Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Türschloss zu meiner Erinnerung, während eine andere unbekannte Macht versuchte, die Pforte geschlossen zu halten.
    Es war eine windstille Nacht und der fahle Sand wogte auf und nieder wie die gefrorenen Wellen des Meeres. Ich hatte kein Ziel, sondern schritt wie von einem unbekannten Schicksal gelenkt voran. Meine Träume vermischten sich mit der wirklichen Welt, und jeder der Megalithen im Sand schien mir Teil von endlosen Räumen und Gängen eines vormenschlichen Bauwerks zu sein, verziert mit Hieroglyphen und Symbolen, die mir nur allzu vertraut waren aus den Jahren der geistigen Gefangenschaft bei der Großen Rasse.
    Zuweilen bildete ich mir ein, diese allwissenden konischen Ungeheuer ihren Beschäftigungen nachgehen zu sehen, und ich fürchtete mich davor, an mir selbst hinabzublicken und auf einmal ebenso auszusehen wie sie. Aber die ganze Zeit über sah ich sowohl die im Sand begrabenen Blöcke als auch die Räume und Gänge, sowohl den bösen, brennenden Mond als auch die Lampen aus leuchtendem Kristall, sowohl die endlose Wüste als auch die wehenden Farne vor den Fenstern. Ich träumte und war zugleich wach.
    Ich weiß nicht, wie weit oder wie schnell – oder auch nur in welche Richtung – ich gegangen war, als ich zum ersten Mal die Steinblöcke erblickte, die der Wind an diesem Tag freigelegt hatte. Es war die bislang größte Gruppe, die ich an einer Stelle gesehen hatte, und das machte einen so heftigen Eindruck auf mich, dass die Visionen aus sagenumwobenen Zeitaltern schlagartig verblichen.
    Wiederum war ich nur von der Wüste und dem bösen Mond und den Ruinen einer unergründlichen Vergangenheit umgeben. Ich kam näher, hielt inne und richtete das zusätzliche Licht meiner Taschenlampe auf den zusammengestürzten Haufen. Ein Sandhügel war hinweggeweht worden und hatte eine niedrige, in unregelmäßiger Kreisform angeordnete Gruppe von Megalithen und kleineren Bruchstücken freigegeben, deren Durchmesser zwölf Meter betrug und deren Einzelteile von sechzig Zentimeter bis zu zweieinhalb Meter hoch waren.
    Schon gleich zu Anfang erkannte ich, dass diese Steine von gänzlich anderer Qualität als die vorangegangenen Funde waren. Nicht nur, dass ihre Anzahl bislang unübertroffen war; mich schlugen die vom Sand verwischten Muster in ihren Bann, als ich sie im Licht des Mondes und der Taschenlampe näher untersuchte.
    An sich gab es keinen wesentlichen Unterschied zu den Exemplaren, die wir bereits gefunden hatten. Es war eine eher unterschwellige Sache. Ich gewann den besagten Eindruck nicht, wenn ich mir nur einen einzigen Block betrachtete, sondern nur dann, wenn mein Blick über mehrere gleichzeitig schweifte.
    Dann endlich dämmerte mir die Wahrheit. Die krummlinigen Muster auf vielen dieser Blöcke standen in einem engen Zusammenhang – sie waren Teil eines gewaltigen dekorativen Entwurfs. Zum ersten Mal war ich in dieser uralten Wüste auf Teile des Mauerwerks in seiner ursprünglichen Anordnung gestoßen – durchaus zerfallen und fragmentarisch, ja, aber dennoch in einem sehr eindringlichen Sinn präsent.
    Ich stieg an einer niedrigen Stelle hinauf und kletterte mühsam über den Schuttberg; hier und da fegte ich den Sand mit den Fingern zur Seite und versuchte ständig, die unterschiedlichen Größen, Formen und Stile sowie die Zusammenhänge zwischen den Mustern zu ergründen.
    Nach einer Weile hatte ich eine vage Vermutung über das Wesen des ehemaligen Bauwerks und der Muster, die sich einst über die gewaltigen Steinflächen erstreckt hatten. Der vollkommene Einklang des Ganzen mit einigen Teilen meiner Träume entsetzte und erschütterte mich.
    Es hatte sich hierbei einst um einen zyklopischen Korridor von neun Metern Höhe und neun Metern Breite gehandelt, mit einem soliden Dachgewölbe und gepflastert mit achteckigen Quadern. Zur Rechten waren Räume abgegangen, und am anderen Ende hatte eine dieser seltsam schrägen Ebenen in noch größere Tiefen hinabgeführt.
    Ich zuckte bei dieser Vorstellung heftig zusammen, denn es lag mehr dahinter, als die Blöcke selbst angedeutet hatten. Woher wusste ich, dass diese Etage im Grunde tief unter der Erde sein sollte? Woher wusste ich, dass sich die Ebene, die nach oben führte, hinter mir hätte befinden sollen? Woher wusste ich, dass der lange unterirdische Durchgang zum Platz der Säulen eine Etage über mir zur Linken liegen musste?
    Woher wusste ich, dass der Maschinenraum und der nach rechts abzweigende Tunnel zu den Zentralarchiven

Weitere Kostenlose Bücher