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Chroniken der Jägerin 3

Chroniken der Jägerin 3

Titel: Chroniken der Jägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Liu
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ansehen konnte, aber ich tat es trotzdem. Wer zum Teufel war er nur? Und was war er denn? Vielleicht war
ich auch einfach zu unvorsichtig, vielleicht war mein Gesicht zu verräterisch. Als ich dann jedenfalls wieder zu Mama-Blut hinsah, stellte ich fest, dass sie mich mit derselben erstaunten Aufmerksamkeit musterte. Danach ließ sie langsam ihren Blick zu Grant hinüberwandern.
    »Aber dazu habt ihr bestimmt schon eine Meinung«, bemerkte sie gelassen. »In Anbetracht der Tatsache, dass ihr doch zu den Ersten gehört, die die Avatare versklaven werden.«
    »Ich denke mal, du solltest dir lieber Sorgen um dein eigenes Wohlergehen machen«, knurrte Grant, »angesichts der Tatsache, dass ich keinerlei Versprechen geleistet habe, dich nicht umzubringen.«
    »Was ist das nur für eine Ausdrucksweise? Mir scheint, du bist noch nicht so ganz bereit für mich. Ich könnte so viel mit deinem Körper anstellen.«
    »Und ich so viel mit deinem.« Jedes seiner Worte vibrierte in mir, tief und wohlklingend, und bewirkte, dass sich die Jungs an meine Haut schmiegten und sich streckten – wie Katzen, die sich vor einem Kamin zusammengekuschelt hatten. Eine kribbelige Wärme fuhr in meine Knochen und in mein Herz. Ein Ziehen. Etwas saß da und wollte hinaus, zu ihm. Ich wusste nicht, was es bedeuten sollte, aber es fühlte sich so wirklich an wie eine Hand an meinem Handgelenk. Wie der Wind oder das Sonnenlicht.
    Mama-Bluts Augen wurden schmaler. »Für so was bin ich doch nicht hergekommen. Ich werde mich von euch nicht kontrollieren lassen.«
    »Dir bleibt da wohl keine Wahl«, bemerkte Grant kühl. »Und außerdem hätten wir alle etwas davon.«
    Zischend fletschte sie die Zähne. Grant bellte nur ein einziges Wort – eines, das wie ein eigenartiger Ton klang, woraufhin
der Atem des Zombies in ihrer Kehle knackte und sie schockiert die Augen aufriss – weit aufriss. Ihre Aura zitterte.
    »Verdammt«, stammelte ich noch, als Killy schon aufsprang. Einer der Zombies packte und schwang einen Barhocker und rannte damit auf Grant zu.
    Ich sprang von meinem Stuhl und krachte in den besessenen Mann hinein. Wir knallten hart auf dem Tresen auf, aber ich spürte nicht mehr als einen leichten Widerstand, während meine Fingernägel Wolle und Fleisch durchtrennten. Meine Finger sanken so mühelos in die Fettschicht des Körpers ein wie ein heißes Messer in Butter. Meine Haut absorbierte das spritzende Blut sofort.
    Der Zombie humpelte fort und hielt sich den Magen. Ich hatte ihn zwar nicht tödlich verletzt, aber es würden doch ein paar Stiche nötig sein, im Krankenhaus. Das war schon mehr Schaden, als ich menschlichen Wirten normalerweise zufügte. Ihnen konnte man schließlich keinen Vorwurf machen. Mir wurde schlecht.
    Mir wurden die Beine weggetreten. Dann schlug ich so hart auf den Boden auf, dass ich davon abprallte. Unter meinem Hinterkopf splitterte Holz. Die Jungs heulten im Schlaf, als mich Zombies niederdrückten. Meine Arme, meine Beine – einer saß mit den Händen an meiner Kehle auf meinem Bauch. Ich roch den Rauch. Meine Klamotten brannten. Die Jungs brannten ebenfalls. Als säße man in Wasser, das langsam vor sich hin kochte. Die Zombies wussten nicht, wie ihnen geschah, bis sie schließlich von mir abließen, hustend und schreiend: mit brennenden Händen.
    Ich setzte mich auf, so angesengt und qualmend, wie ich nun mal war. Zwischen mir und Mama-Blut standen Zombies. Grant konnte ich nicht hören. Sehen konnte ich ihn auch nicht. Ich konnte ihn nicht einmal …

    … spüren, meldete sich ein ungebetener Gedanke in meinem Kopf. Die Furcht, die mich ergriff, war beunruhigend und brutal, traf mich mitten ins Innerste, hinter meine Rippen, unter mein Herz. Verworrene Dunkelheit. Ahnungen aus tiefem Schlaf. Sie raubten mir den Atem, machten mich unruhig und krank vor Sorge. Es war schon eine Weile her, seit ich diese … Kreatur in mir gespürt hatte. Eine spirituelle Kraft, die so stark war, als sei sie körperlich, nicht ich – und doch ein Teil von mir, mit ihrem ganz eigenen Willen.
    Das war es also, wovor Jack Angst hatte. Das war es, was auch meine Mutter so gefürchtet hatte. Es war dieses Etwas in mir, das niemand verstehen konnte oder wollte. Eine Macht, die noch schlief, aber deren Schlaf immer leichter wurde, je mehr Zeit verstrich. Und die mit jedem schrecklichen Erwachen stärker zu werden schien. Diese Kraft hatte irgendetwas mit dem schwächer werdenden Gefängnisschleier zu tun. Das wusste ich,

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