Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
zur
Verfügung“, lautete die Antwort des Direktors. Der schwarze Kater knurrte
genüsslich in den Armen seines Herrn und schaute den Direktor gelangweilt mit
den leuchtend grünen Knopfaugen an.
„Davon
werde ich sicherlich noch Gebrauch machen“, sagte der Boss, drehte sich um und
ging mit lässigen Schritten in Richtung des Aufzuges. Dies war auch das Zeichen
für die anderen, ihm zu folgen.
„Die
heutige Beute ist wirklich gut ausgefallen. Wir haben die Bank im richtigen
Augenblick gesäubert“, sagte der Boss zu seinen Männern und öffnete den
obersten Knopf seines Sakkos. „Wisst ihr was? Ich bin heute in guter Stimmung.
Ihr bekommt alle eine satte Belohnung von mir.“
„Wie
viel?“, fragte Aiden im gleichen Augenblick und unterbrach die Ansprache seines
Vorgesetzten.
Logans
Mundwinkel senkten sich abrupt ab. Er drehte sich um und holte aus. Ein
markdurchdringendes Geräusch sirrte durch die Luft, als sein Handrücken das
Gesicht des überraschten Mannes traf.
„Du
gieriger Mistkerl. Wenn ich rede, dann bist du still. Verstanden?“
„Ich
bitte um Verzeihung, Boss“, antwortete Aiden und senkte ergeben den Kopf.
Die
anderen Mitglieder beobachteten das Geschehen mit äußerster Anspannung und
sagten kein Wort. Man konnte die tatsächliche Stimmung des Bosses nie richtig
einschätzen. Manchmal war er erfüllt von süßer Lebensfreude, um im nächsten
Augenblick wieder aus sich herauszufahren und jemanden anzuschnauzen. Am Ende
wusste man nie, wie die Sache endete. Hatte man Glück, so blieb es bei einer Ohrfeige;
hatte man Pech, so musste man auch mit Rippenbrüchen rechnen. Wobei man bei Letzterem
kein Mitgefühl oder Reue erwarten durfte. Ebenso konnte es einem ergehen, wenn
man Schwäche zeigte. Schwäche, egal ob körperliche oder geistige, war etwas,
was der Boss überhaupt nicht akzeptierte.
„Ihr
bekommt alle gleich viel.“ Er steckte seine Hand tief in die schwarze Tasche,
die er immer noch bei sich trug, und holte einige säuberlich eingepackte
Geldpäckchen heraus. Es handelte sich um bankfrische Einhundert-Dollar-Banknoten,
die in Hunderterpäckchen zusammengeschweißt waren.
Mit
einer fließenden Handbewegung warf er jedem seiner Männer ein Päckchen zu, die
sie bereitwillig auffingen und im gleichen Augenblick mit einem demütigen
Gesichtsausdruck in ihren Jackett- oder Hosentaschen verstauten.
„Wir
sehen uns morgen um genau 0 - 600, Männer. Und jetzt verschwindet, ich habe
noch etwas zu tun.“
Anthony
sah auf die Zeiger seiner metallischen Armbanduhr. Es war gerade zehn Uhr
abends. Acht Stunden Freiheit wurden ihnen heute geschenkt, in denen sie tun
und lassen konnten, wonach ihnen gerade der Sinn stand.
Die
anderen legten ihre Taschen ab und verschwanden sofort aus dem Zimmer. Anthony
war sich sicher, dass jeder von ihnen seine eigenen Interessen verfolgte.
Keiner würde dem anderen sagen, wohin er ging oder was er in seiner freien Zeit
machte. Ein noch egoistischeres Team konnte man sich kaum vorstellen.
Ein
kurzer Blickwechsel mit Jeremy genügte den beiden Freunden jedoch, um zu
erfahren, was der jeweils andere in diesem Augenblick dachte. Anthonys rechter
Mundwinkel verzog sich nach oben, ein kleines Lächeln andeutend, und die beiden
Männer verließen das Hotelzimmer ebenfalls.
Die
frische Abendluft roch nicht nur nach Frühling. An diesem Abend hatte sie einen
ganz besonderen Duft – den Duft der Freiheit.
„Ein
Rennen oder einen Drink?“, fragte Jeremy und zog mit einem gierigen Atemzug die
kalte Luft in seine Lungen. Auch er genoss die ihnen geschenkte Freiheit.
Anthony
blickte erneut auf seine Armbanduhr.
„Wie
wär’s mit beidem?“
* * *
Auch
wenn die Taschen der beiden Männer mit frisch gedruckten Scheinen gefüllt
waren, besorgten sie sich ihre metallischen Gefährte auf die ihnen gewohnte Art
und Weise. Wie immer gingen sie auch hierbei als eingespieltes Team vor. Jeremy
kümmerte sich um die Alarmanlage und Anthony um die Eingangstür.
Das
heutige Opfer war ein riesiges, vollverglastes Motorradgeschäft, das sich dem
ersten Anschein nach auf die edelsten und schnellsten Maschinen spezialisiert
hatte.
Bei
solchen Aktionen verspürte Anthony fast nie das unangenehme Gefühl in seinem Inneren.
Er wusste, dass der Verlust, der durch ihre Tat entstand, dem jeweiligen
Besitzer keinen großen Schaden zufügte. Ein Luxushändler konnte den Verlust
zweier seiner Motorräder sicherlich verkraften, ohne dabei in den finanziellen
Ruin zu
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