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Chroniken der Jägerin 3

Chroniken der Jägerin 3

Titel: Chroniken der Jägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Liu
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ich trieb es zu weit.«

    Grant verteilte die letzten Brotreste und sah mir schließlich in die Augen. »Alles, was ich über die Manipulation von Energie wusste, hatte ich mir selbst beigebracht. Das war rein instinktiv und basierte darauf, dass ich ein Leben lang Menschen beobachtet und erlebt hatte, wie sich Persönlichkeiten an bestimmte Muster anglichen.
    Ich dachte, dass sich diese Muster gewiss auch auf Menschen mit einer Geisteskrankheit anwenden ließen. Aber das taten sie nicht. Es war viel komplizierter. Das merkte ich aber erst, als ich anfing, Dinge zu reparieren, die ich nicht hätte reparieren sollen. Ich ging also wirklich zu weit. Ich machte es schlimmer – ihn.«
    »Und dann fiel er über dich her?«
    »Ich suchte ihn, unten im Keller. Immer noch übermütig. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie übel das ausgehen konnte. Du weißt ja, was wir da unten alles an Werkzeugen haben.« Grant schlug auf sein Bein. »Er nahm sich einen Vorschlaghammer und zerschmetterte den Knochen. Er ließ sich Zeit und wiederholte dabei immerzu, ich sollte mich … aus seinem Kopf heraushalten.«
    Er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Er wirkte grimmig, sehr grimmig.
    Ich berührte seine Hand. »Wie bist du entkommen?«
    »Er warf den Vorschlaghammer weg und flüchtete. Ich schaffte es, mich die Stufen hochzuschleppen und um Hilfe zu rufen.« Grant massierte sein Knie, aber das schien nur eine gewohnheitsmäßige Geste zu sein, so, als ob er irgendetwas bräuchte, um seine Hände zu beschäftigen. »Aber all das … der Angriff, die Operationen … das war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass ich einsehen musste, wie überheblich ich geworden war. Es hatte sich so langsam eingeschlichen. Ich
habe es nicht einmal gemerkt. Ich habe diesen Mann verletzt, Maxine. Ich habe ihn verletzt, weil ich selbstgerecht war, weil ich zu wissen glaubte, was das Beste für ihn wäre.«
    »Aber das hat dich nicht zurückgehalten.«
    »Du kannst die Macht nicht aufhalten. Du kannst sie höchstens kontrollieren. Entscheiden, wie du sie nutzt. Entscheiden, was du mit dir anfängst.« Grants Hand ruhte auf seinem Knie. »Das ist es, woran ich jedes Mal denke, wenn ich meine Gabe benutze. Ich denke an ihn. An seine Verzweiflung. Ich erinnere mich an das Gefühl, Angst zu haben – Angst vor mir und vor den Dingen, zu denen ich fähig bin. Manchmal muss man Grenzen überschreiten, weil eine Sache, die einfach wichtiger ist, es verlangt. Aber du musst immer daran denken, dass selbst die inkonsequenteste Handlung Konsequenzen haben wird. Gute oder schlechte. Entweder sofort oder mit Verzögerung.«
    »Was ist mit dem Mann passiert?«
    »Er hat sich erschossen. Und in seinem Abschiedsbrief hat er mir die Schuld dafür gegeben.«

    Das Obdachlosenasyl wirkte ganz ruhig. Die Flure rochen nach Rauch. Wir beide waren die Einzigen hier.
    Das machte es unheimlich. Es fühlte sich wie Krieg an. Hier hatte es eine Schlacht gegeben, hätte ich gern gesagt. Soldaten, rührt euch, der Feind ist vernichtet. Ihr seid zwar übel mitgenommen, wart aber siegreich.
    Doch nein. Das Feuer hatte nur den Anfangspunkt markiert, von dem an alles schiefgegangen war.
    Wir arbeiteten uns durch den ausgebrannten Trakt und blieben am Absperrband der Feuerwehr stehen. Rote Augen glühten
auf der anderen Seite. Metall ächzte, gefolgt von Kaugeräuschen.
    Die Rüstung kitzelte, als wir näher kamen, ihre Oberfläche schimmerte von einer schwachen Glut.
    »Sie hat ein Loch in das Labyrinth gerissen, um hierherzukommen«, sagte ich und musterte meine rechte Hand. »Könnte die Stelle immer noch schwach sein? Schwach genug, um einfach … hindurchzufallen?«
    »Du glaubst also, dass sie auf demselben Weg wieder verschwunden ist, statt Jack in diese Wälder zu bringen?«
    Ich lehnte mich gegen die Wand, starrte auf die verkohlten Gebäudereste. Es hatte wieder zu regnen begonnen – und da es in diesem Trakt kein Dach mehr gab, wurde der Boden um uns herum nass. Mein Gesicht auch. »Diese Leute. Die, die sie ausgesaugt hat. Wir wissen nicht, wer sie sind oder wo sie sie gefunden hat. Es könnte sein, dass sie sich später noch mit anderen verbunden hat.«
    »Ich weiß«, sagte er grimmig. »Aber was können wir dagegen tun? Kein Gefängnis dieser Erde vermag sie festzuhalten. Wir hätten sie töten können. Aber sie ist in Sklaverei aufgewachsen, seit ihrer Geburt wurde ihr Gehirn immer wieder gewaschen. Ihr das Leben zu nehmen, wäre nicht

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