Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis

sie lauter und deutlicher denn je. Du hast den Drachen verwundet, obwohl ich nur schwach geleuchtet habe.
    Elsa hatte keine Angst. Das Schwert lag fest in ihrer Hand und durchströmte sie mit seiner Kraft. Und die Worte, die sie in ihrem Kopf hörte, kamen nicht mehr nur von einer, sondern von zwei Stimmen, ineinander verflochten wie die Stimmen eines Liedes und ihr zutiefst vertraut. Sie hob das Schwert, das in ihrer Hand leuchtete wie ein Blitz, und führte einen Schlag gegen die Beine des brennenden Riesen.
    Flammen umhüllten sie und fielen von ihr ab, ohne ihr etwas anhaben zu können. Eolande beschützte sie ein letztes Mal. Der Riese brüllte und krümmte sich vornüber. Er fiel auf die Knie und auf ihr Schwert zu, verwandelte sich in einen Feuersturm und wich wieder zurück. Dicke schwarze Rauchfäden stiegen aus den Flammen auf, schlangen sich um Elsa und tasteten nach ihrem Hals.
    Schlag noch einmal zu! ,riefen die beiden Stimmen, und sie schlug mit dem Schwert nach oben und durchtrennte die Rauchfäden, als bestünden sie aus Fleisch und Blut. Wieder brüllte der Riese auf – und eine undurchdringliche schwarze Rauchwolke hüllte sie ein, und sie sah nur noch das Schwert in ihrer Hand leuchten. Sie ging durch das Dunkel – und stand unversehens vor einem der steinernen Pfeiler.
    Verwirrt wich sie zurück. Gewaltig ragte der Pfeiler vor ihr auf, und sie streckte die Hand aus, um sich an der rauen Oberfläche abzustützen.
    »Fass ihn nicht an!«, schrie Eolande.
    Die steinerne Oberfläche kräuselte sich und Elsa hob das Schwert. Der Pfeiler verschwamm und löste sich auf. An seiner Stelle erschien eine kleine menschliche Gestalt: Adrian, der die Hände abwehrend erhoben und die Augen vor Schreck aufgerissen hatte.
    »Steht mir bei!«, murmelte Elsa und schlug mit geschlossenen Augen zu. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie vor sich nur Nebel.
    Er wird schwächer! ,feuerten die beiden Stimmen sie an. Treib ihn gegen die Steine!
    Sie fand jedoch keine Gelegenheit dazu. Nur das leuchtende Schwert in ihrer Hand behielt seine Gestalt, alles andere veränderte sich in rascher Folge. Der Nebel wurde zu einem Wald, dessen Bäume brannten, als sie auf sie einhieb, dann zu einer Flutwelle, die über ihrem Kopf zusammenschlug, dann zu einer Menge von Menschen, die alle aussahen wie Adrian, wie ihr Vater, wie sie selbst … Elsa konnte nur an ihrem Platz ausharren und das Schwert halten, während Cluaran und Ioneth ihr die Hand führten. Manchmal glaubte sie, Loki getroffen zu haben, doch meist löste er sich unter ihren Schlägen und Hieben einfach in Nichts auf und verspottete sie alsbald in einer neuen Gestalt. Sie hörte die warnenden und anfeuernden Zurufe ihrer Gefährten, ohne sagen zu können, ob sie wirklich deren Stimmen oder nur die Stimme Lokis hörte.
    Als Nächstes sah sie sich von Wölfen mit heraushängender Flammenzunge umringt, die immer näher kamen, während sie sich im Kreis drehte und auf sie einschlug. Eolande schrie gellend auf und verstummte schlagartig. Die Wölfe verschwanden und Loki stand ihr wieder in Menschengröße und allein gegenüber.
    Er lächelte breit, aber das Lächeln galt nicht Elsa.
    »Eolande«, flüsterte Loki, »ich habe deinen Zauber gebrochen. Du siehst, es nützt nichts, sich gegen mich aufzulehnen.«
    Er wandte sich Elsa zu und sein feuriger Mund öffnete sich weiter. Er streckte die Arme nach ihr aus und aus jeder Hand wuchs ein rot glühendes Schwert. Elsa spürte die Hitze auf ihrem Gesicht. Langsam kam er näher. Sie hörte Eolande hinter sich weinen.
    »Und jetzt, meine Kleine«, sagte Loki, »jetzt kämpfen wir.«
     
    Adrian hielt es nicht mehr aus. Er hatte zusammen mit den anderen aus einiger Entfernung zugesehen, wie Elsa gegen den ständig die Gestalt wechselnden Loki kämpfte. Eolande, die neben ihm stand, hatte versucht, ihren Schutzzauber aufrechtzuerhalten, und er hatte bei jeder Gelegenheit mit Steinen geworfen, vielleicht konnte er Elsa damit ja ein wenig helfen. In all seinen Verwandlungen gab Loki stets acht, nicht zu nahe an die Steine zu kommen. Streifte er einen, flackerten die Umrisse seiner Gestalt und verloren an Dichte. Die von den Gegnern geworfenen Steine hatten dieselbe Wirkung, doch gegen eine Macht, die selbst dem Kristallschwert widerstand, konnten sie nichts ausrichten.
    Dann hatte Eolande vor Schmerzen aufgeschrien und die Trugbilder waren verschwunden. Einen Augenblick lang hatte Adrian geglaubt, Elsa habe den tödlichen