Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
Nephilim. Und auch nicht nur einfach ›Mord‹, sondern ›Mord mithilfe dämonischer Kräfte‹. Das würde die schlimmste aller Strafen nach sich ziehen.«
»Was ist denn schlimmer als der Tod?«, fragte Tessa und bereute ihre Worte sofort, als sie sah, wie Jem kaum merklich die Lippen zusammenpresste und sein Mund schmal und verkniffen wirkte.
»Die Brüder der Stille würden Benedict alles entziehen, was ihn zu einem Nephilim macht. Er würde dann zu einem Forsaken mutieren«, erläuterte Will. »Seinen Söhnen würde man die Runenmale nehmen, sodass sie zu Irdischen würden. Und der Name Lightwood würde von der Liste der Schattenjägerfamilien gestrichen. Das wäre das Ende der Lightwoods in den Reihen der Nephilim. Und es gibt keine größere Schande. Diese Strafe würde sogar Benedict fürchten.«
»Und wenn nicht?«, fragte Jem mit leiser Stimme.
»Dann stehen wir auch nicht schlechter da als jetzt«, bemerkte Charlotte, deren Miene sich bei Wills Worten zunehmend verhärtet hatte. Sophie lehnte niedergeschlagen am Kaminsims und Henry, der seiner Frau eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, wirkte ungewöhnlich still. »Wir werden Benedict aufsuchen. Uns bleibt keine Zeit für eine offizielle Benachrichtigung; wir werden ihn wohl überraschen müssen. Also, wo sind die Visitenbillets?«
Sofort setzte Will sich auf. »Heißt das, wir fuhren meinen Plan durch?«
»Es ist jetzt mein Plan«, erwiderte Charlotte resolut. »Du darfst mich begleiten, Will, aber du wirst meine Anweisungen befolgen - und kein Wort über Dämonenpocken, bis ich es sage, verstanden?«
»Aber ... aber ...«, stammelte Will.
»Ach, komm schon, lass gut sein«, meinte Jem und stupste Will keineswegs unfreundlich gegen den Fußknöchel.
»Sie hat sich meinen Plan unter den Nagel gerissen!«
»Will«, sagte Tessa fest. »Ist es dir lieber, dass der Plan umgesetzt wird oder dass du die Anerkennung dafür erhältst?«
Hektisch zeigte Will mit dem Finger auf sie. »Genau das ... Letzteres!«
Charlotte rollte mit den Augen. »William, diese Sache wird entweder zu meinen Bedingungen laufen oder gar nicht.«
Will holte tief Luft und schaute zu Jem, der ihn angrinste. Schließlich ließ er geschlagen die Schultern hängen und seufzte: »Also gut, Charlotte. Möchtest du, dass wir dich alle begleiten?«
»Du und Tessa auf jeden Fall. Ich benötige euch als Zeugen für die Geschehnisse auf dem Ball. Jem und Henry - eigentlich braucht ihr nicht mitzukommen und wenigstens einer von euch sollte ohnehin hierbleiben, um über das Institut zu wachen.«
»Liebes ...« Henry berührte seine Frau mit fragender Miene am Arm.
Überrascht wandte Charlotte sich ihm zu. »Ja?«
»Bist du sicher, dass ich dich nicht begleiten soll?«
Charlotte schenkte ihm ein freundliches Lächeln - ein Lächeln, das ihr erschöpftes, verhärmtes Gesicht vollständig verwandelte. »Absolut sicher, Henry; Jem ist zwar durchaus in der Lage, das Institut zu bewachen, aber streng genommen noch kein erwachsener Nephilim, und wenn wir ihn hier allein zurückließen, wäre das Wasser auf Benedicts Mühlen und würde seinen Beschwerden nur neue Nahrung geben. Trotzdem vielen Dank für dein Angebot.«
Tessa schaute Jem an, der ihr ein bedauerndes Lächeln zuwarf und verborgen hinter ihren Röcken rasch ihre Hand drückte. Seine Berührung schenkte ihr ein warmes Gefühl der Sicherheit und sie erhob sich. Will stand ebenfalls auf und machte sich zum Aufbruch bereit. Währenddessen suchte Charlotte nach einem Federhalter, um eine Nachricht auf die Rückseite des Visitenbillets zu schreiben. Cyril würde dieses Billet dann direkt zustellen, während sie bereits in der Kutsche vor dem Haus der Lightwoods warteten.
»Ich hole nur schnell Mantel und Hut«, flüsterte Tessa Jem zu und eilte zur Tür, dicht gefolgt von Will. Und einen Moment später, als die Salontür hinter ihnen ins Schloss fiel, fand Tessa sich allein mit Will im Flur wieder. Sie wollte gerade zu ihrem Zimmer hasten, als sie Wills Schritte hinter sich hörte.
»Tessa!«, rief er, woraufhin sie sich zu ihm umdrehte. »Tessa, ich muss unbedingt mit dir reden.«
»Was, jetzt ?«, fragte sie überrascht. »Ich hatte Charlotte so verstanden, dass diese Angelegenheit größte Eile hat ...«
»Ach, zum Teufel mit der Eile«, erwiderte Will und kam näher. »Zum Teufel mit Benedict Lightwood und dem Institut und dieser ganzen Geschichte. Ich möchte mit dir reden.« Er grinste sie breit an. Will hatte schon
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