Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
Situation
einzudämmen.
„Ja,
da muss ich Ihnen recht geben – peinliche Sache“, antwortete der ältere
Mann und lächelte die beiden charmant an. „Sie müssen verstehen, dass wir so
etwas nicht in unseren Regalen stehen haben. Aber ich denke, es lässt sich
einiges arrangieren.“
„Wir
wären Ihnen unglaublich dankbar, wenn sie uns aus dieser misslichen Lage befreien
könnten“, meldete sich nun auch Jeremy zu Wort, der zuvor nur danebengestanden und
der Unterhaltung zugehört hatte. „Wenn es im Rahmen ihrer Möglichkeit liegt,
würden wir es begrüßen, wenn die ganze Angelegenheit so diskret wie möglich
verlaufen könnte.“ Am sich verändernden Gesichtsausdruck des Mannes erkannte
Anthony sofort, dass ihm der Sinn des Gesagten nicht recht klar war. Aber was
konnte man denn auch von einem alten Tankwart erwarten? Jeremy traf aber auch eine
gewisse Mitschuld.
„Jeremy,
zügel dich etwas. Trag nicht zu dick auf!“ , Jeremy
vernahm die Stimme seines Freundes in seinem Kopf. Es war eine der nützlichsten
Fähigkeiten, die die beiden beherrschten. Für sie war es lediglich eine andere
Form der Kommunikation, ja sogar eine angenehmere als die übliche, denn so
machte eine Unterhaltung weniger Lärm. Für sie war es etwas Normales, während
es der Rest der Menschheit sicherlich als eine besondere Gabe ansah. Telepathie –
so nannte es der Volksmund.
„Ich
verstehe“, erklang die Antwort, die nur Anthony vernahm.
„Mein
Freund möchte damit andeuten, dass ihm die Lage besonders unangenehm und
peinlich ist“, rettete Anthony die Situation, auch wenn es bedeutete, seinen
Freund in Verlegenheit zu bringen. „Er ist, wie soll ich es am besten erklären …
ein kleiner Macho, der der Meinung ist, dass alles Technische und vor allem
alles, was mit einem Motor bestückt ist, nur den Männern vergönnt sei.“ Anthony
schielte auffällig zu zwei jungen Frauen hinüber, die gerade an der Kasse standen
und ihren Einkauf bezahlten. „Ich bin mir aber sicher, dass einer Frau solch
ein Missgeschick nicht passiert wäre.“
„Ja,
es ist mir mehr als peinlich“, fügte Jeremy hinzu und machte eine traurige
Miene.
Der
Tankwart, der inzwischen seine Hände sichtlich mehr als ausreichend gesäubert
hatte, steckte das dreckige Handtuch in seine Hosentasche.
„Ha!
Ich mag euch, ihr Burschen!“, antwortete der Mann und bekräftigte seine Meinung
mit der ausgestreckten Hand. „Mein Name ist Thomas.“
„Ich
bin Anthony, und das ist mein bester Freund, Jeremy“, entgegnete Anthony und
drückte die Handfläche seines Gegenübers. Jeremy tat es ihm gleich.
„Wir
haben ihn, Bruder. Er frisst uns aus der Hand.“
„Man
kann die Menschen auch ohne Gewaltanwendung dazu bringen, das zu tun, was man
möchte. Ein paar nette Worte zeigen manchmal die gleiche Wirkung wie das
Verstümmeln eines Fingers oder gar der ganzen Hand“, antwortete
Anthony seinem Freund auf ihre eigene Kommunikationsart.
„Dann
begleiten Sie mich bitte nach draußen, meine Herren. Ich bin mir ziemlich
sicher, dass in unserem Lagerhaus noch ein paar alte, leere Kanister zu finden sind“,
nahm Thomas wieder das Gesprächsthema auf und drehte sich um.
Er
ging sehr langsam. Anthony, der sich seit geraumer Zeit angewöhnt hatte, auf
jede Einzelheit seiner Umgebung zu achten, erkannte unschwer, dass der Mann auf
dem linken Fuß leicht humpelte. Für Jeremy hingegen spielten solche Details
keine Rolle. Er war eher einer, der sich leicht von äußeren Einflüssen ablenken
ließ, seien es schönen Frauen, Geld oder, wie in diesem Augenblick, der Gedanke
daran, endlich auf sein gestohlenes Motorrad zu steigen und ein paar Runden zu
drehen.
„Ich
muss ehrlich sagen, ich mag euch Jungs irgendwie. Ihr beide seid mir sympathisch“,
sagte Thomas und schritt langsam in Richtung einer rot gefärbten metallischen
Tür, die wohl zu dem Lagerhaus führte. „Ihr erinnert mich an meine Wenigkeit,
in jüngeren Jahren.“
„Das
schmeichelt uns beiden sehr, Thomas“, entgegnete Anthony, obwohl ihm nicht
genau klar war, was der Mann damit meinte. Seinem Äußeren nach zu urteilen war
er nicht besonders wohlhabend, also konnte dieser Punkt von vornherein
ausgeschlossen werden. Auch war seine körperliche Veranlagung mit der der
beiden Männer nicht zu vergleichen. Er war recht klein und schmalschultrig,
während sowohl Jeremy als auch er selbst einen auffallend athletischen
Körperbau aufwiesen.
Nach
kurzem Durchstöbern des im Lagerhaus
Weitere Kostenlose Bücher