Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
aufgestapelten Krams holte Thomas zunächst
einen und direkt danach einen zweiten Kanister hervor. Die weißen Plastikgefäße
hatten einen starken Henkel, an dem sie bequem getragen werden konnten.
„In
jedes von diesen Dingern passen sicherlich um die zehn Liter“, sagte Thomas und
befreite mit seinem Tuch die Kanister von der Dreckschicht, die sich auf ihren
Oberflächen festgesetzt hatte.
Sie
mussten schon seit Jahren unbenutzt in der Ecke gelegen haben.
„Das
ist perfekt, Thomas. Genau danach haben wir gesucht“, entgegnete Anthony und
nahm die beiden Gefäße an sich.
„Das
Auffüllen überlasse ich euch, Jungs. Seid aber vorsichtig, eure Anzüge sehen
wirklich teuer aus. Es wäre zu schade, wenn sie Benzinspritzer abbekommen
würden.“
Anthony
reichte die Kanister seinem Freund und zog mehrere Geldscheine aus der
Sakkotasche heraus.
„Nur
eine kleine Aufmerksamkeit, Thomas. Die Mühe eines Helfenden muss stets belohnt
werden.“
„Nein,
nein. Steck das Geld bitte wieder weg. Ich helfe nicht um des Geldes willen,
sondern erfülle nur meine christliche Pflicht.“
Obwohl
sein Aussehen davon zeugte, dass er die kleine finanzielle Hilfe durchaus nötig
gehabt hätte, lehnte der alte Mann die Gabe ab. Eine interessante Verhaltensweise,
die sowohl Anthony als auch Jeremy fremd war. Selbstlose Hilfe eines anderen
Menschen hatten sie noch nie kennengelernt, geschweige denn selbst ausgeübt.
Das
Tanken, wenn man es überhaupt so nennen konnte, versetzte wiederum manche
Kunden und vorbeigehende Passanten in Staunen. Mit gezielten freundlichen
Blicken und charmantem Lächeln entspannte Jeremy die Situation und sorgte
dafür, dass keine weitere Aufregung bezüglich seines Tuns aufkam.
Zum
Glück waren zu diesem Zeitpunkt viele Tanksäulen unbesetzt. Nach dem
vollständigen Befüllen des ersten Kanisters stellte Jeremy zu seiner
Überraschung fest, dass der Hahn kein erneutes Fließen des Sprits ermöglichte.
Eine automatische Sperre verhinderte den erneuten Fluss nach dem ersten Freilassen
des Befüllungshebels.
Mit
dem zweiten Kanister unterm Arm schritt er zur benachbarten Zapfsäule und
tankte ihn bis zum Rand voll.
„Ich
bin fertig“ , gab Jeremy seinem Freund Bescheid –
von anderen Ohren unhörbar.
Anthony
war in der Zwischenzeit in der Tankstelle geblieben und hatte sich mit seiner
neuen Bekanntschaft Thomas unterhalten.
Nachdem
er erfahren hatte, dass Jeremy den nötigen Sprit besorgt hatte, beglich er die
Rechnung und wandte sich dem Ausgang zu.
Erst
jetzt erkannte er, dass sich eine Gruppe junger Männer von draußen dem Eingang
näherte. Sie trugen alle einen Motorradanzug und hielten einen Helm in der
Hand. Vier aufgemotzte Harleys standen neben der Zapfsäule mit der Nummer
sieben, säuberlich in einer Reihe geparkt.
„Pass
auf, wo du hingehst, Bursche! Mach lieber deine Augen auf, Businessboy“, sagte
einer der Männer aus der Gruppe und schaute Anthony mit einem gehässigen
Ausdruck in den Augen an.
Beim
Hinausgehen musste Anthony anscheinend den jungen Mann angerempelt haben.
Dessen war er sich jedoch nicht sicher, da er keine Berührung verspürt hatte.
Eine
furchtbare Welle von Aggression stieß aus Anthonys tiefstem Inneren empor.
„Geh
mir sofort aus dem Weg, Fremder! Sonst war dieser Schritt der letzte, den du in
deinem ehrlosen Leben getätigt hast“, zischte er den jungen Mann an. Seine
ohnehin dunkel-braunen Pupillen wirkten nun fast schwarz. „Noch bevor du den
nächsten Atemzug getätigt hast, werde ich dir alle Knochen brechen!“ Er warf
einen kurzen Seitenblick auf die übrigen Anwesenden. „Und verstecke dich bloß
nicht hinter deinen Freunden, sie werden dir ohnehin nicht helfen können.“
Der
junge Mann starrte Anthony nun voller Entsetzen in den Augen an und brachte
keinen vollen Satz mehr heraus, außer einem jämmerlichen Stottern: „Beruhige
dich … das … das habe ich doch nicht böse gemeint.“
Nun
sahen alle, wie sich auch Jeremy dem Disput hinzugesellte und die Diskussion
mit einem noch hasserfüllteren Blick beobachtete.
Ohne
den eigentlichen Grund zu kennen, hatte er in dem Moment, als der Streit seinen
Anfang nahm, die innere Anspannung seines Freundes verspürt und war ihm ohne
lange Überlegung zu Hilfe geeilt.
Zu
allem bereit, positionierte er sich hinter die übrigen Mitglieder der
Motorradgruppe, um jederzeit mit seinem Angriff beginnen zu können. Er wartete
lediglich auf ein Zeichen seines Freundes oder eine falsche Bewegung
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