Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
fahren zu können, musste man es zuvor auftanken. Ein
leichter Anflug von Wut machte sich in seinem Inneren breit, doch es gab
niemanden, dem er die Schuld hätte zuweisen können. Die beiden hatten es sich
selbst zuzuschreiben, dass sie sich in dieser Lage befanden.
„So
ein Mist!“, schrie Anthony mit etwas lauterer Stimme heraus. Er wusste, dass
sie sich so ruhig wie möglich verhalten mussten, aber dieser kleine Ausbruch
der Gefühle war in diesem Moment einfach notwendig. Dieser Schrei war wie ein
Ventil, das ab und zu geöffnet werden musste, damit der Druck seiner Wut wie
aus einem brodelnden Kessel entweichen konnte. „Unser Trip muss wohl noch eine
Weile warten. Lassen wir die Dinger hier stehen und besorgen uns erst mal etwas
Kraftstoff.“
Wie
das Schicksal nun mal spielte, folgte nach einer schlechten Phase auch schon
eine gute, und diese bestand darin, dass sich die nächste Tankstelle unweit von
ihrem Standpunkt befand.
Mittlerweile
hatte das Nachtleben seinen Höhepunkt erreicht. Die Straßen waren voll von
Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Individuell, wie die
Menschen waren, genauso verschieden war auch ihre Bekleidung. Die einen waren
sehr elegant, die anderen wiederum schlicht gekleidet. Die Passanten kamen aus
den unterschiedlichsten sozialen Schichten, angefangen beim Banker bis zum
normalen Arbeiter.
Jeremy
und Anthony fielen in der Masse nicht besonders auf. Ihre Außenwirkung wurde
durch den Dreiteiler, den sie immer noch anhatten, positiv verstärkt. Keiner
der Vorbeigehenden wäre jemals auf den Gedanken gekommen, dass es sich um
einige der professionellsten Diebe handeln könnte, die die Stadt jemals
beherbergt hatte.
Zielstrebig
schritten sie nebeneinander die Straße entlang, immer darauf bedacht, keine
große Aufmerksamkeit zu erregen und nicht mit anderen Fußgängern in Kontakt zu
treten. Die Tankstelle, auf die sie zusteuerten, war nur einen Häuserblock
entfernt. Bei der Fahrt zum Hotel war sie Anthony sofort aufgefallen, und er
hatte sich für den Fall der Fälle ihren Standort gemerkt. Wie sich nun
herausstellte, erwies sich seine Aufmerksamkeit als sehr nützlich.
Waren
sie eben auf offener Straße vom restlichen Volk kaum sonderlich zu
unterscheiden gewesen, so erregte nun ihre Anwesenheit in der Tankstelle die
Aufmerksamkeit anderer Kunden. Es war weniger ihr Auftreten als vielmehr ihr geäußerter
Wunsch, der für die fragenden Gesichter der Umstehenden verantwortlich war.
„Chef,
ich grüße dich“, rief Anthony einem der Verkäufer zu und winkte ihm dabei
freundlich mit der Hand. Um die Situation zu entspannen, zwang dieser sich auch
zu einem Lächeln. „Können wir bei euch Sprit kaufen … in Kanistern?“ Die
Frage an sich wäre nichts Außergewöhnliches, denn schließlich befanden sie sich
gerade an einem Ort, an dem alle Menschen Sprit kauften; doch die Tatsache,
dass die beiden zu Fuß und ohne Fahrzeug gekommen waren, ließ den Tankwart sein
Gesicht zu einer fragenden Fratze verformen.
„Ehm,
verzeihen Sie mir mein Zögern, bloß werde ich nicht oft nach so etwas gefragt“,
antwortete der Mann und kam ein paar Schritte näher.
Anthony
betrachtete sich den Mann näher; er war älter und trug einen dichten Vollbart.
Letzterer zeigte bereits erste graue Stellen, die das fortgeschrittene Alter
des Mannes zusätzlich unter Beweis stellten. Seine rauen Hände waren mit einer
dunklen, schmierigen Masse beschmutzt, bei der es sich offensichtlich um
Motoröl oder eine motorölähnliche Substanz handelte. Mit einem roten Handtuch
versuchte er seine Hände vom Schmutz zu befreien, indem er es heftig zwischen
den Fingern hin und her rieb.
Dabei
kam der Mitarbeiter den beiden Männern immer näher, sodass Anthony bei der
weiteren Konversation seine Stimme nicht mehr erheben musste. Die Kunden, die
noch vor ein paar Sekunden aufgrund der unüblichen Frage neugierig aufgeblickt
hatten, wendeten sich nun wieder ihren eigenen Einkäufen zu. Die ereignislose
Unterhaltung zwischen dem Tankwart und den beiden Männern machte die Situation
für die anderen uninteressant, was sowohl Anthony als auch Jeremy sehr
entgegenkam.
„Wir
hatten eine Autopanne nicht weit von hier und hatten keine Lust, den Pannendienst
zu rufen. Fehlender Sprit im Tank ist etwas, worauf man als Mann nicht
besonders stolz sein kann“, versuchte Anthony das Gespräch fortzuführen und mit
einer geschickten Lüge aufkommende Fragen bezüglich ihrer
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