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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Blake sei von einem Blitzschlag oder einem schweren Nervenschock, der auf eine elektrische Entladung folgte, getötet worden. Es stimmt, dass das Fenster, dem er gegenübersaß, nicht zerbrochen war, doch hat sich die Natur schon vieler abwegiger Darbietungen fähig erwiesen. Der Ausdruck seines Gesichtes hätte auch von einem ungewöhnlichen Muskelreflex herrühren können, der nicht mit etwas, das er sah, in Zusammenhang stand, während die Einträge in seinem Tagebuch eindeutig das Erzeugnis einer überspannten Vorstellungskraft sind, die von dem lokalen Aberglauben und gewissen von Blake aufgedeckten alten Vorfällen erregt wurde. Was die unnormalen Zustände in der verlassenen Kirche von Federal Hill betrifft – der scharfsinnige Analyst zögert nicht, diese einer bewussten oder unbewussten Scharlatanerie zuzuschreiben, mit der Blake wenigstens teilweise in geheimer Verbindung stand.
    Denn schließlich war das Opfer ein Schriftsteller und Maler, der sich gänzlich dem Bereich des Mythischen, des Traums, des Entsetzens und Aberglaubens verschrieben hatte, und er war stets eifrig auf der Suche nach Szenerien und Effekten bizarrer und gespenstischer Art. Sein früherer Aufenthalt in der Stadt – ein Besuch bei einem sonderbaren alten Mann, der eine ebenso tiefe Neigung zu okkulten und verbotenen Lehren hegte wie er – endete inmitten von Feuer und Tod, und es musste wohl ein morbider Instinkt gewesen sein, der ihn aus seiner Heimat in Milwaukee hierhin zurückführte. Er könnte von den alten Geschichten gewusst haben, wenngleich er in seinem Tagebuch das Gegenteil behauptet, und sein Tod mag einen erstaunlichen Schabernack im Keime erstickt haben, der für eine literarische Umsetzung bestimmt war.
    Zu jenen, die all diese Punkte untersucht und miteinander in Beziehung gebracht haben, zählen indes mehrere Personen, die an weniger rationalen und gewöhnlichen Theorien festhalten. Sie sind geneigt, einen Großteil von Blakes Tagebuch beim Wort zu nehmen, und vor allem weisen sie auf gewisse Tatsachen hin wie etwa die außer Zweifel stehende Echtheit der alten Kirchenchronik, die erwiesene Existenz der unbeliebten und unorthodoxen Sekte ›Weisheit der Sterne‹ vor 1877, den im Jahre 1893 amtlich belegten Vermisstenfall eines wissbegierigen Reporters namens Edwin M. Lillibridge und – vor allem – den ungeheuerlichen, angstverzerrten Gesichtsausdruck des jungen Schriftstellers im Augenblick seines Todes. Es war einer jener von diesen Dingen Überzeugten, der sich in seinem fanatischen Extremismus dazu hinreißen ließ, in der Bucht den merkwürdig gewinkelten Stein und die dazugehörige sonderbar verzierte Metallkiste zu versenken, die man im Glockenturm der alten Kirche entdeckt hatte – in der schwarzen fensterlosen Turmspitze, und nicht in der Turmstube, wo sich laut Blakes Tagebuch jene Gegenstände ursprünglich befunden hatten. Obgleich er offiziell und inoffiziell weithin dafür getadelt wurde, behauptete dieser Mann – ein achtbarer Arzt mit einer Neigung zu seltsamem Volksbrauchtum –, er habe die Welt von etwas befreit, das zu gefährlich sei, um hier zu verbleiben.
    Zwischen diesen beiden Positionen muss der Leser selbst eine Entscheidung treffen. Die Zeitungen haben die fassbaren Einzelheiten aus einem skeptischen Blickwinkel dargestellt und es anderen überlassen, das Bild so zu zeichnen, wie Robert Blake es sah – oder es zu sehen glaubte – oder es zu sehen vorgab. Nun, da wir das Tagebuch genau, kühl und mit Muße studiert haben, wollen wir die dunkle Abfolge der Ereignisse ausdrücklich aus der Sichtweise des Protagonisten zusammenfassen.
    Der junge Blake kehrte im Winter 1934/35 nach Providence zurück und mietete das obere Geschoss eines respektablen Wohnhauses in einem grasbewachsenen Hof hinter der College Street – auf dem großen nach Osten gelegenen Hügel in der Nähe des Campus der Brown-Universität und der nach John Hay benannten Bibliothek. Dies war ein gemütlicher und faszinierender Ort in einer kleinen Gartenoase von dorfähnlicher Altertümlichkeit, wo große freundliche Katzen sich auf einem bequemen Schuppen sonnten. Das rechteckige georgianische Haus besaß ein Giebeldach, ein mit kunstvollen Schnitzereien verziertes klassisches Portal, Fenster mit kleinen Scheiben und all die andern Merkmale der Baukunst des frühen 19. Jahrhunderts. Im Innern gab es Paneeltüren, weiße Dielen, eine geschwungene Treppe im Kolonialstil und weiße Kaminverkleidungen aus der

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