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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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antiken und mittelalterlichen Sage bis zu Robert W. Chambers grotesk-gruseliger (aber nicht wirklich unheimlicher) Erzählung ›The Harbor-Master‹, die sowohl separat als auch als erstes Kapitel des Episodenromans ›In Search of the Unknown‹ (New York und London 1904) erschienen ist. Aber diese literarischen Vorbilder werden von Lovecraft so stark verfremdet und zum Träger neuer Inhalte, dass sie nicht wirklich wichtig sind. Ein wenig interessanter ist die Beobachtung, dass das unterirdische Reich der »Tiefen Wesen« Y’ha-nthlei ohne Frage eine Anspielung auf Atlantis, den im Atlantik vor Urzeiten versunkenen Kontinent, sein soll. Auf Atlantis lebten nach Platons Sage jedoch Menschen, keine Monstren – was wurde aus diesen Menschen, als Atlantis im Meer versank? Lovecrafts Idee scheint aber eher zu sein, dass die Atlantissage sozusagen eine Verharmlosung der submaritimen Schrecken von Y’ha-nthlei ist.
    Das fiktive Innsmouth wurde 1643 gegründet; seine Aufstieg und Verfall ähneln in vielem denen von Newburyport. 1846 war zwar kein besonderes Jahr für Newburyport (wie für Innsmouth), allerdings verbrannte in diesem Jahr bei einem gewaltigen Feuer ein Großteil des alten Geschäftsviertels von Nantucket. Dies war in den 1860er und 1870er Jahren fast zur Geisterstadt geworden, nachdem der Walfang nichts mehr einbrachte. Leserinnen und Leser kennen es aus Herman Melvilles Roman Moby Dick (1851). In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts gab es allerdings schon Tourismus auf Nantucket; außerdem war die Stadt für Lovecraft literarisch nicht zu gebrauchen, da sie bereits künstlerisch »definiert« war (durch Melville) und außerdem auf der gleichnamigen Insel liegt. Immerhin sehen wir, wie Erfahrungen und Motive aus ganz Neuengland in das Bild der archetypischen »verfallenden Stadt« einfließen.
    Und natürlich ist auch wieder Autobiografisches mit Händen zu greifen: Wer würde seine Volljährigkeit feiern, indem er »genealogische Daten über seinen Familienstammbaum« sammelt? Lovecraft war ein begeisterter, wenn auch nicht sehr sorgfältiger (und daher nicht ganz verlässlicher) Familienforscher. Ken W. Faig hat Lovecrafts mütterlichen, Richard D. Squires seinen väterlichen Hintergrund bis in die letzten Verästelungen hinein erforscht (beide haben ganze Bücher über Lovecrafts Familie geschrieben); weitergehende Berührungen mit den Komplikationen im Stammbaum des Erzählers von ›The Shadow Over Innsmouth‹ scheint es indes nicht zu geben … Lovecraft hat gerne Kontakt auch zu entlegenen Verwandten gehalten, weil dies für ihn ein Symbol seiner eigenen persönlichen Wurzeln in Neuengland war.
    Zuletzt zur Publikationsgeschichte. Diese ist hier von größerem Interesse als meist bei Lovecraft. Zwar erschien die Novelle auch in Weird Tales (Januar 1942, in gekürzter Fassung), vor allem aber stellt sie Lovecrafts einzige »richtige« Buchpublikation zu seinen Lebzeiten dar (wenn wir von mehreren Büchern absehen, die Lovecraft nur herausgeben hatte). Im April 1936 druckte William L. Crawford (1911–1984), den Lovecraft 1933 kennengelernt hatte, den Band in seinem Kleinverlag Visionary Publishing Co. in Everett, Pennsylvania. Versehen mit vier wirklich wunderschönen Illustrationen von Frank Utpatel, leider relativ fehlerhaft gesetzt, dafür solide gebunden, kam der Band erst Ende des Jahres in die Auslieferung (Lovecraft erhielt sein Exemplar im November 1936). 400 Exemplare wurden gedruckt, aber nur 200 gebunden (die Restexemplare haben leider nicht überlebt), die heute sehr gesucht sind. In einer ganzen Anzahl von Exemplaren nahm Lovecraft (der kein sehr guter Korrekturleser war) eigenhändig Verbesserungen vor. Wenige Monate vor seinem Tod hatte Lovecraft das Vergnügen – nachdem unzählige Buchprojekte an der Ablehnung der Verlage gescheitert waren – wenigstens ein Buch mit seinem Namen auf dem Cover besitzen zu können.
    Zur Vorgeschichte der Novelle soll noch erwähnt werden, dass wir hier einmal einen genaueren Einblick in die kreativen Prozesse Lovecrafts gewinnen können, da ein Entwurf erhalten ist. Wir besitzen nur selten Manuskripte Lovecrafts mit solchen vorläufigen Entwürfen, obwohl er seine Texte immer sehr sorgfältig plante und keineswegs einfach drauflos schrieb. Seine eingeschränkten Platzverhältnisse (faktisch bewohnte er den größten Teil seiner späteren Jahre nur ein Ein-Zimmer-Apartment) haben ihn daran gehindert, allzu viel Materialien aufheben zu können,

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