Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
dem Berg im Süden, als sie bleich und erschöpft den Hang heraufkam. Elsa sah ihr in banger Vorahnung entgegen – doch die Fay-Frau lächelte.
»Er ist wach«, sagte sie.
Cathbar und Cluaran trugen Reinhard wieder in das Versteck hinter den Büschen. Er war zu schwach zum Reden, doch hatte sein Gesicht wieder Farbe angenommen, und als seine Mutter und Sigrid den Brei, den Cluaran angerührt hatte, auf seine Wunde strichen, lächelte er sie an.
Wyn verließ seine Seite und nahm Eolandes Hand. »Wie kann ich Euch das vergelten?«
»Das braucht ihr nicht«, erwiderte Eolande. »Passt auf Euren Sohn auf.«
Wyn nickte, ohne Eolandes Hand loszulassen. »Darf ich Euch nach Eurem Namen fragen?«, sagte sie ein wenig unsicher. »Mein Sohn soll wissen, wer ihn gerettet hat.«
Eolande zögerte einen Moment. »Eolande«, sagte sie dann. »Doch wenn ich ihn gerettet habe, habe ich damit nur eine Schuld abbezahlt, in der ich stand. Ihr seid mir nicht zu Dank verpflichtet.«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich werde zeit meines Lebens an Euch denken, Eolande«, sagte sie. »Möge unsere Freundschaft Euch immer begleiten.«
Geduckt legten sie das letzte Stück zum Kamm zurück und blickten hinunter. Unter ihnen wechselten sich Wiesen und Waldstücke einander ab und im Osten konnten sie im Dunst die Straße erkennen.
Cathbar streckte die Hand aus. »Das Lager liegt hinter diesem Berg. Unser Gegner ist mindestens sechzig Mann stark und hat überall Wachen aufgestellt, seid also vorsichtig und sprecht nicht. Verstanden, Wulf?« Er sah Wulf an und der Junge nickte. Er hatte nicht bei Wyn und Sigrid bleiben wollen, Elsa hatte es im Grunde schon gewusst.
Sie kamen bergab trotz ihrer Vorsichtsmaßnahmen schneller voran als bergauf. Cathbar führte sie eine Felsrinne im Westen des Lagers hinunter, in der sie vor Blicken von unten geschützt waren.
»Die Zelte stehen an einer Felswand«, sagte er. »Sie haben Posten auf dem Berg aufgestellt und oberhalb der Felswand. Die Straße verläuft im Osten. Zwischen ihr und dem Lager erstreckt sich ein Wald, in dem ebenfalls Posten stehen. Nach Süden und Westen ist das Gelände offen. Sie bewachen zwar auch diese Seite, doch könnten wir im Dunkeln durchschlüpfen.«
Sie versteckten sich in einem kleinen Wäldchen, das nur noch durch eine Wiese vom Lager getrennt war. Elsa konnte in der Nähe bereits die ersten Zelte und den schwachen Schein der Feuerstellen erkennen. Ihren Freund sah sie nicht, sosehr sie sich auch anstrengte, nur stämmige Männer in schwarzen Umhängen, die Bratspieße drehten oder Decken aufrollten. Auf dem Berg über ihnen stand eine kleine Gestalt, der Posten, auf den Wiesen vor dem Lager marschierten zwei weitere Wächter in entgegengesetzter Richtung auf und ab. Die tief stehende Sonne tauchte alles in leuchtende Farben.
»Wenn wir uns von Westen nähern, brauchen wir nicht bis Einbruch der Dunkelheit zu warten«, sagte Cluaran leise.
Sobald die Sonne in den Wolken unmittelbar über dem Horizont verschwunden war, brachen sie auf. Sie waren übereingekommen, dass Eolande und der Junge zurückbleiben sollten. Die anderen drei legten ihre Felle ab und holten die Decken aus ihren Bündeln. Die Fay-Frau hielt unterdessen Wulf an den Armen fest. Sie erbleichte ein wenig, als der Junge sich heftig wehrte und protestierte, ließ ihn aber nicht los. Die sinkende Sonne tauchte noch einmal aus den Wolken auf und ihre goldenen Strahlen ergossen sich auf die Wiese und blendeten den einen Posten. Darauf hatte Cluaran gewartet.
»Sobald ich ihn abgelenkt habe, geht ihr los«, flüsterte er. Der Posten hob die Hand, um seine Augen gegen die Sonne abzuschirmen, und der Sänger schlüpfte zwischen den Bäumen hervor und eilte lautlos wie ein Schatten am Rand der Wiese entlang. Elsa und Cathbar warteten mit gezogenen Schwertern. Auf einer Weide grasten Schafe. Plötzlich gerieten sie in Aufruhr. Sie begannen laut zu blöken, dann trampelte die ganze Herde donnernd über die Wiese. Der Posten spähte in ihre Richtung und lief auf die Tiere zu. Zugleich rief er seine Kameraden zu Hilfe.
»Jetzt!«, flüsterte Cathbar und rannte mit Elsa über das hohe Gras zu den Büschen am Fuß des Berges.
Von der anderen Seite des Lagers hörten sie eilige Schritte und Flüche, vermischt mit ängstlichem Blöken. Vorsichtig umrundeten sie die Büsche, doch im Lager war alles ruhig geblieben. Plötzlich teilten sich die Äste und eine Hand legte sich auf Elsas Arm. Elsa erschrak.
Es
Weitere Kostenlose Bücher