Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache
könnten sich verirren. Er ist noch nicht lange weg – sie holen ihn leicht ein.«
Adrian schüttelte den Kopf. »Wir kommen gut allein zurecht.«
Elsa war sich da nicht so sicher. Wenn sie sich wirklich in großer Gefahr befanden, wie Aagard sagte, war es auf jeden Fall besser, mit jemandem zu reisen, der den Weg kannte. Das Pochen in ihrem rechten Arm und ihrer rechten Hand setzte wieder ein und lenkte sie ab. Lass mich ihn Ruhe! ,sagte sie zu dem Schwert.
»Wenn wir uns trennen«, sagte Aagard schließlich, »müsst ihr mir versprechen, dass ihr euch Cluaran anschließt und ihm sagt, ich hätte ihn mit eurem Schutz beauftragt.«
»Unserem Schutz?«, protestierte Adrian. »Wir brauchen keinen …«
»Schwört!«, beharrte Aagard. »Sagt ihm, ich verlangte es im Namen dessen, der nie gestorben ist. Dann weiß er Bescheid. Wenn er das hört, wird er euch nicht verlassen.«
Adrian schien sich nicht fügen zu wollen und Elsa verlor die Geduld. »Willst du jetzt, dass Aagard nach Medwel zurückkehrt oder nicht?«, fauchte sie. »Wir versprechen es«, fügte sie an Aagard gewandt hinzu. Adrian neben ihr nickte verärgert.
Aagard nickte Gilbert zu. »Ich reite mit Euch, Herr.« Er drückte Elsa und Adrian noch einmal die Hand. »Ihr müsst sofort aufbrechen«, drängte er sie. »Denkt an euer Versprechen und vertraut niemandem außer euch selbst – auch nicht Cluaran, es sei denn, es geht darum, den Weg zu finden. Wenn ich mehr über Orgrims Pläne weiß, kann ich euch in Noviomagus und Dubris erreichen oder ich schicke Thrimgar zu euch. Alles Gute! Mögen eure Götter mit euch sein.«
Er warf ihnen einen letzten Blick zu, drehte sich um und trat zu dem Pferd, das ein Bursche für ihn bereithielt. Kurz darauf entfernten Gilbert und seine Männer sich im Galopp nach Süden. Elsa und Adrian blieben allein am Tor zurück.
Auf einer kleinen Anhöhe außerhalb des Dorfes machten sie halt und blickten auf die ferne, nach Nordosten führende Straße hinunter.
Es war ein schöner Morgen, doch die Frühlingssonne wärmte noch nicht richtig und es wehte ein kalter Wind. Unter dem endlosen Himmel erstreckte sich eine Gegend, die auf Elsas an den Anblick des Meers gewohnte Augen fremd und abweisend wirkte. Unwillkürlich griff sie mit der linken Hand nach der rechten, in der sie immer noch das Kribbeln spürte.
»Wir müssen uns beeilen, damit wir Cluaran einholen«, sagte sie.
Adrian zuckte die Schultern. »Wenn du meinst.« Schlecht gelaunt fügte er hinzu: »Ich weiß nicht, warum wir Aagard versprechen sollten, dass wir Cluaran um Schutz bitten würden. Ich will nicht von einem Fremden beschützt werden, der nicht einmal ein Freund von Aagard ist.«
Die Überheblichkeit, mit der er es sagte, ärgerte Elsa, doch in seinen Augen sah sie nur Kummer. Am Ende, dachte sie, machte die bevorstehende Reise ihm genauso zu schaffen wie ihr und er litt wie sie unter seiner seltsamen, unwillkommenen Gabe.
Sie kletterten den schlüpfrigen Abhang zur Straße hinunter. Die Straße war von kargen Wiesen und einigen verkrüppelten Bäumen mit noch kaum sichtbaren Knospen gesäumt. Genau genommen handelte es sich nur um einen steinigen, ausgefahrenen Weg, der jedoch gerade verlief. Die schmalen Fußabdrücke zeigten an, dass Cluaran noch immer vor ihnen war.
Elsa freute sich, wieder unterwegs zu sein. Nach meiner Rückkehr nach Dubris heuere ich gleich auf einem Schiff an, nahm sie sich vor. Wenn der Drache, den Adrian gesehen hat, dann immer noch die Südküste bedroht, nehme ich eben ein Schiff, das nach Northumbria hinauffährt oder sogar nach Hibernia.
Doch noch hatten sie einen weiten Weg vor sich und mussten zwei Königreiche durchqueren. Ihr Weg würde sie an Venta Bulgarum vorbeiführen oder sogar hindurch, und das war gefährlich. Immer wenn Aagard von der Stadt gesprochen hatte, hatte Elsas Arm seltsam gekribbelt.
Elsa runzelte die Stirn. Das Zauberschwert schien ganz unabhängig von ihr einen eigenen Willen zu haben. Aber Venta war eine Stadt wie jede andere, sagte sie sich, und der kürzeste Weg nach Hause führte mitten hindurch. Sie würde keinen Umweg machen, nur weil ein unsichtbares Schwert in ihrer Hand kribbelte.
Sie blickte über die Schulter. Adrian war hinter ihr zurückgeblieben und starrte missmutig auf die staubige Straße unter seinen Füßen. Vielleicht sollte sie ernsthafter versuchen, sich mit ihm anzufreunden. Sie hatten in den vergangenen beiden Tagen so vieles gemeinsam durchgemacht und mehr
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