Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
die bis auf den schneebedeckten Erdboden hinunter abgetragen war, während fünfzig oder achtzig Meter weiter vorn ein mächtiges, dachloses Bollwerk aufragte, dessen gewaltige, fünfzackige Grundform noch gut erhalten war und bis zu einer unregelmäßigen Höhe von dreieinhalb bis vier Metern emporwuchs. Auf diesen Bau gingen wir zu; und als wir dann tatsächlich seine verwitterten zyklopischen Blöcke mit den Händen berührten, spürten wir, dass wir eine beispiellose und beinahe blasphemische Verbindung zu vergessenen Zeitaltern geknüpft hatten, die unserer Spezies eigentlich verwehrt sind.
    Dieses Bollwerk, von sternförmigem Grundriss und einem Durchmesser, der von Spitze zu Spitze vielleicht hundert Meter betrug, war aus verschieden großen Blöcken jurassischen Sandsteins gefügt, deren Maße im Schnitt 2 x 2,5 m betrugen. Gut einen Meter über der Eisdecke gab es eine Reihe überwölbter Öffnungen oder Bogenfenster, etwa 1,20 m breit und 1,50 m hoch, die sich in regelmäßigen Abständen zwischen den Spitzen und den Innenwinkeln der sternförmigen Außenmauer verteilten. Als wir durch diese Öffnungen spähten, sahen wir, dass die Außenmauern sehr dick waren, etwa 1,50 m, und dass keine inneren Trennwände überdauert hatten. Die Mauerinnenseite wies Reste von Verzierungen und Reliefs auf – wie wir es bereits vermutet hatten, als wir in geringer Höhe über diese und andere Ruinen hinweggeflogen waren. Obwohl das Gebäude einst untere Teile besessen haben musste, waren sie spurlos unter der tiefen Schnee- und Eisschicht begraben.
    Wir kletterten durch eines der Fenster und versuchten erfolglos, die von der Zeit fast ausgelöschten Mauerreliefs zu deuten. Den gefrorenen Boden ließen wir jedoch unangetastet – während unseres Orientierungsfluges hatten wir nämlich gesehen, dass viele Gebäude weniger im Eis versunken waren als dieses, und in den Bauwerken, die noch ein Dach besaßen, würden wir vielleicht sogar vollkommen eisfreie Innenräume vorfinden, die bis zur eigentlichen Grundebene hinabführen mochten. Bevor wir das Gebäude verließen, fotografierten wir es gewissenhaft und inspizierten in fassungslosem Staunen sein zyklopisches, mörtelloses Mauerwerk. Wir bedauerten, dass Pabodie nicht anwesend war, denn sein technisches Wissen hätte uns sicherlich geholfen, eine Erklärung dafür zu finden, wie solche titanischen Steinblöcke in jenem unendlich fernen Zeitalter, in dem die Stadt und ihre Ausläufer erbaut worden waren, überhaupt hatten bearbeitet werden können.
    Der etwa achthundert Meter weite Marsch zur eigentlichen Stadt hinab, untermalt vom ohnmächtigen, wütenden Heulen des Höhenwinds zwischen den gewaltigen Gipfeln im Hintergrund, ist etwas, dessen kleinste Einzelheit für immer in mein Gedächtnis eingegraben bleiben wird. Nur in fantastischen Albträumen könnten menschliche Geschöpfe außer Danforth und mir sich solche optischen Effekte ausmalen. Zwischen uns und den brodelnden Nebeln des Westens lag jenes ungeheuerliche Wirrwarr dunkler Steintürme, deren bizarre und unglaubliche Formen uns aus jedem Blickwinkel von Neuem den Atem raubten. Es war eine Fata Morgana aus massivem Stein, und besäßen wir nicht die Fotografien, ich würde bis heute daran zweifeln, dass so etwas überhaupt möglich ist. Der Aufbau der Mauern entsprach der des Bollwerks, das wir untersucht hatten; doch die abenteuerlichen Formen, zu denen sich dieses Mauerwerk in der Stadt selbst fügte, entzogen sich jeder Beschreibung.
    Selbst die Fotos geben kaum die unendliche Vielfalt dieser Stadt wieder, ihre sonderbare Grandiosität und unsagbar groteske Fremdartigkeit. Da gab es geometrische Formen, für die selbst ein Euklid kaum einen Namen gefunden hätte – Kegel in allen Stadien der Unregelmäßigkeit und Abflachung, fehlproportionierte Terrassen manigfachster Art, Rundtürme mit knollenartigen Ausbeulungen, Gruppen zerbrochener Säulen und fünfzackige oder fünfhöckrige Gebilde von wahnwitziger Absurdität. Als wir näher kamen, konnten wir an einzelnen, durchsichtigen Stellen durch die Eisdecke hinabblicken und einige der röhrenförmigen Steinbrücken ausmachen, die die verrückt verstreuten Bauten in unterschiedlichen Höhen miteinander verbanden. Reguläre Straßen gab es anscheinend nicht, die einzige breite, offene Schneise befand sich etwa eineinhalb Kilometer weiter links, wo einst zweifellos der urzeitliche Fluss durch die Stadt bis ins Gebirge geströmt war.
    Mit unseren Ferngläsern

Weitere Kostenlose Bücher