelte.
    Andere Bücher waren in anderen unbekannten Sprachen geschrieben, die ich mir auf dieselbe Weise aneignete. Nur einige wenige waren in mir geläufigen Sprachen verfasst. Überaus geschickt gemachte Illustrationen, sowohl in den Aufzeichnungen selbst als auch in eigenen Sammlungen, waren mir eine gewaltige Hilfe. Und die ganze Zeit über schien ich eine Geschichte meines eigenen Zeitalters in Englisch abzufassen. Beim Erwachen erinnerte ich mich lediglich an winzige und bedeutungslose Bruchstücke der unbekannten Sprachen, die mein Traum-Ich gemeistert hatte, auch wenn ich ganze Sätze aus der Geschichte behalten hatte.
    Ich erfuhr – noch lange bevor mein waches Selbst die Parallelfälle oder die alten Mythen studiert hatte, denen die Träume doch zweifellos entsprangen –, dass die mich umgebenden Wesen der größten Rasse der Welt angehörten, die die Zeit besiegt und forschende Geister in jedes

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