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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Blackfriars Bridge betraten, fügte er hinzu: »Natürlich glauben viele, dass die Brüder der Stille die ursprünglichen Dominikaner waren - die wegen ihres schwarzen Mantels über der weißen Kutte auch Black Friars, also ›schwarze Mönche‹ genannt werden. Aber dafür gibt es keinen Beweis.« Jem hielt inne, zeigte auf die Brücke und verkündete stolz: »Da wären wir. Das ist mein Lieblingsort in London.«
    Tessa warf einen Blick auf das Bauwerk und fragte sich verwundert, was Jem an diesem Ort wohl so außergewöhnlich gut gefiel. Die Brücke überspannte die Themse mit mehreren niedrigen Granitbögen und die Brüstung war dunkelrot gestrichen und mit goldenen und scharlachroten Akzenten versehen, die im Mondlicht schimmerten. Eigentlich wirkte sie ganz hübsch, wenn nicht direkt daneben diese Eisenbahnbrücke verlaufen würde, überlegte Tessa. Diese lag zwar östlich und im Schatten der Blackfriars Bridge, bildete aber dennoch ein unansehnliches Gitterwerk aus Eisenverstrebungen, das sich hinüber zum anderen Flussufer erstreckte.
    »Ich weiß, was du gerade denkst«, verkündete Jem, genau wie kurz zuvor am Institut. »Du sagst dir gerade: ›Diese Eisenbahnbrücke, einfach scheußlich.‹ Aber das bedeutet auch, dass sich nur selten Spaziergänger hierher verirren, um die Aussicht zu bewundern. Ich dagegen genieße die Abgeschiedenheit und den Anblick des Flusses, der schweigend im Mondschein dahinströmt.«
    Langsam schlenderten sie zur Mitte der Brücke, wo Tessa sich gegen die Brüstung lehnte und über das Wasser schaute. Die Themse schimmerte schwarz im Mondlicht und die Stadt erstreckte sich auf beiden Uferseiten bis zum Horizont - ein riesiges Häusermeer, aus dem sich wie ein weißes Gespenst die mächtige Kuppel der St. Paul's Cathedral erhob. Über allem lag ein leichter Nebel, der mit seinem Schleier die harten Konturen Londons etwas milderte.
    Nach einer Weile blickte Tessa direkt hinunter auf die Fluten des Flusses, aus dem ein typischer Geruch aufstieg, eine Mischung aus Salz, Schlick und Fäulnis, die sich mit dem Nebel vermengte. Dennoch hatte die Themse etwas Schicksalhaftes, etwas Bedeutungsvolles an sich, so als führte sie das Gewicht der langen Geschichte Londons in ihrer Strömung mit sich. Die Zeilen eines alten Gedichts kamen ihr in den Sinn.
    »›Süße Themse, fließe sachte dahin, bis dass mein Lied verklingt‹«, murmelte sie leise. Normalerweise hätte sie in Gegenwart anderer niemals aus einem Gedicht zitiert, doch irgendetwas an Jem schenkte ihr das Gefühl, dass er sie nicht verurteilen würde, ganz gleich, was sie tat.
    »Ich habe diese Strophe schon einmal gehört«, bemerkte er nun lediglich. »Will hat sie mir mal vorgetragen. Woraus ist das?«
    »Aus Spensers Prothalamion«, erklärte Tessa und runzelte dann die Stirn. »Mir scheint, Will hegt eine merkwürdige Vorliebe für Poesie ... ich meine, für jemanden, der so ... der so ...«
    »Will liest ständig und er verfügt über ein ausgezeichnetes Gedächtnis«, erwiderte Jem. »Es gibt kaum etwas, an das er sich nicht erinnert.« Irgendetwas in seiner Stimme schien seinen Worten eine zusätzliche Bedeutung zu verleihen, die über die reine Feststellung hinausging.
    »Du magst Will, nicht wahr?«, fragte Tessa. »Ich meine, du bist ihm vom Herzen zugetan.«
    »Ich liebe ihn wie meinen eigenen Bruder«, erklärte Jem schlicht.
    »Das scheint mir auch so«, lächelte Tessa. »Ganz gleich, wie abscheulich er alle anderen behandelt, aber dich liebt er. Zu dir ist er nett. Was hast du getan, dass er sich dir gegenüber so anders verhält als gegenüber allen anderen?«
    Jem lehnte seitlich an der Brüstung, den Blick auf Tessa gerichtet. Dennoch schien er mit seinen Gedanken weit entfernt, während er sinnend mit den Fingern auf den Jadeknauf seines Spazierstocks trommelte.
    Tessa nutzte seine geistige Abwesenheit, um ihn in Ruhe zu betrachten und seine eigentümliche Schönheit im Mondlicht still zu bewundern: Jem schien nur aus Silber und Asche zu bestehen - völlig anders als Will mit seinen kräftigen Farben Blau, Schwarz und Gold.
    Schließlich erwiderte Jem: »Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich hatte immer geglaubt, es hinge vielleicht damit zusammen, dass wir beide elternlos sind und dass er deshalb das Gefühl hat, wir seien einander sehr ähnlich ...«
    »Ich bin auch eine Waise. Und Jessamine ebenfalls«, bemerkte Tessa. »Aber Will glaubt nicht, dass wir ihm in irgendeiner Weise ähneln.«
    »Nein. Du

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