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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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und insgesamt deplaziert. Es existieren eine ganze Reihe solcher Kirchen, einschließlich der großen Kathedrale von Providence, die um 1880 von Thomas F. Hendricken erbaut wurde (der 1872–1886 der erste katholische Bischof von Providence war). Manchmal konnte so ein großes steinernes Gebäude aber auch andere Gefühle wecken: Davon handelt nun ›The Haunter of the Dark‹. Das Gebäude ist hier Manifestationsort eines unheimlichen, letztlich sogar außerirdischen Schreckens.
    Die Kirche, die Lovecraft primär im Blick hat, ist St. John’s Church (Atwell Avenue), die 1871–1875 erbaut wurde und in der Tat ein Gebäude von beträchtlicher Ausstrahlung war. Leider wurde St. John’s Church Anfang der 1990er Jahre in mehreren Etappen vollständig abgerissen, weil das Gebäude als nicht mehr sicher galt. Heute befindet sind an der Stelle der ehemaligen Kirche ein kleiner, etwas erhöht gelegener Park (St. John’s Park). Nur das eiserne Gitter erinnert noch an die Kirche, die Lovecraft uns vor Augen malt (dieses ist aber jüngeren Datums). Die architektonischen Details stimmten nicht völlig überein: Lovecraft hat hier wie immer Fantasie und Wirklichkeit gemischt und vor allem den Kirchturm seiner Kirche nach einem anderen Vorbild gestaltet, welches man heute noch in Providence besichtigen kann: St. John’s Episcopal Church in der North Main Street, etwas näher an Lovecrafts Wohnung gelegen. Leider haben die gewaltigen Parkplätze, die neuen Durchgangsstraßen, die Betonierung des alten Hafenviertels (das heute zum Teil durch einen Park ersetzt ist) und ein riesiges Kraftwerk, das weithin zu sehen ist, viel von dem alten Charme zerstört. Von College Hill (dem Zentrum einer jeden Entdeckungstour durch Lovecrafts Providence) läuft man etwa eine knappe Stunde nach Federal Hill. Den ehemaligen Blick aus Lovecrafts Fenster kann man weithin noch von dem kleinen Park Prospect Terrace aus einfangen, der vielleicht die schönste Ecke in Providence ist. Im Juni 1935 (Lovecraft war gerade zu Besuch bei Barlow in Florida) schlug ein Blitz in den Turm von St. John’s Church ein und hinterließ einige Zerstörungen: Das mag ein Auslöser für die Funktion der Gewitter in Lovecrafts Geschichte gewesen sein (vgl. aber auch schon ›The Lurking Fear‹ von 1922).
    Ein letzter inhaltlicher Punkt soll hier kurz angesprochen werden, ohne dass eine Interpretation der Erzählung hier angegangen werden kann. Was geschieht eigentlich am Ende von ›The Haunter of the Dark‹? Natürlich, möchte man sagen, der Protagonist wird von einem dämonischen Wesen getötet, das er unabsichtlich durch seinen Blick in einen magischen Stein heraufbeschworen hatte. Das ist aber nur die Oberfläche. Durch die ganze Erzählung hindurch ziehen sich die Textsignale einer eigentümlichen Affinität, einer wechselseitigen Anziehung zwischen Blake und Nyarlathotep. Das beginnt schon mit den Titeln von Blakes Kurzgeschichten, die er schreibt, bevor er je auf Federal Hill war. Die (ganz beiläufig niedergeschriebene und leicht überlesene) Kernaussage steht dann auf dem letzten Blatt von Blakes Tagebucheintragungen: »Ich bin Es und Es ist Ich«. Zwischen Blake und Nyarlathotep kommt es zu einer mystischen Identität. Blake stirbt nicht durch Nyarlathotep, sondern als Nyarlathotep. Todesursache Blakes ist das Licht eines Blitzes, welches ja gerade Nyarlathotep nicht verträgt. (Schließlich hätte Nyarlathotep Blake schon leicht töten können, als dieser schlafwandelnd den verschlossenen Turm aufgesucht hatte und dort Visionen vom schwarzen Zentrum des Alls hat). Diese interpretatorische Erkenntnis kann hier nicht entfaltet werden; wie immer bei Lovecraft, sind Identitätssuche und Identitätsdiffusion von außerordentlicher Komplexität.
    Die Atmosphäre von Lovecrafts Geschichten, sein sprachlicher Einfallsreichtum, aber auch seine üppige, verspielte Manieriertheit, seine Evokation des Fremden im Nahen, des Monströsen vor der Haustür, dürfte kaum je so überzeugend eingefangen worden sein wie in der folgenden Erzählung. Auch hier erweist sich Lovecraft als ein kosmischer Regionalschriftsteller von bleibender Faszination.

Jäger der Finsternis
    (Robert Bloch gewidmet)
    Ich sah das finstre Weltenall gähnen,
    Wo die schwarzen Planeten ziellos kreisen –
    Wo sie kreisen in unbeachtetem Schrecken,
    Ohne Wissen oder Namen, sie zu preisen.
    – Nemesis
    Vorsichtige Ermittler werden nur unter Vorbehalt die allgemeine Ansicht in Zweifel ziehen, Robert

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