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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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Platz zu verlassen: zwei Frauen mit Körben, ein alter Mann, der eine Ziege hinter sich herzog, und ein kleiner Junge mit einem struppigen braunen Hund. Sie alle machten einen weiten Bogen um die Wachen, gingen am Rand des Platzes entlang und hatten es eilig. Plötzlich packte Adrian Elsa am Arm und streckte die Hand aus. Am anderen Ende des Platzes stand im Schatten eines Torbogens Cluaran.
    Der Sänger blickte in die Richtung der großen Halle. Elsa fragte sich, wie lange er dort schon stand. Er schien zu Stein erstarrt, wie das Haus hinter ihm. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr. Hufe klapperten und zwei Wächter mit brennenden Fackeln ritten auf die Halle zu. Adrian duckte sich, als wollte er im nächsten Moment fliehen. Doch die Männer ritten nur an der Halle entlang und steckten Fackeln in die eisernen Halterungen an den beiden Enden und rechts und links des Eingangsportals.
    Dann sah einer der Reiter den alten Mann mit der Ziege. Er war fast am Ende des Platzes angelangt. Mit einer Rute trieb er das widerspenstige Tier an. Der Reiter rief seinem Kameraden etwas zu und dieser lachte. Sie ritten zu dem Ziegenhirten hinüber.
    »Du bist nach der Sperrstunde noch unterwegs, Alter!«, rief einer. »Zahlst du die Strafe gleich oder verbringst du die Nacht lieber im Stock?«
    Der Alte stammelte etwas, was Elsa nicht verstehen konnte. Der zweite Reiter lachte. »Kein Geld?«, rief er höhnisch. »Aber du hast doch diese schöne Ziege.« Immer noch lachend beugte er sich hinunter und packte die Schnur um den Hals der Ziege.
    Die beiden Wächter vor der Halle gesellten sich zu ihnen und sahen zu. Der Alte begann zu wimmern, schlang die Arme um den Hals der Ziege und flehte seine Peiniger an, ihn zu verschonen.
    Elsa sah zu dem Tor hinüber, vor dem Cluaran gestanden hatte. Der Sänger war verschwunden.
    Stattdessen sah sie ihn auf die Halle zulaufen. Die Säulen benützte er als Deckung. Die Wächter sahen ihn nicht. Sie hatten sich um den alten Ziegenhirten versammelt. Die beiden Wächter zu Fuß packten ihn an den Armen und er ließ die Ziege los. Die Ziege blökte in Panik und nahm Reißaus. Dabei riss sie fast den Reiter, der sie festhielt, vom Pferd. Fluchend ließ der Mann die Schnur los und forderte seinen Gefährten auf, gemeinsam mit ihm hinter der Ziege herzujagen.
    Die Ziege rannte in Panik drauflos und Cluaran vor die Füße. Als sie sah, dass jemand ihr den Weg verstellte, blökte sie laut und schwenkte zur Seite. Die Wächter ließen den alten Mann los und der Alte rannte hinter seiner Ziege her. Die Wächter näherten sich zu viert Cluaran. Sie lachten nicht mehr.
    »Wer ist der?«, fragte ein Reiter. Der andere Reiter trabte unterdessen zum Ende des Säulengangs, um Cluaran den Fluchtweg abzuschneiden.
    Cluaran blieb stehen. Die Wächter umzingelten ihn. Er hielt die Harfe in der Hand, als wollte er etwas spielen. Dann lehnte er sich an eine Säule. Sein Mund zuckte wie belustigt.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er.
    Der Reiter brüllte einen Befehl und die beiden andern Wächter traten zu Cluaran und packten ihn an den Armen. »Du bist ein Fremder«, sagte der Reiter barsch. »Und du lungerst nach der Sperrstunde auf der Straße herum – noch dazu bewaffnet. Du bist eine Gefahr für den König.«
    »Ihr meint meinen Bogen und das Messer?«, sagte Cluaran erstaunt. »Ich bin ein Sänger, meine Herren! Um meine Kunst auszuüben, muss ich viel reisen, und unterwegs muss ich essen. Seht.« Cluaran stand plötzlich neben den Händen, die ihn eben noch festgehalten hatten, ohne dass Elsa hätte sagen können, wie er das gemacht hatte, und hob die Harfe. »Ich bedaure zutiefst, die tapferen Verteidiger der Stadt erschreckt zu haben. Ich werde für Euch singen.«
    Er strich mit der Hand über die Saiten. Sobald die ersten Noten erklangen, ließen die beiden Fußsoldaten die Hände sinken und traten einige Schritte zurück. Wie träumend standen sie neben den Säulen.
    Der Reiter ritt auf Cluaran zu und schlug ihm die Harfe aus der Hand. Sie fiel auf das Pflaster. Ein misstönendes Klirren hallte unnatürlich laut über den stillen Platz.
    »Haltet ihn fest, ihr Esel!«, brüllte er. Die beiden Männer zuckten zusammen, stürzten sich auf den Sänger und packten ihn erneut. »Das reicht«, schimpfte der Wächter. »Er ist ein Landstreicher und Unruhestifter.«
    »Sollen wir ihn zu Hauptmann Cathbar bringen, Herr?«, fragte einer der Fußsoldaten.
    »Nicht zu diesem Narren!«, höhnte der Reiter.

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