Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
auf seine Tochter.
Doch Elsa schüttelte den Kopf.
Ich habe den Drachen nicht getötet, wollte sie sagen. Das war Jokul-dreki. Außerdem …
Etwas stimmte nicht.
Das Kristallschwert pulsierte schwach in ihrer Hand und sie hörte Ioneths Stimme in ihrem Kopf sagen: Nicht tot … noch nicht …
Die beiden überlebenden Drachen brachen auf. Taragor flog langsam und schwerfällig. Seine Flügel waren zerfetzt, sein lahmes Bein hing noch tiefer nach unten. Alle Wut schien aus ihm gewichen und Elsa empfand unwillkürlich Mitleid mit der geschundenen Kreatur.
Jokul-dreki schwebte unmittelbar über ihnen und hatte den langen Hals so gebogen, dass er mit einem großen grünen Auge auf Adrian hinunterblickte.
»Er ist weg«, rief Adrian ihm zum Abschied zu, »und dein Land gerettet! Du kannst jetzt schlafen, ich werde dich nicht mehr stören!«
Elsa überlegte gerade, ob der Eisdrache ihn wohl verstand, da neigte Jokul-dreki wie zur Antwort den Kopf. Dann schlug er donnernd mit seinen zerfetzten Schwingen, stieg auf und entfernte sich nach Norden.
Cathbar blickte der weißen Gestalt nach. »Tja«, sagte er, »Loki ist also tot. Ich hätte nicht geglaubt, dass wir es schaffen.«
Wieder meldete sich in Elsa das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Im Steinkreis war Ruhe eingekehrt. Es hatte aufgehört zu regnen und der Wind hatte sich gelegt. Sogar die von Cluaran beschworenen grauen Wolken lösten sich auf. Und trotzdem wurde Elsa das Gefühl nicht los, dass die Gefahr noch nicht gebannt war.
»Wir haben es noch nicht geschafft«, sagte sie. Das Schwert in ihrer Hand vibrierte. »Loki ist nicht tot. Der Drache war nur ein Teil von ihm …« Ioneth schrie in ihrem Kopf auf und Elsa fuhr herum.
»Er ist hier!«
Bravo.
Wie eine Glocke tönte die melodische und zugleich verhasste Stimme in ihrem Kopf. Zwischen zwei Steinen des äußeren Steinkreises stand Loki.
Du wusstest doch, dass ich dich eines Tages holen würde. Dich und … Ioneth.
Flammen züngelten um seinen Kopf und aus seinen Augen und tauchten seinen schwingenden schwarzen Mantel in einen orangefarbenen Schein. Adrian und Elsas Vater begannen aufgeregt zu schreien, doch Elsa hörte sie nicht. Lokis Stimme füllte ihren Kopf ganz aus: Komm zu mir … Sie machte einen Schritt auf ihn zu und dann noch einen.
Sie hörte Ioneth etwas rufen und spürte die Spannung in ihrem Arm. Doch das Schwert, das sie vor sich hielt, leuchtete nur matt und war kaum zu sehen. Elsa schloss die Hand fest um die Stelle, wo der Griff des Schwertes sein musste, und versuchte sich einzureden, dass sie ein wirkliches Schwert in der Hand hielt. Zweimal hatte sie damit zugeschlagen, ohne viel zu spüren, und den Feuerdrachen verwundet. Ohne weiter zu überlegen, stürzte sie nach vorn und stieß die Klinge tief in die Brust hinter dem schwarzen Mantel.
Sie spürte nicht den geringsten Widerstand. Sie zog das Schwert heraus, um noch einmal zuzustoßen – da hielt etwas sie fest und zog sie auf das Dunkel vor ihr zu. Der Mantel blähte sich und füllte ihr Gesichtsfeld aus. Hinter ihm war nichts als Leere und die unwiderstehliche Stimme.
Komm.
»Elsa!«
Die Stimme ihres Vaters, die vor Panik und Wut heiser klang, brach den Zauber. Hände zogen sie unsanft zurück. Sie fiel auf den mit Asche bedeckten Boden. Verwirrt blickte sie auf. Adrian stand mit angstvoll aufgerissenen Augen über ihr, und ihr Vater und Cathbar hielten sie an den Schultern fest, als könnte sie sich losreißen und zu dem Dämon zurücklaufen, der sie vernichten wollte. Selbst Eolande war aufgestanden. Sie stützte sich auf Cathbars Arm und blickte besorgt auf Elsa hinunter.
»Er wollte dich aus dem Steinkreis herausziehen«, sagte sie. »Und die Herrschaft über deine Gedanken an sich reißen … wie er es einst bei mir getan hat. Aber du bist stärker, als ich damals war. Kämpfe gegen ihn!«
Elsa richtete sich mühsam auf. Loki stand immer noch von Flammen umzüngelt am Rand des Steinkreises. Über sein Gesicht spielte ein spöttisches Lächeln. Mit der ausgestreckten Hand winkte er sie zu sich.
Komm, Elsa, schlage nach mir! Kämpfe gegen mich!
Sie machte einen Schritt auf ihn zu und blieb stehen. »Nein«, sagte sie, bemüht, ihre Stimme fest klingen zu lassen. »Ich gehe nicht mehr zu dir. Komm du in den Kreis!«
Lokis Hand erstarrte.
Das spöttische Lächeln wurde immer breiter und zwischen seinen Lippen erschienen weiße Zähne und dahinter Feuer.
»Warum nicht?«, sagte er, und diesmal tönte
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