Chronik einer Trennung (German Edition)
gewesen, wenn jemand eine fallen gelassen hätte.
Unsicher, beinah hektisch, blickte der Mann sich immer wieder um, sah in die Dunkelheit, als warte er auf jemanden. Er wusste auf wenn er wartete, jeder hätte wissen können auf wenn er wartete. Doch musste ihr Treffen ausgerechnet mitten in der Nacht stattfinden, in dieser mondlosen Nacht?
Ein Schatten trat heran, aus dem Nichts, aus der Dunkelheit. Der junge Mann bemerkte die schlurfenden Schritte erst sehr spät.
Erschrocken drehte er sich um, sah mit großen Augen in das Gesicht der anderen Person.
Wie zu Eis gefroren schien eine ganze Weile w ieder gar nichts zu passieren. Die Anspannung war nun zum Greifen nah, bis erneut diese Stimme ertönte, die zu dem jungen Mann gehörte und die so unnatürlich hoch und kratzig klang, so das sie jede Stimmung versaute:
„ Ich bin hergekommen, so wie du es wolltest. Warum wolltest du mich so unbedingt sprechen und das mitten in der Nacht? Vielleicht sollten wir uns in ein Café reinsetzen und was trinken, ich lade dich auch ein, wie früher.“
„Nein, heute nicht.“ , die andere Person, offensichtlich ebenfalls ein Mann, war nun näher zur Bank gekommen, ihr Gesicht gesenkt unter der Kapuze die sie trug, ihr Rücken gebeugt, als habe sie Schmerzen in diesem Bereich.
„ Es tut mir leid, aber ich kann so nicht weiter leben“, zischte sie leise, aber durch die Stille deutlich zu vernehmen.
Mit der Hand griff der Neuankömmling in seine Hosentasche. Ganz unvermittelt hatte er daraus etwas hervor geholt. Der Mann auf der Bank zuckte zurück, fuchtelte aus irgendeinem Grund mit seinem Armen und hatte dabei seine Augen geweitet, als habe er Angst.
Erst jetzt war zu erkennen , was der zweite Mann aus seiner Tasche geholt hatte, einen Dolch.
Mehrmals stach er zu. Drei Stiche in die Brust, dan n brach die Person auf der Bank zusammen. Sie war tot.
„ Das ist das mindeste was du verdienst, nach all dem was du mir angetan hast!“
Ein Applaus ging durch das Publikum im Theater, der rote Vorhang schloss sich. Es war Pause.
Christian und Andreas guckten beide mit offenen Mündern auf die Bühne, von der nun deutlich Geräusche kamen, da dort, hinter dem Vorhang, ein neues Bühnenbild aufgebaut wurde.
Das war so ziemlich das schlechteste und unrealistischste Theaterstück, was sie in ihrem Leben gesehen hatten und Lust auf eine zweite Hälfte hatte keiner von beiden.
Christian schwenkte seinen Kopf mit einem Grinsen zu seiner linken Seite.
„ Und, wie fandst du das Theaterstück, Süße?“, fragte er Svenja, ein gut aussehendes Mädchen aus ihrem Jahrgang.
Sie sah ihn verwundert an. S eine Augen waren voller Selbstvertrauen in ihrem Ausschnitt gelandet.
„ Was ist denn nur heute Abend mit dir los?“, auch Andreas, der rechts von Christian saß, schaute diesen mit einem erstaunten Blick an.
Zusammen mit ihrem Pädagogikkurs saßen sie an diesem Freitagabend in dieser pädagogisch wertvollen Theatervorstellung. Es war eine schulische Pflichtveranstaltung und Christian benahm sich dabei äußerst merkwürdig.
Es begann schon, als Andreas aus der Bahn gestiegen war. Christian wartete bereits mit Amin zusammen am Bahnhof , und aus irgendeinem Grund grinste er von einem Ohr zum anderen, als habe er alle seine Depressionen und den Anfall vom Tag zuvor weit hinter sich gelassen.
D och es wurde noch verwunderlicher, denn die Begrüßung von Christian endete nicht mit seinem freudestrahlenden Gesicht, sie hatte damit erst begonnen: als nächstes bekam Andreas einen Handschlag, dann wurde ihm die Faust gereicht, die er mit seiner Faust berühren sollte, woraufhin Christian aufgedreht zu lachen anfing. Schließlich wurde das Ritual mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter beendet.
Das war alles sehr untypisch für Christian und er hatte es wohl auch selbst bemerkt, denn eine Erklärung für sein Verhalten ließ nicht lange auf sich warten:
„Ich habe den ganzen Nachmittag mit Amin verbracht, fast fünf Stunden! Gestern schon haben wir uns nach der Schule unterhalten. Es war voll cool! Wir haben über alles Mögliche gesprochen!“, er ließ sich in seinem Redeschwall nicht unterbrechen.
„ Amin hat mir voll krass interessante Sachen über den Islam erzählt.“, Christian verwendete dabei Wörter, die er vorher noch nie in den Mund genommen hatte.
„ Und wir sind zufällig ganz vielen Freunden von Amin begegnet, die von sich erzählt haben. Alter, die waren alle so nett zu mir und dann hat
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