Chroniken der Jägerin 3
Rändern zu leuchten … sie pulsierten wie Herzschläge.
Mama-Blut starrte mich mit versteinerter Miene an. Ich leckte mir über die rissigen Lippen und schmeckte Blut. »Grant. Killy.«
»Hier«, knurrte eine tiefe Stimme. Ein paar Zombies traten zur Seite, um den Blick auf Vater Lawrence freizugeben. Ich hatte keinen Schimmer, seit wann er da mitmischte oder wie er sich von seinen Ketten befreit haben konnte, aber seine Klauen waren ausgefahren und troffen nur so vor Blut. Und der braune Pelz, der seinen Körper bedeckte, stand ab und vergrößerte die Konturen seiner Arme und seines Brustkorbes.
Hinter ihm saß Killy auf dem Boden und beugte sich über Grant. Mir schwanden fast die Sinne, als ich ihn sah, aber ich konnte noch die Blutflecken an seinem Kragen erkennen. Regungslos lag er da.
»Verschwinde«, flüsterte ich Mama-Blut zu und kämpfte die Erregung nieder, die durch mich hindurchraste. So war es jedes Mal … danach. Es war der Schockzustand. Mich durchströmte reines Adrenalin. Ich musste mich setzen.
Mama-Bluts Aura zitterte, alles andere an ihr aber nicht. Ihre Menschenaugen zuckten unstet hin und her, dann biss sie die Zähne zusammen. »Deine Mutter war eine unglaubliche Närrin, dass sie dich am Leben gelassen hat.«
»Vielleicht.« Ich ging auf sie zu. »Lady Hure. Was das wohl zu bedeuten hat?«
Sie machte den Mund ganz klein. »Ich würde wirklich gern wissen, was dir Jack erzählt hat.«
Unmittelbar vor ihr blieb ich stehen. »Was ist das für ein Etwas, das ich da in mir trage? Woher weißt du davon?«
»Jack«, flüsterte sie. So etwas wie Verzweiflung klang darin mit. Ihre Aura kämpfte gegen die Fesseln des Fleisches an. »Was hat dir Jack erzählt?«
Meine Augen wurden schmal. »Deshalb bist du also hier. Nur deshalb . Wegen Jack.«
»Er hat dir etwas verraten.«
»Jack redet eine Menge. Erzähl du mir doch, was er mir erzählt haben könnte, wenn es dir so wichtig ist.«
Mama-Blut streckte das Kinn kaum merklich nach vorn. Aber statt zu antworten ging sie nur auf mich zu und glitt geziert mit schwingenden Hüften und klackernden Absätzen davon. Sie hielt nicht an, als sie an mir vorbeiging und sich unsere Schultern berührten. Ihr Gesicht blieb regungslos, während sie mich passierte und unsere Körper kurz Kontakt hatten. Aber ihre Aura wich vor mir zurück.
»Ich war mir so sicher«, murmelte sie. »Ich spürte den Ruf. Wir alle spürten ihn.«
Ich ergriff ihren Arm. »Wer hat Jack getötet?«
»Jacks Körper, meinst du wohl.« Sie sah mir mit einem toten, leeren Blick ins Auge. »Du musst doch dabei gewesen sein. Weißt du es denn nicht?«
Ich kam näher und schmeckte die Wärme ihres Atems, der nach Kaffee und Rosen roch. »Sag’s mir!«
Ich konnte an einer Hand abzählen, wie oft ich bisher mit Mama-Blut gesprochen hatte, und nicht ein einziges Mal hatte sie etwas anderes gezeigt als kalte, grausame Gelassenheit. Diesmal aber wich ihre Aura ein weiteres Mal vor mir zurück, und Unsicherheit flackerte in ihrem Blick auf. Doch das ermutigte mich nicht. Es machte mir eher Sorgen.
»Jägerin«, flüsterte sie. »Der Alte Wolf ist ein gerissenes Biest. Er war es schon immer. Wenn er seinen Wirtskörper sterben ließ, dann doch nur, weil es an der Zeit war.«
Sie entfernte sich. Ich ließ sie ziehen und beobachtete sie auf ihrem Weg zur Tür. Mit der Hand auf dem Türgriff hielt sie noch einmal inne und wandte sich nach mir um. »Sei auf der Hut, Jägerin. Es lösen sich gerade zahlreiche Knoten, und du … bist höchstwahrscheinlich einer davon.«
»Aber wer bin ich denn?« Ich klopfte an meine Brust, die Fingerrüstung klirrte an den Jungs. »Was ist denn dieses … dieses Ding? Warum sagt mir das denn niemand?«
Der Anflug eines Lächelns huschte über ihre Lippen, aber es war spröde, bitter und sogar ein wenig traurig, was mich alles in allem ziemlich beunruhigte.
»Man hat es dir gesagt. Auf so viele verschiedene Arten«, entgegnete Mama-Blut und öffnete die Tür. »Niemand ist furchtbarer als der Führer der Hatz. Und keiner ist gefürchteter. Ihr Verlangen ist es auszubrechen. Sie will jetzt das Kommando übernehmen.« Sie trat vor die Tür und schloss die Augen, als ihr eine Brise ins Gesicht fuhr und das Haar zerzauste. »Jacks Worte, wenn ich mich nicht irre. Und ich denke, du kennst sie.«
»Das ist doch nur ein Rätsel.«
»Rätsel sind eben sicherer. Während die Dummen noch an ihnen herumdeuten, kann sich der, der sie gelöst hat, aus dem
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