Chroniken der Jägerin 3
Zähne vor Wut gefletscht.
Ich rammte ihn mit dem Kopf.
Seine Hände wurden schlaff. Ich entriss ihm das Gewehr und schleuderte es über die Felskante. Aber ich war zu langsam, um die anderen aufzuhalten. Sie eröffneten das Feuer – auf mich, auf Grant und die Botin.
Ich sah nicht lange hin, ich dachte auch nicht nach – ich stürzte mich auf beide Männer und schleuderte uns alle drei über die Klippe.
Ich weiß nicht, ob ich schrie. Vielleicht schon, ja. Sie jedoch schrien ganz ohne Zweifel, als sie mir quasi sofort aus den Händen glitten. Ich versuchte sie festzuhalten, doch sie schlugen zu sehr um sich.
Die Welt hörte auf, sich zu drehen. Ich sah den Boden, klar und scharf, und jeder Felsen war in den feinsten Einzelheiten gezeichnet, während ich kopfüber der Erde entgegenstürzte.
Ich hätte meine Rüstung benutzen können, um mich zu retten, die Männer aber befanden sich außerhalb meiner Reichweite. Ich versuchte alles, um sie zu fassen, doch meine Hände glitten immer wieder ab, und mir blieben nur noch Sekunden. Ich stürzte Hunderte Meter in der Spanne eines Herzschlages.
Mit meinem Kopf schlug ich zuerst auf. Ich fühlte mich wie ein Pfeil, und zu dem Zeitpunkt des Aufschlags hatte ich eine schreckliche Vision von mir selbst, wie ich in der Erde steckte und nur noch meine Füße herausschauten.
Stattdessen prallte ich ab, drehte mich und trudelte wie eine Vogelscheuche durch die Luft. Ich landete hart auf dem Rücken, rutschte über Geröll und Sand. Mir tat nichts weh, aber ich vergaß zu atmen, und mein Herz schlug so heftig, dass ich dachte, ich hätte einen Schlaganfall. Mir war schwindlig, ich sah Lichter in meinen Augen, und der blaue Himmel schluckte mich.
Jemand schrie meinen Namen, weit entfernt, hallend. Ich drehte mich ein wenig um und sah Grant, der sehr hoch über mir am Rand der Klippe stand. Ich konnte nicht viel von ihm erkennen, aber ich hob die Hand, um ihm zu winken. Es war schwieriger, als ich dachte. Zee und die Jungs pochten auf meiner Haut.
Ich blickte nach links, dann nach rechts. Die Männer lagen in meiner Nähe. Ich konnte nicht viel von ihren Köpfen erkennen, weil ihre Schädel in ihre gebrochenen, zerquetschten Schultern gedrückt waren.
Tut mir leid – so richtete ich meine Gedanken an sie. Tränen brannten in meinen Augen. Es tut mir leid.
Die Luft über mir geriet in Bewegung, Steine polterten herab. Die Botin kam in mein Blickfeld, kurz darauf auch Grant.
Er sank neben mir auf die Knie, seine Augen blickten vor Sorge wie wild. Blut strömte an seinem Arm herunter, der unbrauchbar an seiner Seite herabhing. Sein Ärmel war zerfetzt, und die Schusswunde machte einen sehr großen und verschmutzten Eindruck. Ich versuchte mich aufzusetzen. Er drückte mich zurück, doch bei dieser Bewegung schwankte er und stöhnte vor Schmerz auf.
Ich schob seine Hand so sanft wie möglich beiseite. »Du brauchst einen Arzt.«
Grant senkte mit zusammengepresstem Kiefer den Kopf. »Und – bist du verletzt?«
Ich ignorierte die Frage. Die Botin bückte sich voller Anmut. »Lichtbringer. Heile dich selbst.«
Er warf ihr einen harten, gequälten Blick zu. »Ich weiß nicht wie.«
Verachtung blitzte auf. »All diese Macht – und du kannst nicht einmal dein eigenes Leben retten.«
»Dann bring es ihm bei«, rief ich ungeduldig.
»Warum sollte ich?« Die Botin stand auf und wich zurück. »Er hat mir etwas angetan, das nicht ungeschehen gemacht werden kann. Meinem Kopf, meinem Herzen. Er hat mich … verändert.«
»Es tut mir leid«, sagte Grant mit einem verbissenen Lächeln. »Ich habe ja nur versucht, dir zu helfen. Ehrlich, ich wollte dir kein Leid zufügen.«
»Aber die Wilden tun das. Unsere Macht ist zu groß, um sie ungezähmt zu lassen. Man darf uns nicht trauen.«
»Deshalb vertraust du lieber auf andere«, klagte ich sie an. »Du entziehst dich deiner Verantwortung, weil jemand anders alles besser weiß. Jemand, der dir Befehle gibt, über die du nicht nachzudenken brauchst, denen du nur folgen musst, ohne die Konsequenzen zu tragen.«
»Du behandelst mich wie ein dummes Kind.«
»Ich war es schließlich nicht, die den Gefängnisschleier geöffnet hat.«
Sie warf mir einen hasserfüllten Blick zu. Grant würgte ein schmerzerfülltes, schnaubendes Gelächter heraus. Dann kniff er die Augen zusammen.
»Au«, machte er.
»Komm her«, murmelte ich und bereitete mich darauf vor, mit ihm zu einem Krankenhaus zu springen. Aber die Botin hielt mich
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