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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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leise, dass man sie fast für das Rascheln der Blätter im Wind hätte halten können.
    Tessa drehte sich um. Jem stand im hohen Bogen des Portals - das weiße Elbenlicht hinter ihm ließ seine Haare wie Metall glänzen, doch sein Gesicht lag im Schatten verborgen. In der rechten Hand hielt er seinen Spazierstock, dessen Drachenaugen Tessa aufmerksam anfunkelten.
    »Das glaube ich kaum«, murrte Tessa.
    »Du denkst gerade: ›Wenn man diese feuchte Abscheulichkeit hier als Sommer bezeichnet, wie muss dann erst der Winter sein?‹ Aber du wärst überrascht: Der Winter ist im Grunde nicht viel anders als der Sommer.« Jem löste sich von der Tür und setzte sich zu Tessa auf die Stufe, jedoch nicht zu dicht neben sie. »Der Frühling ist hier wirklich die schönste Jahreszeit.«
    »Tatsächlich?«, sagte Tessa, ohne allzu großes Interesse.
    »Nein. Genau genommen ist er genauso neblig und feucht wie der Rest des Jahres.« Er warf ihr einen langen Seitenblick zu. »Ich weiß, du hast gesagt, wir sollten dir nicht folgen. Aber irgendwie hege ich die Hoffnung, dass du damit nur Will gemeint hast.«
    »Stimmt.« Tessa wandte sich Jem zu und sah ihn an. »Ich hätte da drinnen nicht so herumbrüllen dürfen.«
    »Nein, nein, du hast vollkommen recht mit dem, was du gesagt hast«, erwiderte Jem. »Wir Nephilim sind schon so lange Schattenjäger und so isoliert von der Welt, dass wir es oft versäumen, eine Situation auch einmal vom Standpunkt eines anderen aus zu betrachten. Es geht immer nur darum, ob etwas gut oder schlecht für die Nephilim ist. Und manchmal denke ich, wir vergessen dabei, uns zu fragen, ob dies gut oder schlecht für die Welt ist.«
    »Es war nie meine Absicht, Charlotte zu kränken.«
    »Charlotte ist sehr empfindlich, was die Führung des Instituts betrifft. Als Frau muss sie ständig darum kämpfen, dass man ihr zuhört, und selbst dann noch werden ihre Entscheidungen im Nachhinein kritisiert. Du hast ja Benedict Lightwood während der Zusammenkunft der Brigade gehört. Charlotte hat das Gefühl, dass sie sich keinen einzigen Fehler erlauben darf.«
    »Gilt das nicht für jeden von uns? Und besonders für euch? Für euch ist doch alles eine Frage von Leben und Tod ...« Tessa holte tief Luft. Der neblige Dunst schmeckte nach den Gerüchen der Stadt, nach Metall, Asche, Pferden und Flusswasser. »Ich ... ich habe nur manchmal das Gefühl, als könnte ich es nicht länger ertragen ... einfach alles hier. Und ich wünschte, ich hätte nie erfahren, wer ich bin. Ich wünschte, Nate wäre zu Hause geblieben und all das hier wäre nie passiert!«
    »Manchmal ändert sich unser Leben so schnell, dass die Veränderung unser Herz und unseren Verstand weit hinter sich lässt«, sagte Jem. »Ich glaube, dass wir immer dann den größten Kummer empfinden, wenn unser Leben sich längst verändert hat, wir uns aber noch nach den Zeiten vor der Veränderung sehnen. Allerdings kann ich dir aus eigener Erfahrung versichern, dass man sich daran gewöhnt. Man lernt, sein neues Leben zu führen, und irgendwann kann man sich gar nicht mehr vorstellen oder daran erinnern, wie es früher gewesen ist.«
    »Du willst also sagen, dass ich mich daran gewöhnen werde, eine Hexe zu sein - oder was auch immer ich sein mag?«
    »Nein, denn du bist schon immer diejenige gewesen, die du bist. Das ist schließlich nichts Neues. Aber du wirst dich daran gewöhnen, es zu wissen.«
    Tessa holte ein weiteres Mal tief Luft und ließ sie langsam aus ihren Lungen strömen.
    »Das, was ich da drinnen gesagt habe, habe ich nicht ernst gemeint«, erklärte sie schließlich. »Ich halte die Nephilim nicht für so schrecklich, wie ich behauptet habe.«
    »Ich weiß, dass du es nicht ernst gemeint hast. Denn sonst wärst du jetzt nicht hier, sondern an der Seite deines Bruders und würdest ihn vor unseren unheilvollen Absichten schützen.«
    »Will hat das, was er gesagt hat, auch nicht wirklich gemeint«, bemerkte Tessa nach einem kurzen Moment. »Er würde Nate nichts antun.«
    »Ah.« Jem schaute mit nachdenklichem Blick in Richtung Eisentor. »Du hast recht. Aber ich bin überrascht, dass du es weißt. Ich weiß es. Aber es hat mich Jahre gekostet, Will verstehen zu lernen. Zu lernen, wann er etwas ernsthaft meint und wann nicht.«
    »Dann bist du ihm also nie richtig böse?«
    Jem lachte laut. »Das würde ich nun nicht gerade behaupten. Manchmal möchte ich ihn am liebsten erwürgen.«
    »Und wie, um alles in der Welt, hältst du dich

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